G8-Gegner und Rote Flora heimlich verwanzt?
Auf Veranlassung der Bundesanwaltschaft (BA) sollen mehrere Wohnungen einen Monat lang heimlich verwanzt worden sein, so der Hamburger Rechtsanwalt Andreas Beuth. Telefonate und private Gespräche seien aufgezeichnet worden. Beuth: "Ein großer Lauschangriff, der sich nahtlos in eine Kette überzogener Maßnahmen einreiht." Laut Beuth steht die BA zudem im Gerichtsverfahren, das derzeit beim Bundesgerichtshof anhängig ist, "unmittelbar vor einer schweren Schlappe".
Nach mehreren Anschlägen auf Häuser und Autos von Persönlichkeiten aus Politik und Industrie hatte die Bundesanwaltschaft Wohnungen und den Autonomen-Treff Rote Flora durchsuchen lassen. Verdächtige wie der Hamburger Altlinke Fritz S. (68) mussten DNA- und Geruchsproben abgeben. Die Anklagebehörde vermutete, dass ein Netzwerk hinter den Anschlägen steckte. Sie leitete ein Verfahren wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung (Ý 129 a StGB) ein. Im Rahmen der Ermittlungen, das bestätigte die Bundesanwaltschaft drei Hamburger Anwälten, sind offenbar Abhöranlagen installiert worden. Am 9. Mai sollen die Wanzen heimlich ein, am 8. Juni heimlich wieder ausgebaut worden sein. Laut den Anwälten habe die BA auch versucht, die Rote Flora zu verwanzen. Davon habe man aber "aufgrund der Sensibilität des dort verkehrenden Publikums" Abstand genommen. Laut Anwalt Beuth könnten gleichwohl bei der Razzia in der Flora Überwachungsanlagen eingebaut worden sein. Beuth: "Unter dem Deckmantel der Terrorabwehr werden die Betroffenen bis in die Privaträume bespitzelt. Die BA hat versucht, eine totale Kontrolle aufzubauen." G8-Gegner hatten schon kurz nach der Razzia ihrem Unmut Luft gemacht: Die Ermittler hätten Kritiker vor dem Gipfel mundtot machen, sie quasi präventiv in Sippenhaft nehmen wollen.
Der Bundesgerichtshof, bei dem die Verfahren gegen die damals inhaftierten G8-Gegner derzeit anhängig sind, hat laut Beuth am 22. Oktober erste Tendenzen zur Wertung der Straftatbestände abgegeben. Demnach sehen die Richter den Straftatbestand des Ý 129 a bei den einzelnen Taten als nicht erfüllt. Brandstiftungen an Kraftfahrzeugen und das Besprühen von Gebäuden seien keine Straftaten, die dazu bestimmt sind, die bestehende Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung zu erschüttern. Die Sprecher der BA sagen zu den aktuellen Entwicklungen nur so viel: "Zu laufenden Verfahren nehmen wir keine Stellung. Es ist richtig, dass der Bundesgerichtshof voraussichtlich bald über die Beschwerden der Verteidiger zu entscheiden hat. Wir werden sehen, was dabei herauskommt."