Erster Prozesstag (25.09.08): Schwere Sicherheitsverfügungen und fehlende Akten
Bevor der Vorsitzende Richter Josef Hoch den ersten Prozesstag am Kammergericht Berlin Moabit überhaupt richtig beginnen konnte, stellte die Verteidigung der drei Angeklagten Axel, Oliver und Florian einen Antrag gegen die weitreichenden Sicherheitsverfügungen. Dies betraf vor allem den Einsatz von bewaffneten Polizeibeamten im Hauptverhandlungssaal und die Maßnahmen zur Durchsuchung der ZuschauerInnen. Neben der genauen Durchsuchung der einzelnen BesucherInnen wurden die jeweiligen Personaldokumente "durch einen Schlitz in der Wand" gesteckt, wo diese dann kopiert wurden. Es bestand laut Verteidigung die Vermutung, dass LKA-Beamte die Dokumente nicht nur zum Zwecke der Verhandlung, sondern darüber hinaus speichern würden.
Bundesanwalt Herbert Diemer verwehrte sich gegen den Verdacht, die Beamten würden derart rechtswidrig handeln. Auf die Äußerung des Bundesanwalts reagierten die Zuschauer lautstark. Der Vorsitzende Richter Hoch erklärte sich nicht bereit, die Sicherheitsverfügung abzumildern. Weiterhin nahm er die Reaktion aus dem Zuschauerraum zum Anlass der Drohung, bei weiteren Störungen Ordungsgelder zu verhängen.
Es folgte eine ca. 20-minütige Pause, die der Vorsitzende einräumte, um, wie von der Verteidigung gefordert, der Öffentlichkeit die Möglichkeit zu geben an der Verhandlung teilzunehmen. Zu Beginn der Verhandlung um 09:00 Uhr waren die 50 zugelassen Zuschauerplätze, aufgrund der langandauernden Sicherheitskontrollen der Zuschauer, erst zur Hälfte gefüllt.
Nach der Pause beantragte die Verteidigung das Verfahren wegen Vorliegen eines Verfahrenshindernisses einzustellen. Die Durchführung des Verfahrens würde gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens verstoßen, unter anderem aufgrund unvollständiger Akteneinsicht. So fehlen beispielsweise 31 Aktenordner aus vorherigen mg-Verfahren.
Der Vorsitzende Richter entschied daraufhin, über diesen Antrag erst nach Verlesung der Anklageschrift zu entscheiden. Nach einer weiteren Pause erging erneut Beschluss, die Anträge abzulehnen. Daraufhin beantragten die Anwälte eine weitere Unterbrechung, um sich zu beraten. Auch dies lehnte der Vorsitzende ab und begann um 11 Uhr mit den Angaben zur Person der drei Angeklagten.
Dem folgte ein weiterer Antrag der Anwälte zur Aussetzung des Verfahrens aufgrund fehlender Akteneinsicht und Nichtlesbarkeit von einigen durch die Bundesanwaltschaft digitalisierten Akten. Bevor dieser Antrag verhandelt wurde, verlas Bundesanwalt Diemer die Anklageschrift. Folgend verwehrte sich die Bundesanwaltschaft gegen den vorhergehenden Antrag durch die Rechtsanwälte und dieser wurde durch den Vorsitzenden anschließend abgelehnt.
Nach der Belehrung der Angeklagten zum Aussageverweigerungsrecht, stellten diese klar, dass sie sich zur Sache nicht äußern, stattdessen aber eine Prozesserklärung (hier zu lesen) abgeben werden. Diese wurde von Axel verlesen und vom Publikum mit Beifall bedacht. Dies veranlasste den Vorsitzenden Hoch anzukündigen, bei weiterem störenden Verhalten zukünftig Ordnungsgeld oder -haft zu verhängen.
Nach der Mittagspause folgte eine Stellungnahme der Anwälte zur Ablehnung der zuvor gestellten Anträge: nochmals wurde auf die fehlenden Aktenbestandteile und die Problematik des Kopiervorganges der Ausweise der ZuhörInnen hingewiesen. Ein faires Verfahren ist aus Sicht der Anwälte so nicht gegeben.
Abschließend folgte ein letzter Antrag bezüglich weiterer fehlender Akten mit der Forderung diese den Anwälten zur Verfügung zu stellen. Darauf antwortete Bundesanwalt Diemer, dass alle notwendigen Akten der Verteidigung zur Verfügung stehen würden und außerdem dem Vorsitzenden die von den Rechtsanwälten benannten fehlenden Akten dem Vorsitzenden Hoch vorgelegen hätten. Dieser Umstand wurde von der Verteidigung kritisiert und zu Protokoll genommen. Eine Entscheidung, wie mit den fehlenden Akten umgegangen werden soll, die jedoch dem Vorsitzenden vorgelegen haben, mochte der Vorsitzende Hoch nicht treffen.
Der Vorsitzende legte für den nächsten Verhandlungstag am 1. Oktober 2008 ( 11:00 Uhr !!) fest, dass die für diesen Tag vorgesehenen Zeugenladungen verschoben werden. Der voraussichtlich nur zweistündige Verhandlungstag wird zur Beschlussverkündung genutzt werden.
Weitere Infos zum ersten Prozesstag im Podcast mit Heinrich FinkFoto der Kundgebung: Björn Kietzmann