Miliprop: Stencil
Militante Agitprop im Rahmen revolutionaerer Aktion
Mit diesem Beitrag möchten wir unseren Blick auf “Stencil” als Aktionsform im Rahmen der revolutionären Aktion richten und euch eine Anleitung zur Vorbereitung und Durchführung von Stencilaktionen zur Verfügung stellen. Dazu gehört – insbesondere für jene, die diese Aktionsform bisher nicht in Erwägung gezogen haben und deshalb nicht über die nötigen Grundkenntnisse verfügen - die Beschaffung der erforderlichen Arbeitsutensilien und die Erstellung von Stencilschablonen. Ansonsten gelten auch bei dieser Aktionsform dieselben Sicherheitsbestimmungen wie bei allen anderen militanten Aktionen, auf die wir in unserem Beitrag unter Berücksichtigung der konkreten Aktionsform ebenfalls eingehen werden.
Mit Sicherheit wird euch außerdem an der Überschrift bereits aufgefallen sein, dass wir von “Miliprop” sprechen. Diesen Begriff, den wir als eine Verschmelzung aus militanten Aktionsformen und Agitprop unter Berücksichtigung der Prinzipien und Regeln der revolutionären Aktion verstehen, möchten wir kurz veranschaulichen. Die Bezeichnung Miliprop können wir kurz als klandestin-militante Agitation und Propaganda umreißen, wobei wir den wichtigsten Aspekt, der bei dieser kurzen Definition nicht deutlich zum Ausdruck kommt, erläuternd hinterher schieben: Uns geht es vor allem um den Kontext zu den Prinzipien und Regeln der revolutionären Aktion. Der Ausdruck der Aktion, ganz gleich ob sie friedlich, militant oder bewaffnet durchgeführt wird, sollte in erster Linie verständlich und vermittelbar sein. Elementar ist für uns, dass die revolutionäre Aktion im Sinne unserer Klasse und der Revolution ist. Auch Stencilaktionen sollten diesen Ansprüchen gerecht werden.
Grundlegendes zur Vorbereitung
Zunächst sollte sich die Aktionsgruppe darüber verständigen, ob die politischen Inhalte, die vermittelt werden sollen, mit Wandbildern vermittelbar sind. (Denn im Vergleich zu vielen anderen Aktionsformen kann die des Stencil eine aufwendig vorzubereitende, Kraft und Zeit beanspruchende Aktionsform darstellen. Wie aufwendig sie im Endeffekt wirklich ist, hängt allerdings von Größe, Detail und Anzahl der zu sprühenden Bilder ab. Es ist wichtig vor einer Aktion über ihren Sinn und ihre Ausrichtung ausführlich zu diskutieren und das Konzept dazu gemeinsam zu entwickeln, da sich die Aktion nicht nur auf die Außenwirkung beschränken sollte, sondern auch die Diskussionen untereinander beleben, eine kollektive Arbeitsweise ermöglichen und unter Umständen eine Grundlage zum Verfassen einer gemeinsamen Erklärung bilden sollte. Sofern die Stencilaktion einen Teil einer politischen Kampagne darstellt, sollte unbedingt eine Erklärung verfasst und im Anschluss an die Aktion veröffentlicht werden. Ein unübersichtlicher Wechsel von Personen erschwert nicht nur die Planung, ihnen fehlt auch die Diskussion im voraus und es können Unklarheiten darüber entstehen, warum manche Personen sich ausgeklinkt haben, was sich immer negativ auswirkt und in vielen Fällen die Aktion unsicherer macht, da nicht allen alle Details bekannt sind und es zu Verwirrungen kommen kann. Für die Vorbereitung und Durchführung der Aktion sollten sich alle Teilnehmenden verantwortlich fühlen und verbindlich mitarbeiten. Der Personenkreis sollte in der Zeit von der Vorbereitung bis zur Aktion den Planungen entsprechen und es sollte kein beliebiges “kommen und gehen” verschiedener Personen geben. Trotzdem ist es natürlich wichtig, auch immer neue Leute in die Aktionsformen einzubinden und so das Wissen und die Arbeitsweise darüber zu verbreiten. