Linke Verfassungsfeinde, Kriminell oder terroristisch?
Wir sind geneigt, bei der Bekämpfung von Verfassungsfeinden den Fokus vor allem auf Islamisten und Rechtsextremisten zu richten. Das hat triftige sicherheitspolitische Gründe. Es wäre jedoch leichtsinnig, den Linksextremismus zu vernachlässigen. Ein aktueller Beschluss des BGH hat jetzt den Blick auf die sogenannte Militante Gruppe (MG) gelenkt - eine Organisation gewaltbereiter Linksextremisten. Das Gericht verwarf zwar die Einschätzung der Ermittler, es handle sich bei der MG um eine terroristische Vereinigung, und stellte das Verfahren nach § 129 a StGB gegen mehrere Verdächtige ein. Aber ist dies ein Grund zur Entwarnung?
Die Antwort lautet klar Nein! Nach allem, was wir wissen, handelt es sich bei der MG um hochgradig konspirative und ideologisierte Untergrundaktivisten, die sich zu rund zwei Dutzend Brandanschlägen mit Schwerpunkt Berlin bekannt haben. Angriffsziele waren unter anderem Polizei-, und Ordnungsämter, aber auch Gerichte und Privatbetriebe. Menschen wurden bislang verschont. Das kann aber kein ernsthafter Grund zur Beruhigung sein. Gerade die jüngste Geschichte des deutschen Linksterrorismus zeigt: Der Weg vom Brandanschlag auf ein Kaufhaus zum mörderischen Stadtguerilla-Konzept ist nicht weit. Wehret den Anfängen! - dieses Credo einer wachsamen Demokratie muss auch gegenüber Linksextremisten gelten.
Zudem zeigt der Beschluss des BGH eindringlich, wie verhängnisvoll sich die Liberalisierung des Staatsschutzrechts durch die rot-grüne Bundesregierung auswirkt. Die Richter geben zwar zu bedenken, die Taten der MG seien "potenziell terroristische Delikte". Aber durch die Novellierung des Terrorismusparagrafen 129 a StGB im Jahr 2003 wurde der Anwendungsradius der Norm so eingeengt, dass der BGH nur noch den Weg zuließ, die MG als kriminelle Vereinigung einzustufen. War § 129 a StGB vor seiner Neufassung noch ein wirksames Schwert des Rechtsstaates, so ist er mittlerweile weich geklopft.
Selbst eine wirksame Bekämpfung islamistischer Dschihadisten ist nur begrenzt möglich. Denn die Entkernung der Norm hat auch dazu geführt, dass die reine Sympathiewerbung für eine terroristische Vereinigung nicht mehr strafbar ist - worüber sich islamistische Hasspropagandisten im Internet nur freuen können! Im Interesse unserer Sicherheit gibt es nur eine Schlussfolgerung: § 129a StGB muss wieder zu einer praxistauglichen Bestimmung des wehrhaften Rechtsstaates werden.
Der Autor ist Innenminister im Bundesland Niedersachsen