Bericht vom 42. Prozesstag (20.05.2009)

Erklärungen der Verteidigung
Der heutige 42. Prozesstag begann pünktlich und gleich mit einer Erklärung des RA Lindemann, der einer Verwertung der gesamten Zeugenaussagen des Zeugen KHK Nolte, BKA Meckenheim, widersprach.
RA Hoffmann gab im Anschluss eine ähnliche Erklärung zu den Zeugenaussagen des Zeugen Nolte vom 30.04.09 und 14.05.09 ab. Auch er widersprach einer Verwertung aller Aussagen, die nicht aus eigener Wahrnehmung des Zeugen stammten. Er begründete dies mit folgenden Feststellungen:
Nolte konnte bei seiner Vernehmung nicht ausschließen, dass Teile des, bei einem Angeklagten gefundenen, "Minihandbuchs", in einer Altpapierkiste zurückgeblieben seien. Damit sei nicht ausgeschlossen, dass es weitere Teile des Handbuchs gegeben habe, die nicht von den Polizeibeamten beschlagnahmt wurden.
Wegen der vermeintlichen Unvollständigkeit des "Minihandbuchs" sei es nur als Entwurf gewertet worden. Das Layout und der Text legen allerdings eine fertige Version nahe, die möglicherweise auch schon veröffentlicht worden sein könnte.
Weiterhin erklärt Hoffmann, dass sich Nolte an der Verschleierung der Tatsache beteiligt habe, dass das BKA (er selbst und KHK Kröger) an der Militanzdebatte (interim) mit zwei Textbeiträgen (interim Nr. 611, interim Nr. 639) mitgewirkt habe. Deutlich würde dies an einem von Nolte selbst angefertigten Vermerk, indem es um Fantasienamen von Gruppen geht, die an der Militanzdebatte beteiligt waren; unter diesen Gruppen benannte er auch "Die zwei aus der Muppetshow". Besondere Bedeutung gewinnt dies laut Hoffmann, da der Zeuge nicht ausschließen konnte, dass die vom BKA verfassten Texte in eine Datenbank Eingang als Vergleichsmaterial authentischer Textbeiträge linker Gruppen gefunden haben. Eine verlässliche Textanalyse der vermeintlichen mg-Texte sei so nicht möglich.
Des weiteren könne Nolte nicht beweisen, dass die mg aus mindestens zwei getrennt voneinander agierende Verfasserkreisen bestünden, wie das BKA behauptete. Überhaupt hätte Nolte angegeben, es wäre eher keine Autorenidentität für die verschiedenen Beiträge der militanten gruppen festzustellen.
In Bezug auf den Fund eines Schreibens (Text: Uniprojekt), gefunden bei der Hausdurchsuchung einer Person gegen die ermittelt wurde, gab Nolte an, das BKA hätte Kenntnis vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), dass dies ein Text der mg sei und habe diese Annahme weitestgehend ungeprüft übernommen. Die vom BKA daraufhin angenommene Doppelmitgliedschaft dieser Person habe Nolte in seinen Ausführungen nicht beweisen können, so die Erklärung des RA Hoffmanns.
Er erklärte weiterhin, der Zeuge habe nicht festmachen können, ob zu einem Zeitpunkt mehr als zwei Personen Mitglieder der militanten gruppen waren.