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Vorbereitung und Durchführung der Aktion deutlich und lückenlos vermittelt werden kann. Es ist wichtig, sich ausreichend Zeit für die Vorbereitung zu nehmen und mindestens zwei Vorbereitungs- bzw. Ausarbeitungstreffen vor dem Tag der Aktion selber und ein Nachbereitungstreffen im Nachhinein einzuplanen. Generell müssen jegliche Telefonate vermieden werden. Auch nicht in “verschlüsselter Form” oder “nur ansatzweise” darüber reden. Um “Notfalltelefonate” zu vermeiden ist es daher sehr wichtig, dass man sich wirklich ausreichend Zeit für die Vorbereitung nimmt und mögliche Verschiebungen miteinplant, damit wirklich nichts - wie vermeintlich unauffällig auch immer - am Telefon geklärt werden muss. Wenn die Bullen rekonstruieren wollen, wer in der Zeit vor einer Aktion mit wem Kontakt hatte, kann das ihnen viele Hinweise geben, um Personenzusammenhänge aufzuklären. Die Kommunikation hinsichtlich der Aktion sollte von daher ausschließlich auf den Aktionsgruppentreffen und den dort vereinbarten Zwischentreffen stattfinden. Aktionsgruppen, die auf eine längerfristigere Zusammenarbeit hinarbeiten, sollten daher von Anfang an darauf achten, sich nicht unnötig bei den Bullen bekannt zu machen und sich um größtmöglichen Schutz bemühen. Auch wenn dies “nur” eine Anleitung für Stencils ist; je nachdem welchen Bezug sie haben, können die Strafen auch über das Maß einer Sachbeschädigung hinausgehen. Außerdem ist es sinnvoll, von Anfang an eine sichere, kollektive Arbeitsweise zu erlernen, da diese für alle militanten Aktionsformen unabdinglich ist.
Die technische Ebene der Vorbereitung
1. Erforderliche Arbeitsmaterialien
Der Ort der inhaltlichen und technischen Vorbereitung sollte abhörsicher und möglichst kein Raum politischer Gruppen sein. Von daher bieten sich Wohnungen und Lokale (am besten Werkstätten) aus dem sozialen Umfeld am besten an. Wenn es keine einmalige Stencilaktion ist, so ist ein Bunker erforderlich, um Arbeitsmaterial für weitere Aktionen aufbewahren zu können. Auch hierbei gilt, nicht die Räume von politischen Gruppen dafür zu nutzen, sondern für die Verfolgungsbehörden möglichst schwer nachvollziehbare Orte zu wählen.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Stencils zu erstellen. Wir werden uns hierbei auf eine Variante konzentrieren, aber andere uns geläufige Varianten ebenfalls anschneiden. Der Begriff “Stencil” kommt aus dem Englischen und steht für die Technik, Bilder mit Hilfe von Schablonen zu erstellen. Die Ursprünge dieser Technik sind allerdings von ihrem Prinzip her Jahrtausende alt und wurden bereits bei Höhlenmalereien angewandt. Wir beziehen uns natürlich auf modernere Stenciltechniken. Was benötigen wir an Arbeitsmaterial:
a.) Folien oder Pappe für die Schablonen: Für unser Schablonenmaterial benutzen wir in erster Linie Folie oder Pappe. Da es relativ einfach ist, in Schreibwarenabteilungen großer Kaufhäuser oder Künstlerbedarfsläden stabile DinA3 Folien und DinA1 Pappen zu erhalten, bevorzugen wir dieses Material. (Natürlich können auch Kartons, Papier, etc. oder sogar Bleche benutzt werden, die wir selber allerdings wegen diverser schlechter Erfahrungen nicht favorisieren und uns deshalb nicht darauf konzentrieren wollen). Für kleinere Schablonen bis DinA3 empfehlen wir etwas dickere Folien, da diese auch bei sehr häufigem Gebrauch nicht so schnell abnutzen, keine Farbe aufsaugen und aufgrund ihrer Elastizität sich nicht verformen. Für größere Schablonen ab DinA3 eignet sich eine große Pappe zwischen 150 und 250 Gramm. Der Nachteil der Pappe besteht darin, dass sie die Farbe relativ stark aufsaugt und sich dadurch bedingt auch verbiegen bzw. verformen kann. Außerdem hat sie den Nachteil, dass sie sich aufgrund ihrer Größe komplizierter transportieren lässt. Um dieses Problem zu umgehen, kann ein Motiv auch auf mehrere kleine Schablonen angebracht werden, was zwar den Transport erleichtert, aber die Aktion selber umständlicher macht. Eine große Pappe sollte zudem zur Seite gelegt werden, da sie sich gut zu einem Transportmittel verarbeiten lässt. Aber dazu später mehr. (Beim Schablonenmaterial gilt: Nicht ohne Handschuhe anfassen!)
