Bundesgerichtshof beanstandet bisherige Praxis - Vertraulichkeit muss gewahrt bleiben

Polizei darf Post in Briefzentren nicht durchsuchen

Karlsruhe (AP) Polizeibeamte dürfen nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes in Briefzentren nicht selbst nach Bekennerschreiben suchen. Diese Aufgabe müsse den Postbediensteten überlassen werden, um die Vertraulichkeit des übrigen Postverkehrs zu sichern, entschied ein Karlsruher Ermittlungsrichter. Die Angestellten müssten verdächtige Briefe der Staatsanwaltschaft oder dem Richter aushändigen.

Mit der am Freitag bekanntgewordenen Entscheidung wurde eine Durchsuchungsaktion der Polizei vom Mai 2007 in Hamburg beanstandet. Damals suchten 16 Polizeibeamte nach einem Bekennerschreiben der linksextremen Militanten Gruppe, nachdem ein Brandanschlag auf das Auto des «Bild»-Chefredakteurs Kai Diekmann verübt wurde. Die Aktion wurde später erfolglos eingestellt.

Die Bundesanwaltschaft erklärte, sie nehme die Entscheidung zur Kenntnis. Die Beanstandung des Ermittlungsrichters im Hamburger Fall aber keine Konsequenzen. Allerdings ist die Beschlagnahme durch die Polizei bislang übliche Praxis. Kürzlich wurde bekannt, dass die Bundesanwaltschaft zwei an Berliner Zeitungen gerichtete Bekennerschreiben der Militanten Gruppe in einem Briefzentrum abfing und beschlagnahmte. Auch in diesem Fall untersuchten Polizeibeamte die Post auf verdächtige Schreiben.
Ob die Bundesanwaltschaft diese Praxis ändert, war am Freitag noch offen. Denn bei dem Beschluss handelt es sich nur um eine rechtliche Anmerkung. Gegen die Postdurchsuchung in Hamburg hatte sich ein Anwalt beschwert. Er machte geltend, er könne als Postkunde von der Durchsuchung betroffen gewesen sein. Diese Beschwerde hielt der Ermittlungsrichter wegen der nur mittelbaren Betroffenheit des Anwalts für unzulässig. Damit ist die Beschwerde formal abgelehnt.

Der Ermittlungsrichter nahm den Fall aber zum Anlass, die Durchführung der Postkontrolle durch Polizeibeamte zu beanstanden. Die Gesetzesvorschriften verlangten, dass die Postdurchsuchung von den Bediensteten vorgenommen werde. Die Humanistische Union begrüßte die Entscheidung und forderte, die Praxis sofort einzustellen.