Vernehmung des Muppet Nummer 2, KHK Kröger:
in den Zeugenstand gerufen wurde anschließend KHK Martin Kröger, 42, BKA Meckenheim, der seit 2001 an den Ermittlungen beteiligt ist. Er wurde zur Entstehung der beiden BKA-Texte, die klandestin zur Militanzdebatte in der interim beitrugen, befragt. Die Texte seien Teil einer Fahndungsmaßnahme gewesen (Homepageüberwachung) und in Bezug auf den ersten Text sei er sowohl an der Idee, als auch an der Entstehung der Texte beteiligt gewesen. Er und sein Kollege Nolte haben den Text in ihrem Referat, mit ihrem Vorgesetzten Winzeck abgestimmt.
Zum zweiten Text äußerte sich Kröger dahingehend, dass dieser ebenso wie Text 1 auch die Motivation der Homepageüberwachung gehabt habe, obwohl die Homepage des BKA darin unerwähnt blieb. Auch die Struktur der mg sollte mit diesem zweiten Text festgestellt werden, so Kröger.
Die Benennung der Autorenschaft sei während der Fahndung, die übrigens negativ verlief, nicht geplant gewesen. Zu einer möglichen Bekanntgabe der Autorenschaft zu einem späteren Zeitpunkt, antwortete Kröger nicht. Dazu, dass das LKA den Text als autorenidentisch eingestuft hatte, wusste der Zeuge nichts zu sagen.
Die Verteidigung hielt Kröger später vor, der Kollege Damm habe am 34. Prozesstag dazu ausgesagt, "die Verteidigung hätte eine Aktenversion, die nicht für sie bestimmt war...". Bundesanwalt Weingarten intervenierte in diesem Moment und erklärte das Vorgehen der Verteidigung als "intellektuell unredlich". Kröger sagt dazu lediglich, das BKA habe sich dazu nicht genug Gedanken gemacht und räumte ein Versäumnis ein. Es habe laut Kröger kein bewusstes Abschneiden des Gerichts von der Information der tatsächlichen Autorenschaft der Texte gegeben.

Textvergleiche/Autorenidentität:
In einem nächsten Themenkomplex ging es in der Vernehmung um die Autorenidentität verschiedener Selbstbezichtigungsschreiben (SBS) verschiedener Gruppen. Es gab Differenzen hinsichtlich der festgestellten Autorenidentität zwischen dem BfV und dem BKA, also welche Schreiben der mg zugerechnet werden und welche nicht. Die kriminaltechnischen Gutachten des BKA ergaben, bis auf bei zwei Schreiben, keine Autorenidentität der SBS. Die Analyse des BfV  hingegen spricht für eine Autorenidentität der Schreiben. Der Zeuge erklärte dies mit den verschiedenen Ausrichtungen der Analysen. Die linguistischen Gutachten des BKA würde eher die Identität einzelner Personen ins Auge fassen, wohingegen das BfV eher politische und ideologische Perspektiven im Blick hätte, bei seinen Analysen. Bei einem Gespräch mit dem BfV, an dem ein Beamter des BfV, Ochsenbrücher (event. Arbeitsname, nicht Klarname) teilnahm, konnten diese Diskrepanzen jedoch geklärt werden. Dem Zeugen erschienen die genannten Diskrepanzen nicht besonders widersprüchlich.

Die Verteidigung fragte bezüglich der Autorenidentität bei einigen Texten genauer nach. So ging es beispielsweise um den Grad der Übereinstimmung zwischen dem Text "Selbstportrait einer militanten Gruppe - Anfangen, aber nicht um jeden Preis", (interim Nr. 388 von 1996) und dem Text "Zu Birgit Hogefeld" (interim Nr. 411 von 1997). Kröger konnte sich nicht an den Grad der Übereinstimmung erinnern. Zudem fragte die Verteidigung nochmals genau nach den Unterschieden in den Textanalysen von BfV und dem BKA. Der Zeuge räumte ein, dass es beim BfV nicht nur um eine ideologische Ausrichtung ginge, sondern auch um Wörter und die Sprache, die verwendet wurden. Die Verteidigung befragte den Zeugen, ob er sein eigenes linguistisches Gutachten korrigieren musste, da nach diesem ja keine Autorenidentität vorliegen würde. Der Zeuge verneinte dies, da es ja unterschiedliche Schreiber innerhalb der mg geben würde und das BKA-Gutachten die Autorenidentität im Sinne von "einer Person" untersucht hätte. Der Zeuge schätzt den Sachverhalt, konform mit dem BfV, inzwischen so ein, dass es eine Übereinstimmung des Gruppenzusammenhangs gibt, der die Texte verfasst hat. Die Frage, ob es Fakten geben würde, die belegen, dass alle untersuchten Texte von einer Gruppe stammten musste der Zeuge negativ beantworten. Es gebe keine belastenden Faktoren diesbezüglich.

