Terror, -Kriminalität und Widerstand

Was kein Terrorismus ist, hat der BGH festgestellt. Aber was Terrorismus ist, darauf möchte sich lieber niemand festlegen. Kommentar von Thomas Uwer

Über Terrorismus lässt sich herrlich plaudern. Vor allem über seine Ursachen. Man braucht nämlich nicht Naomi Klein zu heißen oder in der Volxküche den Reis für die Soligruppe anbrennen zu lassen, um zu wissen, woher das kommt mit dem Terror. Die Ursachen des Terrorismus »liegen in gewissen Widersprüchen unserer hochindustrialisierten Gesellschaft«, sagte schon »Kommissar Computer« Horst Herold. »Wenn wir in vollen Zügen den Wohlstand genießen, so doch nur deshalb, weil ihn andere zu Millionen und Milliarden nicht haben.« Und wenn man den Terror bekämpfen will, wusste Alfred Dregger, dann nur durch die »Bekämpfung der politischen Ursachen des Terrorismus«. Was auch die Globalisierungskritiker der alten Schule allerdings nie recht beantworten konnten, das war die Frage, was Terrorismus denn überhaupt ist.

Wohl deshalb wurde bereits damals wie auch heute so gerne über seine Ursachen parliert. Denn dass der sunnitische Freischärler, der sich in einem Bagdader Restaurant in die Luft sprengt, weil dort Alkohol, und das womöglich auch noch an Frauen, ausgeschenkt wird, im eigentlichen Sinne nur ein Getriebener der Verhältnisse sei, glauben über alle konfessionellen, regionalen und Klassengrenzen hinweg in Deutschland ohnehin fast alle. Auch die Qassam-Raketen der Hamas werden ja nur deshalb abgefeuert, weil die Israelis eine Mauer in den Weg gestellt haben. Wer dennoch Wert auf Distink­tion legt, der nennt die Killer einfach »Widerstand« oder wendet sich an die Rote Hilfe, wo man nicht verstehen kann, warum die Hamas als »terroristisch« gilt, wo sie doch »bei den palästinensischen Parlamentswahlen die Mehrheit der Stimmen erhielt«.

Nun haben die deutschen Globalisierungsgegner vom Stamme der Multitüden, denen die Bundesanwaltschaft die Bildung einer terroristischen Vereinigung anhängen wollte, freilich wenig Aussicht auf einen Wahlsieg. Aber nicht deshalb, sondern weil die ihnen zur Last gelegten Taten für die Bestimmung des Paragrafen 129a nicht ausreichen, hat der Bundesgerichtshof der Generalbundesanwältin die Sache entzogen. Nichts anderes als ein Ermittlungsinstrument war der Paragraf, der die Hindernisse des Strafprozessrechts beim Ausspähen, Abhören und Erpressen jener aus dem Weg räumt, die dem Staat suspekt sind. Wegen weniger als ein paar angezündeter Autos wurde ermittelt und wurden Beschuldigte in Untersuchungshaft genommen.

Meist ausgespart wurden Nazis. Bei denen galt ohnehin, wie das Frankfurter Schwurgericht 1973 kongenial formulierte, dass sie »nicht kriminell sind … Sie handelten in Übereinstimmung mit ihrer Umwelt«. Neonazis beschäftigen in der Regel auch dann nicht die Bundesanwaltschaft, wenn sie organisiert, verabredet und gemeinschaftlich morden.

Der BGH hat also nur festgestellt, was Terrorismus nicht ist. Dass es nicht terroristisch ist, ein paar Autos anzuzünden, liegt auf der Hand. Aber was nun ist Terrorismus? »Rauchverbot ist Terror«, meint der Wirt vom Goldenen Löffel. »Staatsterrorismus!« müsste man hinzufügen. Und woher kommt’s? Von den Verhältnissen natürlich.