Fehler nach Plan

Rechtsbeugung von ganz oben – anders kann man es kaum nennen, was sich Generalbundesanwältin Monika Harms (CDU) im Vorfeld des G-8-Gipfels geleistet hat. Was wurde damals Alarm geschlagen und Terrorhysterie verbreitet! Und das, nur um zu rechtfertigen, daß polizeiliche Rollkommandos im Mai vorigen Jahres bundesweit in linke Büros und Wohnprojekte einbrachen, Computer beschlagnahmten und sogar Geruchsproben entnahmen. Auftraggeberin: Monika Harms.

Von Ulla Jelpke

Die hat nun eine schallende Ohrfeige vom Bundesgerichtshof (BGH) bekommen. Der gab am Freitag seine Bewertung bekannt: Erstens hat es zu keinem Zeitpunkt die von Harms konstruierte »terroristische Vereinigung« von Gipfelgegnern gegeben. Zweitens hat es noch nicht einmal eine »einfache« kriminelle Vereinigung gegeben, die das Tätigwerden der Bundesanwaltschaft (BAW) hätte rechtfertigen können. Drittens haben die Richter »nachhaltige Zweifel« geäußert, daß die betroffenen Aktivisten überhaupt irgendeine »Vereinigung im strafrechtlichen Sinne« gegründet hatten.

Das heißt im Klartext: Die Durchsuchungen waren rechtswidrig. Frau Harms hat sich unberechtigt eine Verfolgungskompetenz angemaßt, die ihr gar nicht zukam.

Die CDU-Hardlinerin bewegt sich des öfteren am Rande der Legalität und ist bekannt dafür, linke Gruppen zu verfolgen. Für die G-8-Razzien wurde sie im Oktober 2007 mit dem Negativpreis Big Brother Award »ausgezeichnet«. Erst vor wenigen Monaten scheiterte sie ebenfalls beim BGH mit dem Versuch, die »militante gruppe« als terroristische Vereinigung einzustufen. Der BGH hob die Haftbefehle gegen mutmaßliche Mitglieder der »mg« auf.

In beiden Fällen liegt es auf der Hand, daß es den Behörden überhaupt nicht um die Jagd auf vermeintliche »Terroristen« in der globalisierungskritischen Bewegung ging. Es ging vielmehr darum, die Szene zu durchleuchten und im Vorfeld des G-8-Gipfels für Eskalation zu sorgen. Die Bewegung sollte in der Öffentlichkeit diskreditiert werden. Die Razzien waren kein Fehler, sondern geplante Rechtswidrigkeiten.

Im nachhinein ist dieser Versuch nun zurückgewiesen worden – der Skandal aber bleibt, daß unliebsame Bewegungen aus politischer Willkür heraus mit Terrorvorwürfen überzogen werden. Das macht Frau Harms als Generalbundesanwältin untragbar.

Aber auch der BGH muß sich an die eigene Nase fassen: Zwar ist es erfreulich, daß er einer ausufernden Anwendung des Paragraphen 129a erneut entgegengetreten ist. Es stellt sich aber dennoch die Frage, warum der Ermittlungsrichter am BGH sich die Beweislage nicht genauer angesehen hat, bevor er die Genehmigung für Großrazzien erteilte. Erst jetzt, also nach Monaten, sind diese Fehlentscheidungen aufgehoben worden. Nicht nur bei Frau Harms, auch beim BGH müssen nun Konsequenzen gezogen werden.