Kröger wisse nicht, ob der Kollege Ochsenbrücher (BfV) eine Ausbildung auf dem Gebiet der Textanalyse habe. Der Zeuge räumte weiterhin ein, dass weder er selbst, noch sein Kollege Nolte eine wissenschaftliche Ausbildung auf dem Gebiet der Textanalyse oder Linguistik habe. Seine Erkenntnisse bezüglich der Autorenidentität der Texte stammen über Dritte und fußen auf seiner bisherigen beruflichen Erfahrung. Er habe die linguistischen Gutachten lediglich zusammengefasst. Auf Nachfrage der Verteidigung räumte der Zeuge ein, dass dies jeder machen könne, der intellektuell dazu in der Lage sei.

Gruppenstruktur der mg:
Weiterhin wurde der Zeuge zu seinem Wissen bezüglich der Mitgliedschaft der mg befragt. Zur genauen Anzahl der Personen konnte er keine Aussage machen. Er gehe aber von einer Mehrzahl von Personen aus, da die Texte im Plural geschrieben seien. Auch gehe er von einer Arbeitsteilung der Mitglieder aus. Die mg habe seines Wissens schon vor 2001 agiert. Dies gehe aus einem Text aus der interim 539 (vor 2001) hervor, der vom BKA der mg zugerechnet wird. Die Gruppe sei nach seiner Vermutung eher eine reine Männergruppe. Die personelle Besetzung der mg würde vermutlich wechseln, aber ihre Struktur sei konstant, so Kröger. Die Personen verfügen wahrscheinlich über einen hohen Bildungsstand, geschichtliches Wissen und über Kenntnisse des wissenschaftlichen Arbeitens. Über die Kommunikation zwischen den Mitgliedern kann der Zeuge nichts aussagen. Das BKA vermutet einen Zusammenhang der Gruppe über spezifische Themen wie z.B. Antikapitalismus.

Die Verteidigung befragte den Zeugen zu der vom BKA vermuteten Entstehungszeit der mg (ca. 1996 laut BKA) und ob es sein könne, dass Personen nicht auch außerhalb der mg militante Erfahrungen gesammelt haben könnten. Der Zeuge gab an, er wisse nichts über die 80er Jahre, sagt aber aus, es gebe eine Textpassage in der stehen würde "...wir als mg haben militante Erfahrungen..." Der Zeuge konnte zum genauen Fundort des Zitats allerdings keine Angaben machen. Die Verteidigung hat über diese Textpassage keine Kenntnis.
Die Nachfrage der Verteidigung, ob es bereits vor 2001 eine Arbeitsteilung innerhalb der mg gegeben habe, konnte der Zeuge nicht antworten.

Militante Antiimperialistische Gruppe - Aktionszelle Pierre Ouverney:
Weiterhin wurde Kröger von dem Vorsitzenden Hoch zu einer Presseerklärung der Aktionszelle Pierre Ouverney befragt, die das BKA als teilidentisch mit der mg vermutet. Der Zeuge sagte aus, das BKA vermute dahinter die Motivation der mg durch die Presseerklärung eine Pressearbeit in Gang zu setzen. Weiterhin spräche für eine teilweise Personenidentität, dass die mg und die Aktionszelle Pierre Ouverney das gleiche Internetcafé benutzten, um einen angeblich konspirativ genutzten e-mail-Account einzurichten. Auch hätten beide Gruppen die gleichen Ziele und die gleiche politische Ausrichtung, laut Kröger. Er begründete diese Vermutung damit, dass die mg andere Entwürfe für militante Arbeit als andere politische Gruppen habe, dass sie darüber aber, nach Ansicht des BKA, die gleiche Auffassung wie die Aktionszelle Pierre Ouverney habe.

Die Verteidigung befragte den Zeugen detaillierter zu dem Internetcafé, in dem beide Gruppen ihren e-mail-Account eingerichtet hatten, laut BKA. Der Zeug sagte aus, dass die Verschickung von mails von jeweils einem anderen Internetcafé vorgenommen wurde. Was es z.B. in dem von beiden Gruppen genutzten Internetcafé für Bedingungen gab, ob z.B. Videokameras vorhanden waren, oder ob es eher unübersichtlich gewesen sei, wusste der Zeuge nicht. Von den ermittelten Beamten wurde nur die drei genannten Cafés gesichtet. Abweichungen der Bedingungen zu anderen Cafés sind dem BKA demnach nicht bekannt. In der Vernehmung ging es zudem um eine (geplante) live-Überwachung des Internetcafés durch das BKA, die dann doch nicht durchgeführt wurde, laut Kröger. Dieses Thema wurde in der heutigen Vernehmung nicht näher geklärt.

