»Es gibt nicht nur den einen richtigen Weg«
Die Niederländerin Barbara Smedema über die Zerstörung einer US-Radaranlage und warum sie sich dabei filmen ließ. Die niederländische Anti-Kriegsaktivistin zerstörte 2003 eine Radaranlage der US-Atomwaffenbasis in Volkel. Mit der 37-jährigen Journalistin sprach Haidy Damm.
ND: Sie berichten heute bei der Veranstaltung »Kriegsgerät interessiert uns brennend« von einer Sabotageaktion im Februar 2003. Damals sind Sie auf das Gelände der US-Atomwaffenbasis in Volkel (Niederlande) eingedrungen und haben die Kommunikationsanlage mit einem Hammer auseinandergenommen. Warum?
Smedema: Für mich war das eine Abrüstungsaktion. Die Niederlande haben am Irakkrieg teilgenommen. Die Regierung rechtfertigte ihre Beteiligung mit der Behauptung, Irak besitze Atomwaffen. Heute weiß jeder, Irak hatte keine Atomwaffen, aber in den Niederladen sind welche stationiert. Wie die Vereinten Nationen Irak abrüsten wollen, so wollen wir »unsere« Waffen abrüsten.
Sie haben sich bei der Aktion filmen lassen. Die Bilder gingen noch am gleichen Abend um die Welt. Was waren Ihre Gründe?
Diese Aktion wäre meiner Meinung nach ohne die produzierten Bilder nutzlos gewesen. Die Airbase hätte sie schlicht totgeschwiegen, weil sie keine Öffentlichkeit wollte. Außerdem haben die Bilder andere Menschen motiviert, ebenfalls aktiv zu werden. Viele wussten nicht einmal, dass hier Atomwaffen stationiert sind.
Was passierte im Anschluss, nachdem die Militärpolizei Sie festgenommen hatte?
Ich kam in Untersuchungshaft und sie bereiteten zahlreiche Anklagen gegen mich vor. Die meisten konnten nicht aufrechterhalten werden. Letztendlich wurde ich wegen Sachbeschädigung und Widerstands gegen die Staatsgewalt zu einem Arbeitseinsatz verurteilt, den ich aber wegen der dreimonatigen Untersuchungshaft nicht antreten musste.
Wie reagierte die Öffentlichkeit?
Manche Friedenaktivisten lehnten die Aktion ab, weil sie gewalttätig war. Andere Leute wiederum fanden die Aktionsform nicht richtig, weil sie offen war. Viele Menschen aber waren begeistert und unterstützten mich, nicht nur Friedensaktivisten, auch ganz normale Bevölkerung und sogar einige, die im Justizministerium arbeiten.
Sie haben verschiedene Aktionsformen in Ihrem Leben ausprobiert. Finden Sie es heute besser, öffentlich statt klandestin zu agieren?
Ich glaube tatsächlich, dass es besser ist, offen zu agieren. Aber es kommt auch darauf an, was man erreichen will. Wenn man sich beispielsweise Dokumente aneignen will, die Waffenbestände bestätigen, kann das schlecht öffentlich geschehen. Aber wenn man konkret abrüsten und auch darüber debattieren möchte, ist es besser, das auch öffentlich zu machen.
In Berlin sind im Juli 2007 vier Menschen festgenommen worden. Drei von ihnen wird vorgeworfen, versucht zu haben, Bundeswehrfahrzeuge anzuzünden. Was denken Sie darüber?
In den Niederlanden haben wir die gleiche Debatte über Aktionsformen. Ich finde es wichtig, dass die Aktionsform sich »richtig« anfühlt in der jeweiligen Situation und in der Auseinandersetzung mit dir selber, ob du dafür ins Gefängnis gehen würdest. Meiner Meinung nach sind offene Aktionen effektiver, weil man darüber kommunizieren kann. Und ganz persönlich denke ich, wenn es um Feuer geht, ist die Verantwortung extrem hoch, dass niemand verletzt wird. Aber generell würde ich sagen: Es gibt nicht nur den einen richtigen Weg, aktiv zu werden.
Die Veranstaltung »Kriegsgerät interessiert uns brennend« findet diesen Samstag um 18 Uhr im Statthaus Böcklerpark in Berlin statt. Sie soll ein Solidaritätsbeitrag zu den laufenden Verfahren nach Paragraph 129 und 129a sein. Die Veranstalter wollen mit internationalen AktivistInnen die Möglichkeiten praktischer Abrüstung in verdeckten und offenen Formen diskutieren. »Außerdem wollen wir die Verfolgung von AntimilitaristInnen thematisieren. Der Umgang mit Sabotage- und Blockadeaktionen scheint uns in Europa sehr unterschiedlich«, so Maria B. vom Vorbereitungskreis. Die Berliner CDU hatte im Vorfeld versucht, die Veranstaltung zu verbieten. Innensenator Körting (SPD) sah jedoch keine rechtliche Handhabe, sagte aber zu, »die Veranstaltung sehr genau zu beobachten«. HD