BGH-Urteil zu „Militante Gruppe“„Keine terroristische Vereinigung“

Der Bundesgerichtshof hat die Haftbefehle gegen mutmaßliche Mitglieder der „Militanten Gruppe“ gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Obwohl die Tätigkeit der Gruppe darauf ausgerichtet sei, Brandanschläge gegen Gebäude und Fahrzeuge staatlicher Institutionen sowie privater Unternehmen zu begehen, könne sie nicht als terroristische Vereinigung eingestuft werden. Die Männer waren festgenommen worden, als sie nach Ansicht der Ermittler versuchten, drei Lastwagen der Bundeswehr anzuzünden.
Von Reinhard Müller, Karlsruhe

Zwar handelt es sich bei den Taten nach dem Beschluss der Karlsruher Richter um „potentiell terroristische Delikte“. Doch sei – seit der Neufassung der Terrorismus-Vorschrift des Strafgesetzbuchs im Jahr 2003 – die Beteiligung an einer Organisation, die auf die Begehung solcher Straftaten ausgerichtet sei, nur noch dann als Terrorismus strafbar, wenn die Taten dazu bestimmt sind, bestimmte staatsgefährdende Ziele zu erreichen.

„Wie viele Autos müssen eigentlich brennen?“
Darüber hinaus ist Voraussetzung für die Strafbarkeit, dass die Taten „durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen“ können. Das führe im Fall der „Militanten Gruppe“ dazu, dass sie lediglich als kriminelle Vereinigung angesehen werden könne; denn die von ihr schon begangenen und beabsichtigten Taten seien „nicht geeignet, die Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Gesetzes erheblich zu schädigen“ (Aktenzeichen StB 43/07).

Der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jürgen Gehb (CDU), bezeichnete die Entscheidung als Folge des rot-grünen „Entkriminalisierungswahns“. Die damalige Gesetzesänderung „war ein ganz großer Fehler“, sagte Gehb der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am Mittwoch und forderte die Wiederherstellung des alten Rechtszustands.

Er kritisierte in diesem Zusammenhang auch die von Bundesjustizministerin Zypries (SPD) geplante Vorschrift zur Strafbarkeit des Besuchs terroristischer Ausbildungslager, der eine bestimmte Absicht der Täter voraussetzt. „Manchmal hat man den Eindruck, hier soll die Bestrafung von Tätern verhindert werden“, sagte Gehb. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs sei insofern folgerichtig. Doch, so fragte Gehb weiter, „wie viele Autos müssen eigentlich brennen, bevor man sich wegen Terrorismus strafbar macht?“