b.) Schneidewerkzeuge: Um die Motive aus den Schablonen auszuschneiden, benötigen wir Schneidewerkzeuge. Hierbei möchten wir euch davon abraten, relativ grobe Teppich- oder sonstige Art von Messer zu nehmen. Als geeignetes und handliches Schneidewerkzeug haben sich Künstlerskalpelle immer bewährt. Sie haben einfach den Vorteil, dass sie wie Stifte gehandhabt werden können und Hände und Finger nicht allzu sehr beanspruchen. Außerdem können Ecken und Rundungen problemlos ausgeschnitten werden, was sich bei anderen Schneidegeräten als überaus kompliziert und nerven- bzw. fingeraufreibend dargestellt hat. Es hat sich übrigens als notwendig herausgestellt, ein Set mit mehreren Skalpellen zuzulegen, wo die Klingen austauschbar sind. Auch ist es von Vorteil, mehrere Sorten von Klingen parat zu haben, da je nach Schablonenmaterial und Motiv die Ansprüche an die Klingen variieren können.
c.) Computer/Drucker: Ein Computer ist für unsere Zwecke nicht unerlässlich, aber nützlich, insbesondere wenn es um komplizierte Motive geht. Um es vorweg zu nehmen: Im Prinzip ist es durchaus möglich, problemlos auch ohne einen Computer zurechtzukommen, allerdings erfordert das, dass die auszuschneidenden Motive auf die Schablone gezeichnet werden müssen. Uns ist bekannt, dass es StencilkünstlerInnen gibt, die ihre Motive in der Regel selber auf die Schablonen zeichnen, ja sogar selbst entwerfen, doch wir möchten für jene, die das nicht können oder aus Zeitgründen nicht wollen, auch den gezielten und effektiven Einsatz von Computern veranschaulichen. Für den Entwurf der Motive benötigen wir ein Grafikprogramm. Da Photoshop mit das gängigste Programm ist, möchten wir die Bearbeitung der Motive anhand dieses Programms verdeutlichen. Wer andere Grafikprogramme nutzt oder mit Gimp auf Linux arbeitet, muss die einzelnen Schritte zur Erstellung der Motive auf das spezifische Programm übertragen. Zudem benötigt ihr einen Drucker zum Ausdrucken der Schablonenvorlagen.
d.) Sprühdosen: Zur Durchführung der Aktion benötigen wir Sprühdosen. Je nach Motiv sollte festgelegt werden, welche Farben und wieviele Dosen benötigt werden. Wir empfehlen, Graffitiläden für den Bedarf an Dosen, Caps (Dosenaufsätze) und Handschuhe aufzusuchen. (Besser ist es natürlich, wenn Einkäufe in solchen Läden von FreundInnen aus dem Umfeld getätigt werden.) Es ist generell besser, von jeder Farbe ein zwei Dosen mehr zu besorgen, für den Fall, dass sie nicht einwandfrei sprühen. Auch sollten zusätzliche Caps (es gibt unterschiedliche Aufsätze mit unterschiedlichen Eigenschaften in Bezug auf den Sprühstrahl) besorgt werden, da es hin und wieder mal vorkommt, dass sie nicht sprühen. Auch bei den Handschuhen sind mehrere pro Person ganz sinnvoll, da bei mehreren Arbeitsschritten auf Fingerabdrücke zu achten ist. (Für die Sprühdosen und die Caps gilt: Nicht ohne Handschuhe anfassen!)
e.) Sonstiges: Neben Mülltüten und Sprühkleber, die ebenfalls besonders wichtig sind, werden Lineale, Stifte und Klebeband als Hilfsmittel benötigt. Diese können ebenfalls problemlos in größeren Kaufhäusern besorgt werden. Zum Sprühkleber ist zu sagen, dass auch Klebestifte oder flüssige Kleber ihren Zweck erfüllen. Sprühkleber hat sich bei uns allerdings als praktischstes (und sauberstes) Mittel zum Fixieren der Motive auf den Schablonen durchgesetzt. Auch dazu später mehr.
