Terrorverdächtige wieder frei

Solidaritätskomitee forderte Abschaffung des »Ausforschungsparagraphen« 129a
Von Nick Brauns

Axel H., Florian L. und Olli R. sind frei. Gegen jeweils 30000 Euro Kaution konnten die Antimilitaristen nach vier Monaten Untersuchungshaft am Donnerstag das Gefängnis Berlin-Moabit verlassen. Am Vortag hatte der Bundesgerichtshof (BGH) den Haftbeschwerden stattgegeben und klargestellt, daß der den Beschuldigten angelastete Brandanschlag auf parkende Bundeswehrlastwagen nicht als Terrorismus im Sinne des Strafrechtsparagraphen 129a zu werten sei. Weiterhin wird gegen die mutmaßlichen Mitglieder der»militanten gruppe« (mg) wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung laut Paragraph 129 STGB ermittelt. Da bei diesem Vorwurf eine wesentlich geringere Strafe droht, wurden die Haftbefehle wegen fehlender Fluchtgefahr gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt.

Es handle sich um eine »sehr grundsätzliche Entscheidung des BGH »zur Klarstellung der im Jahr 2003 veränderten Norm des Paragraphen 129a, betonte Ulrich von Klingräff, der Verteidiger von Florian am Donnerstag auf einer Pressekonferenz im Berliner »Haus der Demokratie und Menschenrechte«. Der Terrorismusparagraph mit seinen zahlreichen Sondervollmachten für die Ermittler dürfe nur Anwendung finden, wenn es sich um die im Gesetzestext genannte erhebliche Gefährdung eines Staates handle. Damit sei Versuchen von Generalbundesanwältin Monika Harms ein Riegel vorgeschoben worden, hinter diese Änderung von 2003 zurückzufallen.

Den Akten sei zu entnehmen, daß zahlreiche Erkenntnisse des Verfassungsschutzes in die Ermittlungen eingeflossen seien. »Wir wissen allerdings nicht, wie vollständig unsere Akten sind«, äußerte der Verteidiger von Oliver R., Olaf Franke. Er habe jedenfalls den den Verdacht, daß nicht alle der Bundesanwaltschaft vorliegenden Informationen an die Verteidigung weitergegeben wurden.

Volker Eick von der Solidaritätsgruppe mit den 129a-Angeklagten wies auf die erheblichen persönlichen Nachteile hin, die den drei Verfolgten durch die unzulässige Haft entstanden sei. So hat einer von ihnen seinen Arbeitsplatz verloren, bei einem weiteren wurde aufgrund der öffentlichen Terroristenhetze eine Jobzusage wieder zurückgezogen.

Im Namen der Solidaritätsgruppe kritisierte Maria Müller die vom BGH aufrechterhaltene Kriminalisierung antimilitaristischen Widerstands. »Wir protestieren gegen die Unverhältnismäßigkeit dieser Entscheidung, dagegen, daß eine direkte Aktion des aktiven Abrüstens -- der Versuch, Kriegsmaterial unschädlich zu machen -- als Verbrechen, als krimineller Akt eingestuft wird.«

Einig war sich Rechtsanwalt Klingräff mit den Aktivisten des Solidaritätskomitees, daß der Paragraph 129a als »elender Schnüffel- und Ausforschungsparagraph« abgeschafft gehört. Daß diese Problematik in einer weiteren Öffentlichkeit diskutiert, sei eine positive Folge des mg-Verfahrens.