Terrorismusbekämpfung
Bundesanwalt bezweifelt Sinn von Online-Razzien
Als dringend notwendig im Kampf gegen den Terror hat Generalbundesanwältin Harms die politisch umstrittene Online-Durchsuchung stets erachtet. Nun befindet ihr Stellvertreter: Die vermeintliche Wunderwaffe sei nahezu wirkungslos.
Karlsruhe - Der stellvertretende Generalbundesanwalt Rainer Griesbaum hat Bedenken gegen das geplante BKA-Gesetz geäußert. Auf einer Tagung in Triberg sagte Griesbaum heute: "Der Ruf nach der Online-Durchsuchung geht oft ins Leere."
In der Praxis sei es häufig nicht möglich, Computer heimlich zu durchsuchen. Denn die Verdächtigen wechselten ständig ihre Laptops und betrieben ein regelrechtes "Call-Shop-Hopping", so Griesbaum. Dass Straftaten mittels Online-Durchsuchung aufgedeckt oder vereitelt würden, bilde eher die Ausnahme.
Online-Durchsuchungen seien daher aus seiner Sicht kein "Wundermittel", so Griesbaum. Statt eine "verfehlte" und oberflächliche Diskussion darüber zu führen, sollte man eher Ressourcen für die wirksamere Nutzung traditioneller Ermittlungsmethoden schaffen, sagte Griesbaum bei der Konferenz des baden-württembergischen Justizministeriums. Er plädierte dafür, die Sicherheitsbehörden ausreichend auszustatten, um etwa die Ergebnisse einer normalen Hausdurchsuchung sofort auszuwerten.
Laut Angaben des Leiters der Karlsruher Terrorismusabteilung hat die Bundesanwaltschaft in der Vergangenheit nur in zwei Fällen eine heimliche PC-Durchsuchung von Verdächtigen beantragt. Der Bundesgerichtshof hatte die Online-Durchsuchung wegen fehlenden gesetzlichen Grundlagen untersagt.
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und der Chef des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, haben wiederholt ein Gesetz gefordert, das die Durchsuchung der Festplatte im laufenden Computer-Betrieb ermöglicht. Und auch Generalbundesanwältin Monika Harms hatte sich in der Vergangenheit für die virtuelle Razzia ausgesprochen. Die Methode sei ein wirksames Mittel vor allem im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus.
Mit dem BKA-Gesetz würde die Bundespolizei erheblich mehr Kompetenzen in der Terrorprävention erhalten. Damit bestehe die Gefahr, dass die Staatsanwaltschaften über die polizeilichen Ermittlungen informiert würden, kritisierte Griesbaum.
Die Staatsanwaltschaften hätten aber darüber zu entscheiden, wann noch präventiv polizeilich beobachtet werde und wann ein förmliches Ermittlungsverfahren beginne. "Das Entscheidungsmonopol der Staatsanwaltschaften muss gewahrt werden", sagte der Abteilungsleiter der Bundesanwaltschaft.