Prozesszeitung #4

Antimilitarismus vor Gericht. Der mg-Prozess vor der Urteilsverkündung

Diese Zeitung erscheint anlässlich des Gerichtsprozesses gegen drei Berliner Antimilitaristen, denen vorgeworfen wird, im Juli 2007 in Brandenburg an der Havel versucht zu haben, Fahrzeuge der Bundeswehr in Brand zu stecken. Zudem sind sie angeklagt, Mitglieder einer kriminellen Vereinigung nach § 129, der sogenannten militanten gruppe (mg), zu sein. Zum jetzigen Zeitpunkt liegen 54 Prozesstage hinter den drei Berlinern und ein Ende der  Verhandlung wird absehbar. Zur Urteilsverkündung im Herbst rufen wir zu vielfältigen solidarischen Aktionen auf!

In dieser vierten Ausgabe geht es uns als Einstellungsbündnis schwerpunktmäßig um das Thema „Solidarität“. Warum Leute sich in Soligruppen engagieren, aus welchem Selbstverständnis sie dies tun, warum Solidarität so wichtig ist und auf welche Schwierigkeiten sie in derpraktischen Arbeit trifft, wird in mehreren Beiträgen zur Diskussion gestellt.

Die gesamte Zeitung vom September 2009 als pdf-Datei (950 KB).

Etwas bleibt immer hängen? DNA-Analysen im mg-Verfahren: Je genauer - desto unklarer

Am 24. Juni 2009 erschien Carsten Hohoff, Biochemiker vom Rechtsmedizinischen Institut der Universität Münster, als Gutachter vor Gericht in Moabit. Er kommentierte, was die Untersuchung von diversen Schriftstücken auf DNA-Spuren von acht Beschuldigten durch sein Institut ergeben hatte. An die 180.000 Euro ließen sich die Ermittlungsbehörden die DNA-Analysen kosten. Was als Resultat vor Gericht präsentiert wurde, war allerdings eher lachhaft.

Mühsam nährt sich das Eichhörnchen. Weitere §129(a)-Ermittlungen eingestellt

Im September 2006 eröffnete die Bundesanwaltschaft (BAW) gegen mich und drei Freunde ein §129a-Ermittlungsverfahren wegen angeblicher Mitgliedschaft in der militanten gruppe (mg). Der Anfangsverdacht speiste sich aus unserer Einbindung in linke Szenestrukturen und wurde mit angeblichen Textübereinstimmungen namentlicher Publikationen mit Erklärungen der mg begründet.

Aussageverweigerung: Solidarisches Verhalten und Selbstschutz. Der Weg einer Zeugin zur Beschuldigten ist kurz & unübersichtlich

Als das Bundeskriminalamt (BKA) am 31. Juli 2007 die Wohnung eines mg-Beschuldigten durchsuchte, fanden die BeamtInnen dort ein Prepaid-Mobiltelefon. Innerhalb weniger Tage dürften sie herausgefunden haben, von wem dieses Gerät gekauft wurde. Im Herbst 2007 erhielt die ermittelte »Besitzerin« eine Zeugenvorladung. Relevante Aussagen bekam das BKA damals nicht. Seit Herbst 2008 ist bekannt, dass gegen die Handy-Käuferin ein Ermittlungsverfahren wegen Unterstützung der kriminellen Vereinigung „militante gruppe“ eingeleitet wurde.

Alles, was uns fehlt, ist die Solidarität. Ein politisches Verhältnis zur Repression entwickeln

Solidaritätsarbeit verteidigt die Möglichkeit, zur eigenen linken oder linksradikalen Haltung zu stehen und den Kopf oben zu behalten! Denn die Repression ist das „Berufsrisiko“ von AktivistInnen.

Urteile im Stuttgarter DHKP-C-Prozess / Privatknast in Großbeeren

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat Anfang August drei türkische Linke zu Haftstrafen zwischen knapp drei und fünf Jahren verurteilt. /
Aufgrund von Überbelegungen der Justizvollzugsanstalten (JVA) plant der Berliner Senat seit den 1990er Jahren einen Knastneubau für ca. 650 männliche Gefangene für den geschlossenen Vollzug.

Für vielfältige Aktionen am Tag der Urteilsverkündung. Aufruf des Einstellungsbündnisses

Wir rufen für den Tag X, der Urteilsverkündung, zu einem bundesweiten dezentralen Aktionstag auf. Ziel dieses Aktionstages ist es, an diesem Tag auf vielfältige Weise sichtbare mediale Präsenz zu zeigen, mit dem wir unseren Widerspruch gegen das erwartete Urteil und unsere Gegenpositionen sichtbar und hörbar in die Öffentlichkeit tragen wollen.

Der lange Atem. Widerstand gegen die Remilitarisierung der BRD

Zunächst waren es vor allem Kriegswitwen, -waisen und -invaliden, die Protestbriefe schrieben und Versammlungen organisierten. Dieses Engagement mündete Ende 1950 in die sogenannte Ohne-uns-Bewegung. Neben der KPD, Teilen der SPD, den Gewerkschaften und der Frauenbewegung unterstützen die Kirchen die Bewegung gegen die Wiederbewaffnung. Auf einem Treffen regionaler antimilitaristischer Gruppen in Essen wurde im Januar 1951 eine Volksbefragung zu Remilitarisierung beschlossen und in der Folge ein Hauptausschuss zur Durchführung gebildet.

Von Solinutten und Reproduktionsarbeiterinnen. Interview mit einer Angehörigen über Unterstützungsarbeit

Solidarisch zu sein bedeutet für mich, einem anderen zu helfen, wenn er ein Problem hat, und nicht zu denken, dass er Hilfe braucht, weil er unfähig ist. Wenn ich mit einem Menschen zusammen bin, gebe ich etwas von mir, um seine Situation zu verbessern, und helfe, soweit ich kann. Dabei muss man manchmal über den eigenen Schatten springen.

Solidarität ist eine Waffe. Nutzen wir sie!

Dass dich alleine „einmachen“, lernt eigentlich schon jedes Kind. Dass vieles gemeinsam mehr Spaß macht und gebündelte Energie und Willen Berge versetzen auch. Obwohl fast alle das erfahren haben, laufen Menschen bei starkem Gegenwind meistens auseinander.

Solidarität – ein Hoch!

Was treibt uns an, solidarisch zu sein, also ins Handeln zu kommen? Unzufriedenheit, die Wut auf die herrschenden Verhältnisse, Ketten, die wir alltäglich spüren und derer wir uns entledigen wollen. Die Hoffnung auf ein besseres Miteinander, emanzipatorische Verhältnisse, ein kollektives Leben oder geteilte politische Überzeugungen.

Antimilitaristischer Ticker April-August 2009

Eine Dokumentation antimilitarisitischer Aktionen

Hinter französischen Gardinen. Soliarbeit für die inhaftierten Anti-NATO-AktivistInnen

Während des NATO-Gipfels Anfang April 2009 in Strasbourg wurden viele AktivistInnen festgenommen, einige davon, teils in Schnellverfahren ohne Beweisaufnahme, zu mehrmonatigen Haftstrafen verurteilt. Zwei Menschen sitzen immer noch in Untersuchungshaft. Die Konstruiertheit der Vorwürfe gegen die Inhaftierten legt nahe, dass es sich hier um politische Urteile handelte, mit denen an einigen zufällig herausgegriffenen Personen ein Exempel statuiert werden soll.

Bombodrom: Erfolgreicher Protest

Irgendwie war es dann doch überraschend. Umso größer war die Erleichterung und Freude, als Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) im Juli bekannt gab, alle Pläne für das Projekt Bombodrom seien „eingefroren“. 17 Jahre lang hatten AnwohnerInnen, FriedensaktivistInnen und AntimilitaristInnen gemeinsam gegen die militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide gekämpft.

Break out of control! Gegen staatliche Repression und Überwachung

Unter dem Motto „Freiheit statt Angst – Stoppt den Überwachungswahn!“ ruft ein breites Bündnis zu einer Demonstration am 12. September 2009 in Berlin auf. Mit einem antikapitalistischen Block beteiligen wir uns an der Demonstration. Wir wollen dabei insbesondere die Repression gegen linke AktivistInnen zum Thema machen.

Knast sind immer die anderen. Ausstellung in der ngbk

Ein zentrales Element der Ausstellung sind partizipatorische und ortsspezifische Auftragsarbeiten an Kristallisationspunkten des Berliner Strafvollzugs.

Interview mit "Mono für alle!"

"Mono für alle!", eine Electropunk-Band aus Gießen, war wiederholt mit Repression und Zensurforderungen konfrontiert. Der bayerische Verfassungsschutz verlangte beispielsweise die Löschung ihres Songtextes "Hallo Verfassungsschutz" von ihrer Homepage. Wegen ihres Liedes "Amoklauf" wurde gegen die Band zunächst ermittelt nach §130a - Anleitung zu Straftaten -, ein Paragraph, der von Ermittlungsbehörden auch schon gegen linke Strukturen wie die Zeitschrift "radikal" eingesetzt wurde. Ende 2007 stellten Medien einen Zusammenhang zwischen der Repression gegen "Mono für alle!" und den Verhaftungen von Andrej, Axel, Florian und Oliver wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in der "militanten gruppe" her. Es gibt tatsächlich zahlreiche Parallelen. Auch "Mono für alle!" wurde beispielsweise vorgeworfen, sich äußerst konspirativ zu verhalten.