2. Die Erstellung von Schablonen
Die Erstellung der Motive läuft in der Regel auf dem Computer - und zwar mit Hilfe der Grafikprogramme - ab. (Wie wir bereits erwähnt hatten, können Motive auch gezeichnet werden und wer diese Variante bevorzugt oder keinen Computer zur Verfügung hat, kann die Punkte a.) bis c.) einfach überspringen.) Benutzt dazu unbedingt einen Computer, der nicht am Netz angeschlossen ist und sowieso nur für klandestine Arbeitsschritte genutzt wird. Zunächst geht es um die Auswahl der Stencil-Motive. Dafür eignen sich in der Regel Fotos, Logos oder einfach Schrifttypen, die ihr als Dateien auf euren Computer benötigt. Nachdem die Entscheidung gefallen ist, gilt es, das ausgewählte Motiv in eine Form zu bringen, dass diese mühelos aus der Schablone ausgeschnitten werden kann. Jene unter euch, die das zum ersten Mal probieren, sollten mit einem einfachen Motiv beginnen. Das Verfahren werden wir nun Schritt für Schritt erläutern.
a.) Öffnet die Bilddatei im Photoshop und bringt das Bild zunächst in die gewünschte Größe (Bild ->Bildgröße -> gewünschtes Format -> 120dpi). Da Bilder, die ihr aus dem Netz zieht, generell eine Bildauflösung von 72dpi haben, solltet ihr diese auf mindestens 120dpi anheben, da ihr das Motiv nach dem Bearbeiten ausdrucken müsst. Nachdem ihr die Größe des Bildes euren Anforderungen angepasst habt, müsst ihr das Bild auf Graustufen umstellen (Bild -> Modus -> Graustufen) und anschließend die Graustufen aus dem Bild entfernen, so dass euer Bild lediglich aus einem schwarz-weiß Kontrast besteht. Da das sofortige Umstellen auf schwarz-weiß Kontrast meist zu ungewünschten Resultaten führt, solltet ihr diesen Schritt erstmal folgendermaßen durchführen. Löscht zunächst alles an dem Bild - wie z.B. Hintergrund oder überflüssige Details - was ihr nicht braucht und bearbeitet anschließend die Helligkeit und den Kontrast des Motivs (Bild -> Anpassen -> Helligkeit/Kontrast). Setzt den Kontrastregler auf 100% und schiebt den Helligkeitsregler an eine Position, wo das Motiv klar erkennbar ist und ungefähr euren Vorstellungen entspricht (Abb. 1). Des Weiteren gibt es die Möglichkeit, diesen Schritt auch mit der Stempelfunktion durchzuführen (Filter -> Zeichenfilter -> Stempel). Die Stempelfunktion bietet euch außerdem die Möglichkeit, unnötige Details verschwinden zu lassen und unnötige Ecken in einem einzigen Schritt abzurunden bzw. zu glätten.
b.) Wenn ihr nun euer Motiv soweit habt, dass es aus einem schwarz-weiß Kontrast besteht und alle Graustufen entfernt sind, müsst ihr Brücken in das Bild einbauen, um die Inseln zu beseitigen. Brücken und Inseln? Nun, wenn ihr irgendwann eure Schablone erstellen und gewisse Bereiche ausschneiden wollt, so müsst ihr vorher dafür gesorgt haben, dass das Schablonenmotiv so ausgeschnitten werden kann, dass alle Einzelheiten erhalten bleiben. D.h. die Schablone besteht aus einem Stück und damit beim Ausschneiden keine Teile (Inseln) herausfallen, müsst ihr sie miteinander verbinden. Die künstlichen Verbindungen, die ihr je nach Motiv mal mehr mal weniger einbauen müsst, nennt mensch Brücken (Abb. 2 u. 3). Die Brücken lassen sich problemlos mit dem Pinsel oder Radierwerkzeug einbauen. Jedoch ist dabei zu beachten, dass unüberlegt platzierte Brücken das Motiv manchmal derart entstellen können, dass es besser ist, sich dafür Zeit zu nehmen. Allerdings hilft etwas Übung dabei, sogar die kompliziertesten Inseln mit unauffälligen Brücken zu versehen. Wenn ihr nun dafür gesorgt habt, dass euer Schablonenmotiv keine Inseln mehr aufweist, geht es darum, es auszudrucken. Bei Texten und Parolen, die auf Schablonen angebracht werden sollen, empfehlen wir, für Stencils geeignete und dafür entworfene Schrifttypen zu verwenden. Diese haben den Vorteil, dass sie nicht mit Brücken versehen werden müssen, weil sie speziell dafür entworfen wurden. Der gängigste Schrifttyp dieser Art heißt - wie könnt es anders sein - “Stencil”. Verschiedenste Schrifttypen, die für Stencils geeignet sind, können mühelos im Netz heruntergezogen werden.