Des weiteren befragte die Verteidigung den Zeugen noch zu anderen vom BKA vermuteten Übereinstimmungen zwischen der mg und der Aktionszelle Pierre Ouverney. Der Zeuge benannte daraufhin ein Niederlassung von Renault in Reinickendorf, die sowohl 2001 von der Gruppe Pierre Ouverney und 2006 von der mg das Anschlagsziel darstellt haben soll. Auf die Frage wie das die Personenidentität der Gruppen beweisen würde, antwortete der Zeuge, die mg habe in der Vergangenheit schon einmal zweimal das gleiche Ziel angegriffen, das sei der Beweis. Zudem würde es viele Niederlassungen von Autokonzernen in Berlin geben, so dass es komisch wäre, dass es ausgerechnet wieder diese Niederlassung getroffen hätte. Die Frage, ob es in den Texten der mg  Bezugnahmen auf alte Anschläge gegeben hätte, konnte der Zeuge nicht genau beantworten. Auch ob es andere Anschläge auf andere Renault-Niederlassungen in Berlin gegeben hätte, konnte der nicht beantworten.

Die Verteidigung hielt dem Zeugen den 2003 erschienenen Focus-Artikel vor, gegen den die damals Beschuldigten (mg1) juristisch vorgingen. In dem Artikel ging es um ihre Mitgliedschaft in der mg. Die Gruppe Pierre Ouverney kritisierte das damalige juristische Vorgehen der Beschuldigten gegen den Focus-Artikel scharf. Woraufhin das BKA bereits 2004 vermerkte, dass dies ein Ausschlussgrund für ihre angebliche mg-Mitgliedschaft sei. Die Kritik der Gruppe Pierre Ouverney war dafür der Hintergrund. Da das BKA eine Personenüberschneidung beider Gruppen annahm, war somit weder die Mitgliedschaft der damals Verdächtigen in der Gruppe Pierre Ouverney und damit auch nicht die Mitgliedschaft in der mg zu vermuten. Der Zeuge äußerte sich zu diesem Sachverhalt sehr verhalten.

Das Verhältnis von der mg zur radikal:
Hoch las ein SBS der mg (Anschlag auf Bundeswehrfahrzeuge in Petershagen 2003, interim Nr. 567) vor, indem es um die wenige Aufmerksamkeit der mg in den Medien geht und darum, dass ein eigenes Medium geschaffen werden müsse. Der Zeuge sagte dazu aus, dass das BKA als Medium der mg die Zeitschrift radikal vermuten würde. Auf Nachfrage Hochs, ob es auch weitere Verbindungen von der mg zur radikal gebe, sagte Kröger, dass es in einem vermeintlichen Text der mg, um den Aufbau der radikal gegangen sei. Das BKA erhielt vom BfV Kenntnis über die vermeintliche mg-Autorenschaft des Textes. Diese Text ist der oben bereits erwähnte Uniprojekt-Text, der im Zuge eine Hausdurchsuchung (2005) bei einem Verdächtigen gefunden wurde. Zu der Vermutung des BKAs bezüglich einer Doppelmitgliedschaft dieses Verdächtigen bei der mg und der radikal kann der Zeuge nichts aussagen. Hoch verliest daraufhin einen Aktenvermerk des BKAes, aus dem hervorgeht, dass ein Einfluss der mg auf die radikal nicht bewiesen werden kann. Im weiteren Verlauf musste der Zeuge auch einräumen, dass in der interim viel mehr Texte der mg veröffentlicht wurden als in der radikal. Er begründete dies mit dem seltenen Erscheinen der radikal.

