Exterrorverdächtige sind frei. Nach BGH-Entscheidung zum Terrorparagrafen 129a wollen ihn Kritiker abschaffen
Die drei mutmaßlichen Mitglieder der "militanten gruppe" (mg) sind frei. Florian L., Oliver R. und Axel H. sind am Donnerstag auf Kaution aus der Untersuchungshaft entlassen worden.
Im Juli hatte die Polizei die drei Berliner festgenommen, weil sie versucht hätten, mehrere Laster der Bundeswehr in Brand zu setzen. Die Bundesanwaltschaft berief sich dabei auf den Paragrafen 129a: Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung.
Nach vier Monaten Untersuchungshaft hatte der Bundesgerichtshof jedoch am Mittwoch entschieden, dass die mg nicht als terroristische, sondern nur als kriminelle Vereinigung einzustufen sei - eine Grundsatzentscheidung für den Umgang mit dem Paragrafen 129a (siehe taz vom Mittwoch).
Während den Verdächtigen bei einer Verurteilung als Terroristen bis zu zehn Jahren Haft gedroht hätten, müssten sie jetzt mit höchstens fünf Jahren Freiheitsentzug rechnen, vielleicht nur mit einer Geldstrafe, sagte der Rechtsanwalt von Florian L., Ulrich von Klinggräff. Daher sei die Fluchtgefahr so gering, dass sich das Gericht entschieden habe, die drei auf freien Fuß zu setzen.
Die BGH-Entscheidung nannte Klinggräff "längst überfällig". Das Urteil sei eine "Klatsche für die Bundesanwaltschaft", die hartnäckig versuche, die Gesetzänderung von 2003 zu umgehen. Damals hatte die rot-grüne Bundesregierung eine Klausel eingeführt, wonach eine Vereinigung die Bundesrepublik "erheblich" schädigen muss, um als terroristisch zu gelten. "Dieser Tatbestand lag bei sauberer juristischer Arbeit von Anfang an nicht vor", sagte Olaf Franke, der Anwalt von Oliver R.
Nach Ansicht von Volker Eick vom Solidaritätsbündnis "Sofortige Einstellung" ist der finanzielle und berufliche Schaden der Beschuldigten kaum wieder gutzumachen. Immerhin hätten einige durch die "Propaganda der Bundesanwaltschaft" Arbeitsplatz oder in Aussicht gestellte Jobs verloren. Den Beschluss sieht er als Beleg, dass der Paragraf 129a abgeschafft gehöre.
Die Freilassung ist nur ein Etappensieg für die Anwälte. Sie rechnen damit, dass die Bundesanwaltschaft für das Verfahren zuständig bleibt. SARAH STRICKER