c.) Da die meisten Drucker nur DinA4 Formate ausdrucken können, müsst ihr das Motiv (für den Fall, dass es größer als DinA4 ist) in DinA4 Formate zerteilen. Um Toner zu sparen empfehlen wir, das Schwarz auf einen leichten Grauton zu reduzieren, der nach dem Druck noch erkennbar ist (Abb. 4). Ansonsten gilt dasselbe wie bei der Auswahl der Computer; benutzt einen Drucker, den ihr nur für klandestine Arbeitsschritte einsetzt und auch dementsprechend aufbewahrt.
d.) Wenn ihr das Motiv ausgedruckt habt, müsst ihr es auf der Folie bzw. auf der Pappe anbringen. Dafür nehmt ihr den Sprühkleber und besprüht damit die Rückseite des Ausdrucks. Meist reicht ein leichter Sprühstrahl, der sich über das gesamte Papierformat verteilt. Gleich im Anschluss daran platziert ihr den Ausdruck an der entsprechenden Stelle auf der Folie bzw. auf der Pappe. Beachtet dabei, dass ihr die Folie oder die Pappe nicht mit bloßen Fingern anfasst, denn den auf die Folie bzw. Pappe geklebten Ausdruck könnt ihr hinterher noch entfernen, aber die Schablone selber müsst ihr bei der Aktion vor Ort einsetzen. Es ist ratsam, ab diesem Schritt Handschuhe anzuziehen und anzulassen, bis eure Arbeitsschritte abgeschlossen sind. Nachdem ihr nun die Ausdrucke auf der Folie bzw. auf der Pappe angebracht habt, müsst ihr die gekennzeichneten schwarzen bzw. grauen Flächen ausschneiden. Dazu benutzt ihr die Skalpelle. Es ist ratsam, sich dafür etwas Zeit zu nehmen, da Hektik und Ungeduld oft zu Fehlern führt. Bereiche, die sich nach dem ersten Schnitt nicht sofort herausnehmen lassen, sollten nicht mit Gewalt herausgezerrt oder -gerissen werden, sondern nochmals mit dem Skalpell bearbeitet werden. So kann es passieren, dass ihr plötzlich ein Teil der Schablone in der Hand haltet, den ihr besser nicht ausgeschnitten bzw. rausgerissen hättet. Aber auch wenn Teile der Schablone abgetrennt werden, so ist es kein Grund für Stress oder Panik. Meistens kann es mit Hilfe von Klebeband wieder der Schablone angegliedert werden; aber halt nur meistens, leider nicht immer.
e.) Nachdem ihr die Schablone zurechtgeschnitten habt, ist es ratsam, die Reste des aufgeklebten Ausdrucks vorsichtig zu entfernen. Das macht allein schon deshalb Sinn, weil diese später nach dem ersten Farbkontakt anfangen abzublättern und dadurch unnötig für Probleme sorgen. Für die nun fertigen Schablonen braucht ihr ein Transportmittel. Es bietet sich an, je nach Größe der Schablonen aus einer großen Pappe, die ihr euch dafür aufgehoben habt, eine Art Mappe zurechtzufalten. Die ausgeschnittenen Teile der Schablone, Reste der Ausdrucke, abgebrochene Klingen, zerrissene Handschuhe und sonstiges Zeug solltet ihr nun in eine Mülltüte tun und sorgfältig entsorgen bzw. vernichten.
