Monika Harms in der Kritik. Opposition schießt Bundesanwältin an
Nachdem der Bundesgerichtshof Harms für die Razzien gegen G-8-Gegner abgewatscht hat, fordern Grüne und Linke personelle Konsequenzen.
Der Bundesgerichtshof hat sie in Sachen G-8-Ermittlungen für "nicht zuständig" erklärt. Foto: dpa
Politiker von Bündnis 90/Die Grünen und der Linken haben Generalbundesanwältin Monika Harms scharf kritisiert. Für die wiederholte rechtswidrige Praxis der Bundesanwaltschaft trage Harms die "politische Verantwortung", sagte der grüne Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele am Sonntag. Mit "demonstrativen Propagandaaktionen" habe die Bundesanwaltschaft das politische Ziel verfolgt, "den Widerstand gegen G 8 in eine terroristische Ecke zu drängen".
Dem habe der Bundesgerichtshof (BGH) nun erneut einen Riegel vorgeschoben. "Es stellt sich die Frage nach personellen Konsequenzen", sagte Ströbele. Wolfgang Neðkovic, rechtspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der Linken, sagte: "Der Ruf der Bundesanwaltschaft hat unter der CDU-Generalbundesanwältin Harms extrem gelitten." Die Generalbundesanwältin scheine von einem "ideologischen Übereifer getrieben" zu sein, "der dazu führt, dass Menschen mit unrechtmäßigen Zwangsmaßnahmen überzogen werden".
Am Freitag hatte der Staatsschutzsenat des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe die bundesweite Großrazzia der Bundesanwaltschaft unter Gegnern des G-8-Gipfels in Heiligendamm für rechtswidrig erklärt. Die Bundesanwaltschaft sei für die Aktion am 9. Mai 2007 "nicht zuständig" gewesen, urteilten die Richter, weil die beschuldigten Globalisierungsgegner keine terroristische Vereinigung gebildet hätten. Mit dieser Begründung hatte die Bundesanwaltschaft gegen 18 Gipfelgegner ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Bei der Razzia hatten 900 Polizisten 40 Objekte in mehreren Bundesländern durchsucht und Computer und schriftliche Unterlagen beschlagnahmt. Die Aktion löste Protestdemonstrationen in mehreren Städten aus.
Politiker der großen Koalition haben das Vorgehen der Bundesanwaltschaft verteidigt. "Die Bundesanwaltschaft hatte damals gute Gründe für ihre Maßnahmen und musste eine schwierige Abwägungsentscheidung treffen", sagte SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz. Er könne nicht erkennen, "dass man der Behörde Fahrlässigkeit oder Scharfmacherei vorwerfen kann". Auch Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) wies die Kritik zurück. "Die Bundesanwaltschaft hat im zeitlichen Zusammenhang mit dem G-8-Gipfel die Gefahren ernst genommen." Daraus könne man ihr keinen Vorwurf machen. Vertreter des globalisierungskritischen Netzwerks Attac begrüßten die Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Der BGH habe "die Generalbundesanwältin zurückgepfiffen" und dem Innenminister, der keine Gelegenheit auslasse, Bürgerrechte zu beschneiden, "eine wichtige Nachhilfestunde gegeben", sagte Sabine Zimpel aus dem Attac-Koordinierungskreis. Attac fordert, dass der Strafrechtsparagraf 129 a abgeschafft wird. Er werde regelmäßig missbraucht, "um politisches Engagement zu diskreditieren und mit Polizeigewalt Kritiker einzuschüchtern". Außerdem müssten die von den Razzien Betroffenen entschädigt werden. Die Bundesanwaltschaft hat indes angekündigt, dass sie das Verfahren nun an die zuständige Landesstaatsanwaltschaft abgeben werde. "Das wird voraussichtlich Hamburg sein", sagte eine Sprecherin der Behörde.
Der Beschluss des BGH ist seit wenigen Monaten der dritte, dem sich Harms beugen muss. Im Oktober 2007 wurde der Haftbefehl gegen den Soziologen Andrej H. aufgehoben. Es bestehe kein dringender Verdacht, dass er Mitglied einer terroristischen Vereinigung war. Wenige Wochen später stufte der BGH die "militante gruppe" aus Berlin von einer terroristischen zu einer kriminellen Vereinigung zurück.