Sofortige Freilassung von Oliver, Florian, Axel und Andrej - Weg mit dem § 129a

Spätestens seit dem 31.07.07 wird gegen sieben Menschen aus Berlin und Leipzig wegen des Verdachts auf Bildung einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Vier der Betroffenen wurden an eben jenem Tag nach Verhören in Karlsruhe nach Moabit gebracht und sitzen seitdem unter verschärften Bedingungen in Untersuchungshaft. Ihnen wird vorgeworfen als militanter Zusammenhang unter dem Namen "militante Gruppe" seit 2001 mindestens 30 zumeist Brandanschläge auf Sachgegenstände und Einrichtungen vollführt zu haben. Drei der Inhaftierten Florian L., Axel H. und Oliver R. sollen ertappt worden sein, wie sie Brandsätze unter einem Bundeswehrfahrzeug gezündet haben sollen [1].

Ist es auch schon abenteuerlich genug, diesen vermeintlichen Versuch von Sachbeschädigung als einen terroristischen Akt zu deuten, so sind die Konstruktionen, welche für die Inhaftierung von Dr. Andrej H. (Soziologe) sowie für die Ermittlung gegen die drei nicht-inhaftierten Personen herhalten müssen, kaum an Erfindungsgabe zu übertreffen [2]. So reichen zwei sogenannte "konspirative Treffen" mit einem der beschuldigten Brandstifter aus, um Andrej zum Mittäter zu machen. Konspirativ meint hierbei, dass der Inhalt der Treffen den Behörden nicht bekannt ist. Stellt sich die Frage ob sich Jede potentiell schuldig macht, sobald sie sich ausserhalb überwachter Orte und ohne das Mobiltelefon einzustecken zum Kaffeeplausch trifft. Weiterhin heisst es, dass in wissenschaftlichen Arbeiten von Andrej, sowie von den weiteren, nicht-inhaftierten Verdächtigen, Schlagwörter und Phrasen auftauchen, die in den Texten der "militanten Gruppe" ebenfalls vorkommen. Hierbei wird explizit das Wort 'Gentrifizierung' (Beschreibung eines bestimmten Stadtviertel-Umdeutungsprozesses) erwähnt - wohlgemerkt ein Begriff der sich auch in vielen unserer Texte finden lässt. Vielleicht hätte die Bundesanwältin Monika Harms sich zuvor informieren sollen, was es mit diesem Wort auf sich hat, anstatt ihn als einzigartiges Erkennungssymbol für terroristische Gruppen zu begreifen, dann hätte sie womöglich erkannt, dass dies zumindest unter StadtsoziologInnen ein durchaus geläufiger Begriff ist. Darüberhinaus haben die findigen BeamtInnen entdeckt, dass die Beschuldigten aufgrund ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit exklusiven Zugang zu Bibliotheken hatten, die sie natürlich zu Recherchen für die "militante Gruppe" genutzt haben könnten. Ausserdem seien sie aufgrund ihrer intellektuellen Fähigkeiten in der Lage die "anspruchsvollen" Texte der "militanten Gruppe" zu verfassen.
Kein Wunder, dass bei diesen Konstruktionen nun viele WissenschaftlerInnen ein ungutes Gefühl ereilt [3], sind sie doch bei derartigen Verdachtskriterien alle potentiell verdächtig.

Solche wüsten Konstruktionen und Verdächtigungen in Verbindung mit dem Vorwurf der Bildung einer terroristischen Vereinigung haben in der Vergangenheit leider immer wieder dazu geführt, dass die jeweilig Betroffenen monatelange Strapazen in Form von Vorladungen, Hausdurchsuchungen, Verhören und Verhandlungen im schlimmsten Fall von Untersuchungshaft über sich ergehen lassen mussten. Am Ende verurteilt wird hierbei zumeist niemand. Das besonders Perfide am §129a ist, dass der Einzelnen keine konkrete Tat nachgewiesen werden muss, sondern lediglich die Zugehörigkeit zur Tätergruppe. Da diese "Zugehörigkeit" wiederum einen weiten Interpretationsspielraum zulässt, wie im aktuellen Fall erkennbar, ist die Gefahr, diesem Vorwurf ausgeliefert zu sein, entsprechend groß. Daher fragen wir: sind wir nicht alle ein bißchen 129a? Und fordern:

Sofortige Freilassung der Inhaftierten !
Abschaffung vom §129a !
Unsere Solidarität gilt den Gefangenen und weiteren Betroffenen.