Solidarität mit den Betroffenen der Durchsuchungen am 22. Mai 2013

Am 22. Mai 2013 fanden bundesweit 21 Hausdurchsuchungen statt. Die Bundesanwaltschaft ermittelte zu diesem Zeitpunkt nach eigenen Angaben wegen Mitgliedschaft in und Bildung einer kriminellen Vereinigung namens "RAZ" – einer angeblichen mg-Nachfolgeorganisation – gegen insgesamt neun Personen. Durchsucht wurden neben privaten Wohnräumen auch Arbeitsstellen und Vereinsräumlichkeiten. Betroffen waren unter anderem Objekte in Stuttgart, Berlin und Magdeburg.
Oliver, einer der drei 2009 verurteilten mg-Beschuldigten, wurde am gleichen Tag vom offenen in den geschlossenen Vollzug der JVA Berlin Tegel verlegt. Das Kammergericht entschied Ende Juni 2013, dass er nicht nach Zweidrittel der Haftzeit entlassen wird. Deshalb kam er erst im September 2014 raus. Wegen RAZ wird weiterhin gegen ihn und andere ermittelt.

Die Webseite der Soligruppe mit allen wichtigen Informationen:
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Presseerklärung der Berliner Betroffenen:

Am 22.05.2013 fanden in acht Wohnungen, einem Arbeitsplatz, einer Garage und einem Buchladen in Berlin Razzien statt. Zudem gab es Durchsuchungen in Magdeburg und Stuttgart.

In mehreren Fällen stürmten maskierte Spezialkräfte um 6 Uhr früh die Objekte, zerstörten Eingangstüren, fesselten die Betroffenen und durchsuchten die Räume mit Hilfe eines Sprengstoffspürhundes.

Im Zuge der Razzien in Berlin, durchgeführt von Beamten des BKA (Bundeskriminalamt) und LKA (Landeskriminalamt) und angeordnet vom Generalbundesanwalt, wurden u. a. Bücher, Speichermedien, PCs, Handys und Unterlagen beschlagnahmt. Im Anschluss wurden die Betroffenen einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen.

Im Zuge der Durchsuchungen wurde einer der Betroffenen, der sich im Zusammenhang mit einer früheren Verurteilung im offenen Vollzug befand, in die JVA Berlin Tegel und somit in den geschlossenen Vollzug verlegt.

Laut der Durchsuchungsbeschlüsse stehen die Razzien im Zusammenhang mit Ermittlungen in einem bundesweiten § 129 Verfahren (Bildung einer kriminellen Vereinigung), wonach hauptsächlich gegen die „Revolutionären Aktionszellen“ und die Zeitschrift „radikal“ ermittelt wird. Die Durchsuchungen vom 22.05.2013 reihen sich in die lange Kette staatlicher Repressionsmaßnahmen ein, die der Einschüchterung und Ausforschung linker Strukturen dienen. Dabei stellen die Schnüffelparagrafen 129, 129a, 129b StPO für die staatlichen Behörden ein willkommenes Werkzeug dar.

Als Betroffene der Razzien in Berlin möchten wir unterstreichen, dass wir uns von staatlicher Repression nicht einschüchtern lassen!

Gleichzeitig übermitteln wir hiermit solidarische Grüße an die GenossInnnen in Magdeburg, Stuttgart und natürlich in die JVA Berlin Tegel!

Linke Politik verteidigen!
Fünf Finger sind ne Faust!

Die Betroffenen des §129-Verfahrens in Berlin
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Die Rote Hilfe Stuttgart schreibt in einer Erklärung:

Am Mittwoch, den 22. Mai 2013 fanden bundesweit 21 Hausdurchsuchung im Zuge der Ermittlungen wegen Mitgliedschaft in und Bildung einer kriminellen Vereinigung (§129) statt. Durchsucht wurden neben privaten Wohnräumen auch Arbeitsstellen und Vereinsräumlichkeiten. Betroffen waren unter Anderem Objekte in Stuttgart, Berlin und Magdeburg.

Vorgeworfen wird den Betroffenen die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung nach Paragraf 129 StGB. Konkret sollen sie den „Revolutionären Aktions Zellen“ angehören bzw. diese unterstützt und bei der Herausgabe der Zeitschrift „radikal“ mitgewirkt haben. Diese Gruppe zeigte sich in den vergangenen Jahren für einige Brandanschläge in Berlin sowie die Verschickung von Patronen verantwortlich.

Die Durchsuchungen reihen sich in zahlreiche Kriminalisierungsversuche der vergangenen Jahre ein. Insbesondere die sogenannten „Schnüffelparagraphen“ 129 kommen hierbei verstärkt zum Einsatz. So beispielsweise gegen AntifaschistInnen in Dresden und verstärkt gegen diverse migrantische Organisationen.