Auf Nachfrage der Verteidigung, was aus Sicht des BKAs dafür spreche, dass der Uniprojekt-Text der mg zuzurechnen sei, kann der Zeuge nicht antworten. Auch zu der Vorhaltung der Verteidigung, dass die mg in dem entsprechenden Text keine Erwähnung fand und wie das BKA trotzdem auf die Vermutung kam, es sei ein Papier der mg, wusste der Zeuge nichts zu sagen, außer, dass sich das BKA der Mitteilung des BfV angeschlossen habe, dass es sich dabei um ein Papier der mg handeln würde. Eine eigene Untersuchung bezüglich der Autorenschaft habe es beim BKA nicht gegeben. Bundesanwalt Weingarten sprang dem Zeugen an dieser Stelle helfend zur Seite. Laut Weingarten tue es nichts zur Sache, dass sich der Zeuge an derlei Details im Moment nicht erinnern könne. Die Verteidigung hielt dagegen, dass dieser Sachverhalt für ein eventuell späteres, von der Verteidigung angeregtes Sachverständigengutachten, sehr wohl relevant sei.
Zu diesem Thema wollte die Verteidigung auch wissen, warum Kröger wegen der Hausdurchsuchung des damals Verdächtigen nach Berlin gefahren sei und ob wegen einer radikal-Mitarbeit ermittelt worden war. Der Zeuge gibt an, dass zu diesem Zeitpunkt keine Ermittlungen gegen den Beschuldigten wegen einer radikal Mitarbeit gegeben habe. Er fuhr lediglich nach Berlin um zu recherchieren ob es Zusammenhänge zwischen radikal und mg geben würde. Der Fund des Schriftstücks "Uniprojekt" habe einfach dazu gepasst.
Eng damit zusammen hängt auch die im Jahr 2005 darauf folgende Vernehmung der Freundin des Verdächtigen. Der Freundin wurde während ihrer Vernehmung eine Lichtbildmappe mit 24 Personen gezeigt. Die Mappe enthielt Bilder von Personen, die der Mitarbeit bei der radikal verdächtigt wurden und darüber hinaus Bilder von Personen, die damals wegen einer mg-Mitgliedschaft verdächtigt wurden. Es ging dem BKA darum festzustellen, was sich hinter den "ominösen" Personen verbirgt, so Kröger. Die Personenzusammenstellung hätte allerdings sein Kollege Nolte vorgenommen und er könne nur wenig dazu sagen.
Deutlich wurde in der Vernehmung, dass das BKA das Ziel verfolgte mögliche Personen ausfindig zu machen, mit denen der Verdächtige nach der Vernehmung seiner Freundin in Kontakt trat. Obwohl gegen ihn zu diesem Zeitpunkt nicht wegen einer mg-Mitgliedschaft ermittelt wurde, wahrscheinlich nicht mal wegen einer radikal-Mitarbeit, gab es im Anschluss an die Vernehmung seiner Freundin umfangreiche Überwachungsmaßnahmen gegen ihn durch das BKA. Diese ergaben ein Treffen des Angeklagten mit dem aktuell Beschuldigten H.. Das Treffen brachte allerdings zunächst kein Ergebnis und wurde laut Zeuge "erst im Laufe der Zeit angereichert". Mit Anreicherung meinte der Zeuge die darauf folgenden Internetrecherchen. Auf diese Weise ergaben sich von H. aus Verdachtsmomente gegen drei weitere Personen, laut Kröger. Durch Textvergleiche zwischen von diesen Personen verfassten Artikeln und mg-Schreiben erhärtete sich nach Meinung des BKA die Verdachtsmomente.
In diesem Zusammenhang fragte die Verteidigung auch nach, warum denn gegen H. wegen einer mg-Mitgliedschaft ermittelt wurde und nicht wegen einer radikal-Mitarbeit, was die Verbindung zu dem Verdächtigen eigentlich nahe gelegt hätte. Der Zeuge antwortete, der BAW habe es zu dem Zeitpunkt ausgereicht, um wegen einer mg-Mitgliedschaft zu ermitteln. Die Ermittlungen seien aber durch das BKA , aufgrund der damaligen Aktenlage, angeregt worden. Die Verteidigung hält dagegen, dass in den Akten zu diesem Zeitpunkt aber nichts stichhaltiges gefunden werden konnte.

