Militante Gruppe plante Anschlag auf Vattenfall
Mitglieder der „Militanten Gruppe“ (mg) haben offenbar geplant, auf die Konzernzentrale von Vattenfall im Treptower Park in Berlin einen Anschlag zu verüben. Das erfuhr WELT ONLINE aus Sicherheitskreisen. Die Tat sei für das letzte Juniwochenende geplant gewesen. Doch aus bislang noch nicht geklärten Gründen hätten die Linksextremisten, die in der Vergangenheit mit Brandbomben Sachschäden anrichteten, ihr Vorhaben kurzfristig aufgegeben. Rund um die Konzernzentrale hatten das Bundes- und Landeskriminalamt damals zeitweise Spezialkommandos positioniert.
„Die Tatverdächtigen haben über ein internes Forum im Internet miteinander Kontakt gehalten. Zum Mailen gingen sie in Internetcafés, schrieben aber nie Konkretes, sondern formulierten abstrakt. Am vom BKA vermuteten Tatabend loggten sie sich plötzlich aus, als ob sie geahnt hätten, dass man ihnen auf der Spur war“, sagte ein hochrangiger Berliner Ermittler.
Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen sieben Personen
Die mg ist eine linksextremistische Untergrundorganisation, die sich seit 2001 zu etwa zwei Dutzend Brandanschlägen in Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt bekannt hat. Der Generalbundesanwalt ermittelte über Jahre erfolglos. Mehr als ein Jahr wurden die mutmaßlichen Terroristen observiert. Am 1. August wurden Haftbefehle gemäß Paragraf 129a des Strafgesetzbuches (StGB) gegen die mutmaßlichen mg-Mitglieder Florian L. (35), Oliver R. (35), Axel H. (46) und Andrej H. (36) unter anderem wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung erlassen. Insgesamt ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen sieben Personen.
Während drei der Tatverdächtigen noch in Haft sitzen, kam der Soziologe Andrej H. nach drei Wochen auf freien Fuß; der Haftbefehl gegen den Wissenschaftler der Humboldt-Universität ist außer Vollzug gesetzt. Mehr als 100 Wissenschaftler hatten seine Freilassung gefordert. In H. vermuten BKA-Ermittler den intellektuellen Kopf der Gruppe. Laut Haftbefehl soll er sich zwei Mal mit Florian L. angeblich konspirativ getroffen und mit ihm über einen E-Mail-Account verabredet haben.
Der Inhaftierung am 1. August war laut Polizei ein Anschlagsversuch in Radewegen, nördlich von Brandenburg/Havel, vorweg gegangen. Dort hatten Fahnder in der Nacht zum Vortag Florian L., Oliver R. und Axel H. in ihrem Auto observiert. Die Polizisten wollen beobachtet haben, wie die Männer auf der Upstallstraße Brandsätze unter Bundeswehr-Lastwagen ablegten.
Fahnder greifen in Brandenburg zu
Gegen 2.30 Uhr griffen die Beamten zu und zerrten die drei Verdächtigen ins Freie. Laut dem „Bündnis für die Einstellung des Paragraf-129a-Verfahrens“ soll Florian L. später „angeschnallt sitzend schwer verprügelt“ worden sein. Er habe „Prellungen und Schwellungen im Gesicht und an den Rippen“ erlitten. Offenbar erwarteten die Polizisten durch ihn eine besondere Gefahr. Hintergrund könnte sein, dass der 35-Jährige von der LKA-Ermittlungsgruppe Hooligan als Fan von Tennis Borussia (TeBe) in der Datei „Gewalttäter Sport“ in der Kategorie B – gewaltgeneigt – geführt wird. Auch Oliver R. und Axel H. sind in dieser Datei zu finden – ohne Klassifizierung.
Unterdessen hat der Bundesgerichtshof eine Entscheidung über eine erneute Inhaftierung von Andrej H. auf den 5. Oktober verschoben. „Formal wird an diesem Tag nur über die Beschwerde der Bundesanwaltschaft über die Haftverschonung von Andrej H. entschieden“, sagt Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck, der einen der sieben Beschuldigten vertritt. Die Richter könnten dabei aber auch klären, ob die nicht vorbestraften Tatverdächtigen überhaupt als Terroristen nach Paragraf 129a StGB zu betrachten sind oder ob die Taten der mg – bei denen nur Sachschaden entstand – als terroristisch bezeichnet werden können.
Was passiert, wenn die Richter den Terrorismus-Vorwurf nicht bestätigen? Kaleck: „Die in Brandenburg Festgenommenen würden sich dann einem Verfahren wegen versuchter Brandstiftung zu stellen haben, vor einem Amts- oder Landgericht. Gegen die restlichen vier Beschuldigten, denen man keine konkreten Tatvorwürfe macht, müsste das Verfahren eingestellt werden.“