Etwa 300 PolizeibeamtInnen durchsuchten heute bundesweit Räume, beschlagnahmten Computer, Speichermedien, Mobiltelefone, Broschüren etc. und führten bei einem Teil der Beschuldigten Erkennungsdienstliche Behandlungen durch. Grundlage dieser Durchsuchungen sind äußerst dürftige nachrichtendienstliche Erkenntnisse von Verfassungsschutzämtern und Polizeibehörden. Diese Ermittlungen stehen im krassen Gegensatz zu dem Vorgehen gegen den Nationalsozialistischen Untergrund NSU, der über Jahrzehnte hinweg ungestört morden konnte, obwohl den staatlichen Behörden durch Spitzel eine Flut von Erkenntnissen vorlag und deren Infrastruktur größtenteils von diesen mit aufgebaut wurde. Dieser aktuelle Kriminalisierungsversuch macht wieder einmal aufs neue den Verfolgungswillen gegen links deutlich und soll offensichtlich dazu dienen linke Aktivistinnen und Aktivisten einzuschüchtern.

Das ist für uns nicht hinnehmbar. Unsere Antwort auf diesen Repressionsschlag kann daher nur die Solidarität mit den Betroffenen sein. Das Engagement für eine fortschrittliche Gesellschaft war, ist und bleibt legitim!

Wenn ihr diese Erklärung unterstützen möchtet, schreibt eine Mail an stuttgart@rote-hilfe.de und achtet auf aktuelle Ankündigungen!

Rote Hilfe Stuttgart | 22. Mai 2013
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Dokumentation von der Seite
"www.generalbundesanwalt.de/de/showpress.php?newsid=475":

Presseerklärung des Generalbundesanwalts vom 22.05.2013 - 13/2013

Durchsuchungen in mehreren deutschen Städten wegen des Verdachts der Bildung einer linksextremistisch motivierten kriminellen Vereinigung

In einem Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft wegen des Verdachts der Bildung einer linksextremistisch motivierten kriminellen Vereinigung und anderer Straftaten werden aufgrund von Beschlüssen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 15. Mai 2013 seit heute Morgen (22. Mai 2013) insgesamt 21 Wohnungen und weitere Räumlichkeiten in Berlin, Magdeburg und Stuttgart durchsucht, darunter die Wohnungen von neun Beschuldigten. Unter der Leitung von Vertretern der Bundesanwaltschaft sind an dem Einsatz insgesamt etwa 300 Polizeibeamte des Bundeskriminalamtes sowie der Länder Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg beteiligt.

Die Beschuldigten sind verdächtig, Mitglieder einer Nachfolgeorganisation der linksextremistischen Vereinigung „militante gruppe (mg)“ zu sein. Die Gruppierung soll seit Dezember 2009 unter der Bezeichnung „Revolutionäre Aktionszellen (RAZ)“ mehrere Brand- und Sprengstoffanschläge in Berlin verübt haben, nämlich auf das Amtsgericht Wedding, ein Job-Center der Agentur für Arbeit in Berlin-Wedding, das Haus der Wirtschaft, das Amt für Stadtentwicklung sowie das Bundeshaus in Berlin-Charlottenburg. Zudem hat sich die Vereinigung „RAZ“ zu dem Versand von Pistolenpatronen an den Bundesminister des Inneren, den Ständigen Vertreter des Generalbundesanwalts und einen Wissenschaftler im März 2011 bekannt. In dem Selbstbezichtigungsschreiben kündigten die „RAZ“ an, die Patronen zukünftig „per Express“ zu versenden. Bislang sind durch die Anschläge keine Menschen zu Schaden gekommen.

Aufgrund der bisherigen Ermittlungen besteht der Verdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung sowie des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion und der Brandstiftung in mehreren Fällen (§§ 129, 306, 308 StGB). Die Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft für die Strafverfolgung folgt aus dem staatsschutzrechtlichen Hintergrund und der besonderen Bedeutung des Falles (§ 120 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 74a Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, § 142a Abs. 1 Satz 1 GVG).

Ziel der heutigen Durchsuchungsmaßnahmen ist es, Beweismittel zur Struktur der „RAZ“ sowie zu den Straftaten zu gewinnen, zu denen sich die Vereinigung bekannt hat.

Mit den kriminalpolizeilichen Ermittlungen hat die Bundesanwaltschaft das Bundeskriminalamt beauftragt. Weitergehende Auskünfte können mit Blick auf die laufenden Ermittlungen derzeit nicht erteilt werden.
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Hintergrund: Wer sind überhaupt die RAZ und die RL? Und warum wird deswegen ermittelt?
http://www.neues-deutschland.de/artikel/827483.fuer-unsere-klassenintere...
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Jetzt wieder aktuell:
Das Bündnis für die Einstellung der §129(a)-Verfahren hat im April 2011 einen ausführlichen Nachbereitungstext über drei Jahre Solidaritätsarbeit zu den Verfahren und dem Prozess wegen Mitgliedschaft in der militanten gruppe (mg) veröffentlicht. Das Büchlein erschien bei edition assemblage, ist über den Buchhandel zu beziehen und auch online erhältlich: » mehr

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