Neben dem Text wurde bei der Hausdurchsuchung der verdächtigen Person noch eine Diskette von Beamten des BKA sichergestellt, die jedoch nicht mehr aufgefunden werden kann und bis heute als verloren gilt.

Antonio - "Der runde Tisch der Militanten":
In einer Sonderausgabe der Zeitschrift interim (Nr. 498/2000) wurde ein "Interview mit verschiedenen Personen aus unterschiedlichen Gruppierungen über militante Politik abgedruckt. Laut BKA ist die darin vorkommende Person "Antonio" Mitglied der mg. An Einzelheiten konnte sich der Zeuge nicht erinnern. Nur, dass "Antonio" im Interview erzählte, er habe schon früher mit Brandsätzen zu tun gehabt und er habe außerdem Mumia Abu-Jamal erwähnt. Das Interview liefere allerdings nur Indizien, keine Beweise oder Fakten, sagte Kröger.
Weiterhin sagte er aus, dass BfV habe dem BKA 2002 schriftlich mitgeteilt, um wen es sich bei "Antonio" handle. In diesem Rahmen erwähnte der Zeuge Kröger auch ein Gespräch zwischen dem BKA und dem BfV. Hoch fragte daraufhin wie das BKA, außer über die Mitteilung vom BfV, noch auf die Vermutung käme, ein Beschuldigter aus dem mg Verfahren aus 2001 (mg1) wäre "Antonio". Der Zeuge antwortete, bei der Hausdurchsuchung (1999, im Zuge des sog. "Hakenkrallenverfahren) hätten die Beamten ein "rz"-Plakat ("revolutionäre Zellen") in der Wohnung hängen sehen, außerdem sei es eine Wohngemeinschaft gewesen und außerdem hätten sich Fakten vom "Runden Tisch" später in Texten der Antiimperialistische Gruppe - Aktionszelle Pierre Ouverney gefunden. Auf Nachfrage Hochs um welche Fakten es sich handeln würde antwortete der Zeuge, dass es sich um Begriffe handeln würde wie "Internationalismus" und "soziale Revolution", die in beiden Texten vorkommen würden. Hoch merkte an, dass es sich dabei um doch recht abstrakte Begrifflichkeiten handeln würde. Genaue Details konnte der Zeuge nicht benennen.

Als die Verteidigung nochmals näher nachfragte, wie das BfV auf die Teilnahme Antonios gekommen sei, sagte der Zeuge, das das BKA keine Möglichkeit habe diese Aussage zu überprüfen.  Weiter ging es mit der Frage wie das BKA darauf komme Antonio sei mg-Mitglied und hielt dem Zeugen vor, ein weitere Beschuldigter aus dem mg1 Verfahren hätte sich auf das Thema Mumia Abu-Jamal als "langweilig" bezogen im Gegensatz zu Antonio. Für den Zeugen widersprach sich diese gegensätzliche Ausrichtung nicht und er erklärte, dieses Thema sei nur ein Kriterium unter vielen.

Zudem ging es um einen, bei der oben erwähnten Hausdurchsuchung in der WG, gefundenen Text, einer Bauanleitung für Brandsätze. Dieser Text wurde vom BKA der mg zugerechnet. Aufgrund dieses Textes und drei Anschlägen (in Friedrichshain auf Fahrzeug des BGS (09.06.99); versuchter Anschlag auf die Info-Box am Potsdamer Platz (18.05.99); versuchter Anschlag auf das Luftwaffenmuseum in Berlin-Gatow (08.05.99)) regte der Zeuge Kröger Ermittlungen wegen Mitgliedschaft in der mg gegen die Beschuldigten aus der WG an. Es ergab sich jedoch eine Neubewertung dieser Anschuldigung, weil Abweichungen in der Bauanleitung für Brandsätze deutlich wurden. Diese Neubewertung ging laut Kröger auf die Einschätzung des BfV zurück. Zudem nahm das BfV an, der gefundene Text sei lediglich von anderen Personen an die WG geliefert worden und nicht selbst von Bewohnern der WG verfasst worden. Er sei dort lediglich mit Abbildungen vervollständigt, nicht aber inhaltlich bearbeitet worden. Demnach schloss
 sich für die Ermittlungsorgane eine Mitgliedschaft der WG-Bewohner in der mg aus. Die Verteidigung wollte wissen, ob nach dieser Neubewertung Ermittlungen wegen Mitarbeit bei der radikal angestrengt wurden. Der Zeuge gab an, dies nicht zu wissen.

