Bombodrom: Erfolgreicher Protest
Irgendwie war es dann doch überraschend. Umso größer war die Erleichterung und Freude, als Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) im Juli bekannt gab, alle Pläne für das Projekt Bombodrom seien „eingefroren“. 17 Jahre lang hatten AnwohnerInnen, FriedensaktivistInnen und AntimilitaristInnen gemeinsam gegen die militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide gekämpft. Dieses 144 km² große Gelände wollte die Bundeswehr an 200 Tagen im Jahr für 1.700 Tiefflug-Einsätze und den Abwurf von Übungsbomben nutzen.
Zuletzt hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Ende März Urteile der Vorinstanz bestätigt und entschieden, dass auf dem Areal auch künftig keine Tiefflieger trainieren dürfen. Die Auswirkungen von Lärm und Emissionen auf die AnwohnerInnen seien „nur unzureichend geprüft worden“, hieß es. Jung lehnte es ab, dagegen in Revision zu gehen und gab die Heide frei. Man habe anerkennen müssen, dass „eine Realisierung von Wittstock für die Bundeswehr nicht mehr möglich ist“.
Vorerst. Denn was eingefroren ist, kann auch aufgetaut werden. So hatte das letzte Urteil des Oberverwaltungsgerichtes lediglich die Art und Weise gerügt, mit der die Bundeswehr das Gelände als Bombenabwurfplatz in Betrieb nehmen wollte. Der Bund ist aber nach wie vor Eigentümer des Geländes. Für die Bundeswehr wäre es also weiterhin möglich, zu einem späteren Zeitpunkt mit einem Planfeststellungs- und Bürgerbeteiligungsverfahren einen neuen Anlauf zu nehmen. Dann könnte es zu einem Szenario kommen wie beim Flughafen Berlin-Schönefeld: Protest und Widerstand werden durch ein langwieriges bürokratisches Anhörungsverfahren erstickt.
Das Ende des Bombodroms ist aber nicht nur durch juristische Auseinandersetzungen erreicht worden. Gerade die Zusammenarbeit und die internationale Vernetzung über den politischen Tellerrand und die Vielfalt des Protestes hat den Widerstand in der Heide so erfolgreich gemacht.
Den AntimilitaristInnen unter den Freie-Heide-AktivistInnen ist es daher wichtig, ihre Erfahrungen weiterzugeben und die Vernetzung voranzutreiben. Deshalb wird es auch in diesem Jahr noch ein Aktionscamp unter dem Motto „Jetzt erst recht: Der Bundeswehr beim Einpacken helfen“ geben.
Denn das Bombodrom stellt nur einen Baustein in einem weltweiten militärisch-industriell-kulturellen Komplex dar. Andere militärische Standorte wie die Colbitz-Letzlinger Heide, Büchel, Ramstein, Nordhorn und Siegenburg oder der zivile Großflughafen Halle/Leipzig, der als militärisches Drehkreuz dient, aber auch internationale Einrichtungen, etwa US-Militärbasen wie in Vicenza (Italien) gehören ebenso geschlossen. An all diesen Standorten gibt es organisierten Widerstand. Auch die militärische Abwehr von Flüchtlingen durch Frontex rund um Europa gehört dazu, ebenso wie die zunehmende militärische Durchdringung ziviler Einrichtungen und Bereiche wie z.B. Schulen und JobCenter. Sie alle gehören abgeschafft. Der Widerstand gegen das Bombodrom hat erfolgreich gezeigt, dass einiges möglich ist – vor allem, wenn sich die unterschiedlichen AktivistInnen verbünden.