Verfahren gegen linke Aktivisten eingestellt

Verdacht wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung

Kurz nach dem G8-Gipfel in Heiligendamm hatte die Bundesanwaltschaft wegen der angeblichen Bildung einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Die Beschuldigten sollten für mehrere Brandanschläge verantwortlich gewesen sein. Nun wurde das Verfahren gegen elf Beschuldigte eingestellt.

Von P. Gensing

Das Landgericht Flensburg hat nach Informationen von tagesschau.de das Ermittlungsverfahren gegen elf Beschuldigte eingestellt. Die Personen aus der linken Szene waren kurz nach dem G8-Gipfel in Heiligendamm verdächtigt worden, mehrere Brandanschläge verübt und eine kriminelle Vereinigung gegründet zu haben.

Ursprünglich hatte sogar die Bundesanwaltschaft in dieser Sache wegen der Bildung einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Doch der Bundesgerichtshof (BGH) stellte fest, dass ein solcher Tatverdacht nicht vorgelegen habe. Es sei zudem nicht belegt, dass die zwölf angeführten Anschläge überhaupt von einer Organisation begangen worden seien.

Des Weiteren stellten die Richter fest, dass die Voraussetzung "der besonderen Bedeutung des Falles" nicht vorgelegen habe. Damit sei auch die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts nicht gegeben - daher wurde das Landgericht Flensburg zuständig. Dieses stellte das Verfahren am 14. Juli 2008 ein. Zur Begründung hieß es, es gebe keine weiteren Ermittlungsansätze für die Bildung einer Vereinigung.

Zu den Brandstiftungen schrieben die Flensburger Richter in einem Beschluss vom Juni 2008, dass "die aufgeführten Straftaten dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzuordnen" seien. "Eine erhebliche Schädigung eines Staates oder einer internationalen Organisation bestand von vornherein nicht." Dies ist aber Voraussetzung dafür, dass der sogenannte Terrorismus-Paragraf 129a - mit weitreichenden Überwachungsmaßnahmen - zur Anwendung kommen darf.

Schadensersatzansprüche werden geprüft

Ein Anwalt der Beschuldigten kündigte auf Anfrage an, man werde nun die Ermittlungsakten - etwa 50 Aktenordner - sichten. Danach wolle man sicherstellen, dass die gesammelten Informationen - darunter protokollierte Telefonate mit Rechtsanwälten und Journalisten - auch wirklich vernichtet würden. Außerdem prüfe man mögliche Ansprüche auf Schadensersatz. So seien bei den Razzien Türen beschädigt worden, für beschlagnahmte Computer hätten die Betroffenen sich kurzfristig Ersatz besorgen müssen.

Anklage nach §129 erhoben

In einem weiteren Verfahren gegen drei mutmaßliche Mitglieder der "militanten gruppe" (mg) erhob die Bundesanwaltschaft mittlerweile Anklage. Ursprünglich waren auch diese drei Beschuldigten nach Paragraf 129a Strafgesetzbuch wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verfolgt und in Untersuchungshaft genommen worden. Der Bundesgerichtshof entschied jedoch Ende November vergangenen Jahres, dass die Gruppierung als kriminelle, nicht aber als terroristische Vereinigung einzustufen sei. Die Haftbefehle wurden daraufhin gegen Meldeauflagen außer Vollzug gesetzt.

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Kriminelle oder terroristische Vereinigungen: Nach ständiger Rechtsprechung kann als Vereinigung im Sinne der §§ 129, 129 a StGB nur ein auf eine gewisse Dauer angelegter, freiwilliger organisatorischer Zusammenschluss von mindestens drei Personen angenommen werden, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und untereinander derart in Beziehung stehen, dass sie sich als einheitlicher Verband fühlen. (Quelle: Bundesgerichtshof)

Kasten:
Der Paragraph 129a: Der Paragraph 129a stellt die Gründung einer Vereinigung, deren Zweck oder Tätigkeit darauf gerichtet ist, Straftaten (unter anderem Mord oder Völkermord) zu begehen, unter Strafe. Er greift vor allem dann, wenn die Behörden die Beschuldigten verdächtigen, eine terroristische Vereinigung zu bilden. In einem solchen Fall erhalten die Strafverfolgungsbehörden besondere Befugnisse - etwa die Postkontrolle und die Telefonüberwachung.

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