3. Die Durchführung der Stencilaktion
Am Tag der Aktion solltet ihr nochmals prüfen, ob ihr wirklich an alles gedacht habt. Das wäre zunächst ein Rucksack, in der ihr folgendes Arbeitsmaterial aufbewahrt: Sprühdosen, Sprühcaps, Handschuhe, Klebeband und saubere Mülltüten. Dazu eure Mappe mit den Schablonen. Die Sprühdosen sollten vor Aufbruch mehrere Minuten lang kräftig geschüttelt werden, damit sich die Farbpigmente lösen und das lästige Schütteln während der Aktion selber stark eingeschränkt werden kann. All das Material sollte keine Fingerabdrücke mehr enthalten. Darauf sollte geachtet werden, da ein abrupter Abbruch der Aktion dazu führen kann, dass euch das gesamte Material abhanden kommt und schlimmstenfalls in den Händen der “Ordnungshüter” landet. Es ist zwar richtig, dass ihr einiges an Material mit Spülmittel reinigen könnt, um Fingerabdrücke loszuwerden; bei der Pappe und den Dosen ist das allerdings nicht mehr so einfach. Gerade bei Sprühdosen brennen sich Fingerabdrücke chemisch in das Metall ein und die einzige Möglichkeit, die Fingerabdrücke zu entfernen, besteht darin, die Oberfläche der Dose mit Schleifpapier zu bearbeiten. Von daher sollte das Material von Beginn an nicht mit bloßen Händen angefasst werden. Zudem solltet ihr euch Klamotten anziehen, die ihr bei Bedarf wegschmeißen könnt. Insbesondere eure Schuhe und eure Jacke bzw. euer Pullover bekommen am meisten Farbe ab. Auch wenn nichts auf den Klamotten zu sehen ist, so werden sich die Farbpigmente in einem größeren Umkreis so verstreuen, dass bei näherer Überprüfung der Klamotten die Farbe nachgewiesen werden kann. Neben den Klamotten ist es ratsam, ein Halstuch und eine Mütze zur Vermummung bei sich zu tragen. Das ist bei Stencilaktionen mehr als ausreichend und sieht nicht übertrieben brachial aus wie z.B. eine Sturmhaube. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass PassantInnen sich zwar umdrehen oder mal stehen bleiben, um sich das Werk mal genauer anzuschauen, jedoch äußerst selten bis nie eingreifen. Gerade eine mehrköpfige Aktionsgruppe sollte sich keine Sorgen machen, von PassantInnen angegriffen zu werden. Die Erfahrungen gehen sogar in die Richtung, dass PassantInnen und gerade jüngere Menschen stehen bleiben und sympathisierend “viel Erfolg” wünschen. Wir möchten das allerdings nicht pauschalisieren, zumal das von Stadt zu Stadt und von Viertel zu Viertel variieren kann. Es gilt stets, auf alles vorbereitet zu sein. Für den Fall der Fälle solltet ihr euch im Vorfeld bereits Treffpunkte und Ersatztreffpunkte überlegen. Vor- und Nachnamen der Beteiligten der Aktionsgruppe sollten untereinander bekannt sein. Auch ist es ratsam, eineN AnwaltIn des Vertrauens vorher festgelegt zu haben, dessen bzw. deren Telefonnummer mensch ebenfalls parat hat. Auch sollte im Vorfeld abgesprochen sein, dass es keine eigenmächtigen Abänderungen des Plans geben darf und sich alle an die Absprachen zu halten haben. Die Aufgabenaufteilung sollte im Vorfeld durchgesprochen und klar sein. Dabei ist es sinnvoll, die Aufgaben so verteilt zu haben, dass alle Beteiligten möglichst in jeden Schritt der Aktion eingebunden worden sind.
4. Punkt- und Streuaktionen
Wenn wir Stencilaktionen im Rahmen einer politischen Kampagne einsetzen, dann können wir die Stencilaktion in zwei Kategorien unterteilen. Dieses sollte bereits vor den ersten Vorbereitungen geklärt sein, da diese unterschiedliche Planungen erfordern.
