Unverhältnismäßige Strafverfolgung

Sehr geehrter Herr ,

vielen Dank für Ihre Fragen vom 3. Mai 2008.

Auch ich betrachte das Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden im Fall von A. Holm als unverhältnismäßig. Dies sah auch der Bundesgerichtshof so und konkretisierte in seinem Beschluss vom 18. Oktober 2007 die
Voraussetzungen für Ermittlungen wegen des Verdachts der Begehung einer Tat nach § 129a Strafgesetzbuch (StGB). Diese Norm stellt die Bildung terroristischer Vereinigungen unter Strafe.

Aber auch vor dem Zeitpunkt dieses Beschlusses ermöglichte die entsprechende gesetzliche Regelung selbstverständlich nicht unbegrenzt staatliche Maßnahmen und "Zugang zu jedem Bade- und Schlafzimmer". Bei jeder Straftat bedarf es zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zunächst eines Anfangsverdachts. Das sind nach § 152 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) zureichende tatsächliche Anhaltspunkte, dass die Tat begangen wurde. Für intensivere Maßnahmen bedarf es unter Umständen auch eines richterlichen Beschlusses bzw. höherer Anforderungen an den Verdachtsgrad.

Zwar stellt § 129a StGB, anders als die meisten anderen Strafnormen, Handlungen im Vorfeld einer Tat unter Strafe. Dadurch wird die Rechtsstaatlichkeit aber nicht in Frage gestellt wird. Gleiches gilt auch für mein prinzipielles Vertrauen in das rechtsstaatliche Handeln der Strafverfolgungsbehörden.

Ich bin, um auf Ihre letzte Frage einzugehen, der Auffassung, dass jeder Mensch sowohl Freiheit als auch Sicherheit verdient. Beides ist elementar für die freiheitlich-demokratische Grundordnung unseres Landes. Da aber beide für ein friedliches Miteinander unverzichtbar sind, hat der Staat die Aufgabe, Freiheitsrechte und Sicherheitsbelange in einen vernünftigen Ausgleich zu bringen.

Ich habe bereits mehrfach öffentlich betont, dass ich der Meinung bin, dass bei der vorzunehmenden Abwägung die Sicherheit gegenüber der Freiheit stets eine dienende Funktion hat, daher setze ich mich dafür ein, dass die Freiheitsprinzipien, die es im demokratischen Rechtsstaat zu verteidigen gilt, nicht zur Disposition gestellt werden. Es gibt übrigens keine "Vollüberwachung durch die Vorratsdatenhaltung", da die entsprechenden Daten nicht vom Staat erfasst werden, sondern dieser nur in begründeten Fällen auf diese Zugriff nehmen und sie von den Telekommunikationsanbietern anfordern darf.

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB