Unregelmässigkeiten im mg-Prozess
Berlin - Am 29. Prozesszag im sogenannten "mg-Verfahren", der heute, am 5. März 2009, stattfand, wurde wieder einmal sichtbar wie die Bundeswanwaltschaft, das Bundeskriminalamt und das Oberlandesgericht mit dem Recht auf eine faire Verteidigung umgehen. Obwohl die Anklagebörde wichtige Aktenbestandteile nicht der Verteidigung aushändigte, sollte ein Beamter des Bundeskriminalamts über eben diese Aktenbestandteile in der Hauptverhandlung gehört werden.
Als EKHK Rainer Joseph Binz vom Bundeskriminalamt zu einer Brandstiftung aus dem Jahr 2001 aussagen sollte, bezog dieser sich auf seine Tatortfundberichte. So wurde bei einem "Anschlag der mg" am 21. Juni 2001 auf eine Damler-Benz-Niederlassung ein Mercedes mit einen "Nobelkarossentod" angezündet. Ein Zeuge der Nachtschicht hatte, Mitarbeiter in einem Gegenüberliegenden Daimler-Benz-Gebäude, bemerkt die Flammen. Er nahm sich einen Feuerlöscher um den Brand zu löschen, sah dann aber wie das brennende Fahrzeug startete und rückwärts weg fuhr. Da das Fahrzeug auf einer Rampe ausgestellt war, sackte es mit dem Hinterteil ab und blieb so mit laufenden Motor stehen.
Der Zeuge führte aus, dass brennende Fahrzeuge gerne Mal anfangen loszufahren. "Es ist ein Phänomen, dass bei brennenden Autos der Motor startet und, wenn nicht die Handbremse angezogen ist, das Auto losfährt." Die Verteidigung gab an nichts davon zu wissen, worauf EKHK Binz meinte: "Die Tatortfundberichte liegen der Verteidigung vor." Lagen sie aber nicht! Darum beantragte die Rechtsanwältin Sabine Weyers: "Ich beantrage die Vernehmung des Zeugen zu unterbrechen, bis die Aktenbestandteile auf die sich der Zeuge bezieht der Verteidigung vorliegen." Weiter führte sie aus, dass die Aktenbestandteile dem Bundeskriminalamt und der Bundesanwaltschaft schon "zweieinhalb bis acht Jahre" vorliegt und "Waffengleichheit" zwischen der Verteidigung und der Anklagebehörde bestehen müsse!
Der vorsitzende Richter des Oberlandesgerichts Josef Hoch meinte daraufhin: "Ich habe nicht damit gerechnet, dass sie damit ein Problem haben." Der Richter brach daraufhin die Vernehmung des Zeugen ab und gab somit dem Antrag statt. Bundesanwalt Jochen Weingarten meinte daraufjin: "Es sind zwei Leitz-Ordner. Da sind auch Lichtbilder dabei." Anschliessend kam Richter Hoch auf die Fragen für das Bundesamt für Verfassungsschutz (BAV) zu sprechen.
In der Strafprozessordnung ist vorgesehen, dass der Zeuge durch die Verteidigung befragt wird und dieser dann mündlich auf die Fragen antwortet. Aber nicht in diesem Verfahren: Hier müssen Fragen der Verteidigung an den Zeugen Hans Elmer Remberg, Vizepräsident des Bundesamt für Verfassungsschutz, schriftlich dem Verfassungsschutz geschickt werden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz schreibt dann die Antwort, die der Zeuge Remberg dann in der Hauptverhandlung als seine Antwort vorlesen soll. Rechtsanwalt Hoffmann beschwerte sich über diese Unregelmässigkeit sofort, und führte aus, dass sowas in einer Hauptverhandlung nicht sein darf. Schon in den vergangenen zwei Prozesstagen sagte der Zeuge KHK Damm (BKA) nicht auf Grundlage seiner Erinnerung aus, sondern las stundenlang aus seinen Aufzeichnungen vor.
Aber selbst ausserhalb des Gerichtssaals kommt es zu Unregelmässigkeiten. So wurde ein Journalist durch einen Mitarbeiter des Bundeskriminalamts mit dem Tode bedroht. Zudem wurden die ProzessbeobachterInnen von zivil gekleideten ErmittlerInnen beobachtet, die in Autos auf der gegenüberliegenden Strassenseite sitzen. Mindestens zwei Prozessbeobachter vermuten durch zivil gekleidete ErmittlerInnen observiert bzw. auf offener Strasse fotografiert worden zu sein. ProzessbeobachterInnen die die ZeugInnen auffordern lauter zu sprechen, werden angeranzt - PolizistInnen, die entgegen dem Gerichtsverfassungsgesetz Tonaufnahmegeräte in der Hauptverhandlung bedienen, dürfen das während des Prozesses weiter tun. Im Gegenüberliegenden Gerichtssaal 701 spielen bildzeitungslesende Polizisten auf dem Richterstuhl "Judge Dread" und mich würde es nicht wundern, wenn alles was die ProzessbeobachterInnen sagen, während sie vor der Tür warten, abgehört wird.
Doch wie sieht es mit den Angeklagten aus? Werden sie verurteilt? Nach meiner Einschätzung sieht es, zumindest zum Anklagepunkt wegen der Brandstiftung auf MAN-Fahrzeuge, sehr schlecht aus. Die Angeklagten wurden in der Nähe (nah, für eine Autofahrt) des Tatorts aufgegriffen. Die Angeklagten beschäftigten sich, den Kriminalbeamten zufolge, mit Militanz und linker Politik. Bei einem der Angeklagten wurde ein Kassenzettel gefunden, demzufolge Gefrierbeutel der Marke "Toppits" gekauft wurden. Diese Marke ist in der Materiallist in der Anleitung zum Bau eines Brandsatz namens Nobelkarossentod in der Zeitschrift "radikal" (Episode 158 - Seite 55) aufgeführt.
Halt - Irgendetwas stimmt hier nicht! Nachdem ich mir den Zeugen KHK Damm angehört habe, fiel mir auf, dass das Bundeskriminalamt hauptsächlich öffentlich zugängliches Material über die Militante Gruppe (mg) zusammenfasste. Doch wie sieht es mit dem Vorwurf der Brandstiftung am 31. Juli 2007 gegen Axel, Oliver und Florian aus? Wenn Wir die Anleitung des Nobelkarossentods in der radikal Nr. 158 betrachten, dann ist dort etwas nicht beschrieben und auch nicht in der Materialliste aufgeführt. Handelt es sich tatsächlich um einen gravierenden Fehler? In der Anleitung werden alle Bestandteile, ausser die Streichhölzer, genau beschrieben. Auch mit Markennamen. Ebenfalls ist die Rede von einem Kohlestab. Dieser soll entzündet werden, zeitverzögert einen Zündbecher, in dem sich Schwefel/Streichhölzerköpfe und ein Gefrierbeutel mit Benzin befinden, entzünden, welcher dann wieder benzingefüllte PET-Flaschen entzünden soll. Was die BeamtInnen des Bundeskriminalamts nicht aussagten: Es gibt keine selbstzündenden Kohlestäbchen! Selbstzündende Kohle ist mit Kaliumnitrat bzw. mit Schwarzpulver vermischt und brennt so, nach einigen Sekunden Kontakt mit einer Flamme, von alleine. In Deutschland ist ist diese Kohle allerdings nur in Tablettenform als Fahma (Shisha-Kohle) zu bekommen, beispielsweise die Marke "Three Kings". Da es keinen Kohlestab gibt, ist dieser auch nicht in der Materialliste der Anleitung aufgeführt! Wie kommt die Polizei also darauf, dass am 31. Juli 2007 ein Nobelkarossentod verwendet wurde? Warum wurden zwar die benzingefüllten Flaschen am Auto aufgefunden, jedoch kein Zündbecher mit Kohlestab? Warum waren die benzingefüllten Flaschen nicht, wie beim Nobelkarossentod vorgesehen, mit Klebestreifen verbunden? Da die Polizei und auch die Anklagebehörde behaupten der Nobelkarossentod mit einen Kohlestab wurde bei der Brandstiftung verwendet, drängt sich der Verdacht auf, dass gegen Axel, Oliver und Florian eine Tat konstruiert wurde. Aktive Linke wurden beschattet und eine Benzinflasche neben ein Auto gestellt. Dann wurden gewöhnliche Gegenstände wie Joghurtbecher, Toppits-Kassenzettel und PET-Flaschen beschlagnahmt und so ein Nobelkarossentod erfunden.
Noch erbärmlicher ist die Sache, dass zu den Prozesstagen nur so wenige ProzessbeobachterInnen kommen. Am letzten Prozesstag waren fünf ProzessbeobachterInnen anwesend. Wo seit Ihr alle? Obwohl die Militante Gruppe (mg) federführend in der Militanzdebatte war, wurde noch keine militante Aktion für die drei Angeklagten ausgeführt. Ein Armutszeugnis für alle militanten Gruppen und Einzelpersonen!
In diesem Sinn: "Für eine militante Plattform!"
Weitere gute und detailierte Berichte über den mg-Prozess sind auf der Homepage http://einstellung.so36.net/de/prozess/berichte veröffentlicht. Kommt zu dem Prozess ins Gericht!