a.) Die Punktaktion: Zur Planung, Vorbereitung und Durchführung einer Stencilaktion, die auf ein bis wenige Wandbilder konzentriert ist, gehen wir von größeren und aufwendigeren Bildern aus. Diese bedeuten zunächst, dass bei der Materialbeschaffung darauf geachtet wird, dass ausreichend viel Material für Schablonen - d.h. mehrere große Pappen, ausreichend Dosen, etc. - besorgt werden müssen. Auch kann in Erwägung gezogen werden, mit mehreren Ebenen zu arbeiten wie z.B. ein Hintergrund, darauf ein Bild und Parolen. Diese werden auf eigens dafür vorbereiteten Schablonen angefertigt. Auch ist es möglich, mit Schattierungen zu arbeiten. Die Vorbereitung von Bildern, die aus mehreren Ebenen bestehen, entspricht den Arbeitsschritten, die wir unter Punkt 2 aufgelistet haben. Für die Aktion selber werden mindestens drei Personen benötigt, wenn möglich mehr. Dabei gehen wir davon aus, dass ein bis zwei Personen sprühen, sich eine Person um das Anbringen der Schablonen an die Wand kümmert und mindestens eine Person die Aufgabe des/der Spähers/In übernimmt. Das hat folgende Gründe: Bei einem Bild mit z.B. den Maßen 2x4 Metern dauert es um ein Vielfaches länger die Schablonen richtig zu platzieren und die Flächen auszusprühen. Aus diesem Grund ist es sicherer, eineN SpäherIn mit einzuplanen. Bei großen Schablonen ist es hilfreich, Klebeband dabei zu haben, um sie an mehreren Stellen an der Wand befestigen zu können. Die Punktaktion hat den Vorteil, in kürzester Zeit große und auffällige Wandbilder zu machen. Sie fallen enorm auf und machen die Bevölkerung aufgrund ihrer Größe und Ästhetik auf die politischen Inhalte unserer Kampagnen aufmerksam. Wegen des Aufwands und des höheren Risikos ist es nicht möglich, solche Wandbilder in einer größeren Region zu streuen, sondern an vorher gut ausgekundschafteten und festgelegten Punkten zu platzieren.
b.) Die Streuaktion: Der Planungs- und Vorbereitungsaufwand sowie das Risiko bei Streuaktionen ist im Vergleich zur Punktaktion etwas geringer. Zunächst sind es in der Regel Schablonen im Format DinA3, maximal DinA2, die wir hierbei einsetzen. Die unter Punkt 2 bereits erwähnten Folien stellen für diesen Anspruch das perfekte Material in Größe und Stabilität dar. Politische Inhalte und bildliche Motive einer Kampagne können hierbei in komprimierter Form verkürzt auf den DinA3 Folien angebracht werden. Dabei ist es möglich - für den Fall, dass die Aktionsgruppe aus mehr als drei Personen besteht - mehrere Exemplare einer Schablone zu erstellen und in mehreren Kleingruppen bestehend aus jeweils zwei Personen loszuziehen. Werden im Vorfeld einer Punktaktion ein bis wenige Aktionsorte bestimmt, so werden bei Streuaktionen mehrere Routen bestimmt und unter den Gruppen aufgeteilt. Da das Anbringen und Sprühen einer Schablone eine Sache von Sekunden ist, können ganze Straßenzüge und Blocks innerhalb weniger Stunden mit Bildern versehen werden. Während sich Wandbilder der Punktaktion durch ihre Größe und Ästhetik auszeichnen und auffallen, prägen kleine Wandbilder, die weit gestreut wurden, ganze Viertel durch ihre Anzahl und Häufigkeit.
5. Die Nachbereitung
Nach der Aktion sollte ein Treffen für eine angemessene Nachbereitung abgehalten werden, wo alle Schritte nochmals durchgegangen werden. Sowohl positive als auch negative Erfahrungen sollten dabei reflektiert und Antworten auf die Fragen “hat die Aktion ihr Ziel erreicht”, “lief alles nach Plan”, “welche Fehler haben wir gemacht” und “was hat uns die Aktion gelehrt” sollten kollektiv beantwortet werden, damit auch gemachte Fehler eine Lektion und somit einen Nutzen für uns darstellen können.
Wir haben versucht, mit dieser Handlungsanleitung, was auch einen Teil der Ergebnisse unserer eigenen Nachbereitungen wiedergibt, unser Wissen und unsere Erfahrungen weiterzuvermitteln. Mit Sicherheit gibt es weitere Erfahrungswerte, die von anderen StencilaktivistInnen gesammelt wurden und in diesem Beitrag unreflektiert blieben. Allerdings sind auch wir stetig am Lernen. Bezüglich der in den Beitrag eingearbeiteten Sicherheitshinweise möchten wir nachträglich sagen, dass wir aufgrund der Bandbreite des Themas einiges aussparen mussten und verweisen deshalb auf Texte mit explizitem Bezug auf “Antirepression” und “Sicherheitsmaßnahmen”, die in älteren Ausgaben dieser Zeitung veröffentlicht wurden und in den kommenden Ausgaben mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls enthalten sein werden.
aktionsgruppe - militantes propaganda netz (mpn)
Revolutionäre Linke [RL]
Quelle: radikal 161, Sommer 2009, Seite 16-22
http://home.arcor.de/radi161/texte/miliprop.html