"Minihandbuch" für Militante und der "mg-Express":
Nach der Mittagspause präsentierte der Vorsitzende Hoch das bei der Hausdurchsuchung am 31.07.07 bei einem der Angeklagten gefundene Minihandbuch, welches sich laut BKA erst im Entwurfsstadium befunden hätte.
Weiterhin wurde der Zeuge zum mg-Express als eigenes Medium der mg befragt. Nach Einschätzung des Zeugen war der mg-Express kein Medium im eigentlichen Sinne. Der mg-Express habe lediglich in zwei Berliner Buchläden zum Mitnehmen ausgelegen. Über weitere Verteilerstrukturen an Haushalte habe der Zeuge keine Kenntnis. Der Zeuge konnte auch nicht ausschließen, dass es an anderen Orten z.B. Infoläden zwischendurch Veröffentlichungen der mg gegeben haben könnte, von denen das BKA aber keine Kenntnis erhalten hatte. Auf die Frage der Verteidigung, ob es nicht auch möglich wäre, dass das Minihandbuch in der Vergangenheit schon irgendwo ausgelegen hätte, antwortete der Zeuge Kröger, dass er dies nicht ausschließen könne. Weiterhin sagt der Zeuge aus, es gäbe von Seiten des BKA nur Interesse an den ausgelegten Texten an sich, nicht aber um deren Verbreitungsstruktur. Das BKA erhalte Meldungen von den unterschiedlichen LKAs wenn Schriften auftauchen würden. Zu der Frage, ob vom BKA ermittelt wurde, ob das Minihandbuch nicht schon irgendwann aufgetaucht sei antwortete der Zeuge nur, dass er damit nicht befasst gewesen sei.

Textvergleiche durch "Copy Catcher":
Hoch bat den Zeugen das PC-Programm "Copy Catcher" (oder "Copy Catch Investigator BKA") zu erklären, welches das BKA für die Textanalyse verwendete. Der Zeuge berichtete, das Programm würde Texte auf Übereinstimmungen von Zitaten, Textpassagen, oder Wörtern hin untersuchen. Der Zeuge gab an, bei einem der jetzt Angeklagten wäre bei der Hausdurchsuchung am 31.07.07 ein Exemplar der radikal (Nr. 147) sichergestellt worden, in dem handschriftliche Notizen und Anstreichungen in dem Text "Interview mit einer revolutionären Zelle" gefunden worden waren. Aus diesem Interview wurde laut Analyse des BKA im späteren Text "Selbstportrait einer militanten Gruppe" (interim Nr. 388), den der VS der mg zurechnet, zitiert. Allerdings wurden keine DNA oder Fingerabdrücke auf diesem radikal-Exemplar sichergestellt. Die handschriftlichen Notizen konnten dem Angeklagten zugeordnet werden, so der Zeuge Kröger.
Auf Nachfrage der Verteidigung musste der Zeuge jedoch einräumen, dass keine Datierung der Anstreichungen im Text in der radikal festgelegt werden konnte. Die Verteidigung hakte nach, ob es möglich wäre, dass noch jemand (der Angeklagte) außer dem BKA eine Analyse des Textes vorgenommen haben könnte. Bevor der Zeuge antworten kann interveniert Bundesanwalt Weingarten und sagt, die Frage sei doch schon beantwortet. Der Vorsitzende lässt die Frage trotzdem zu. Der Zeuge antwortet, er könne das nicht ausschließen.

Nächster Termin: am 09.06.09 um 9:00 Uhr, erstmalig im Raum B129, Zugang über den Eingang Wilsnackerstr. 4.
Es wird versucht den Zeugen KHK Damm, BKA zu diesem Termin zu laden.

Termin am 10.06.09: geladen ist ein Beamter vom BfV.

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