Freiheit für Florian, Axel und Oliver


Wieweit zu sabotieren ist, steht in der Entscheidung der Gruppe, des Augenblicks, der Konstellation, das erörtert man nicht theoretisch. Aber das Recht zum Kampf, das Recht auf Sabotage gegen den infamsten Mord: den erzwungenen - das steht außer Zweifel. Und, leider, außerhalb der so notwendigen pazifistischen Propaganda. Mit Lammsgeduld und Blöken kommt man gegen den Wolf nicht an. (Kurt Tucholsky „Über wirkungsvollen Pazifismus", 1927)

Freiheit für Florian, Axel und Oliver

Die Anfänge der Autonomen werden oft mit den Protesten gegen das erste öffentliche Rekrutengelöbnis der Bundeswehr im Bremer Weserstadion im Mai 1980 verbunden, als es zu Straßenschlachten kam, Pflastersteine und Molotow-Cocktails flogen und Militärfahrzeuge in Flammen aufgingen. Antimilitarismus und die Gegnerschaft zur NATO (anlässlich 25-jähriger NATO-Mitgliedschaft fand das Rekrutengelöbnis statt) war für die autonome Bewegung konstituierend. Diese Themen blieben auch zukünftig Themen der Autonomen.

Krieg dem Krieg

Die autonome Bewegung kommt aus der 1968er-Revolte, wie Geronimo in seinem Frühwerk „Feuer und Flamme" fundiert ausführt. Schon die Studentenbewegung zeichnete sich durch teils militante Proteste gegen imperialistische Kriege aus, vor allem gegen den US-amerikanischen Krieg in Vietnam. Der SDS startete 1968 eine Bundeswehrkampagne. In den Jahren um 1970 gab es wiederholt Anschläge gegen Einrichtungen des US-Militärs und der Bundeswehr sowie deren Fuhrpark. In Vietnam und anderen Trikont-Ländern kämpften bewaffnete Befreiungsbewegungen. Alle im SDS diskutierten damals über den bewaffneten Kampf. Einige nahmen ihn in den kommenden Jahren auf und praktizierten das aus Lateinamerika stammende Konzept Stadtguerilla. Bis in die 1990er waren eine fünfstellige Zahl von Menschen wegen Mitgliedschaft, Unterstützung und Werbung für die Rote Armee Fraktion (RAF) im Visier der staatlichen Repressionsbehörden. Ermittelt, angeklagt und verurteilt wurde auf Grundlage des §129a StGB. Die Autonomen hatten ein zwiespältiges Verhältnis zur RAF und teilten nicht alle deren Mittel und Wege. Eins war jedoch immer klar: Die Aktivist/innen der RAF sind Genoss/innen. Wenn sie im Knast landen, ist man solidarisch. Dass die Gemeindienste ihren riesigen Apparat inzwischen auch zur Aufklärung von Brandanschlägen autonomer Gruppen einsetzen, ist nur möglich, weil es die RAF nicht mehr gibt.

Solidarität ist eine Waffe

Die gesellschaftlichen Verhältnisse haben sich in den vierzig Jahren nach 1968 nicht grundlegend verändert. Dementsprechend finden sich auch die politischen Inhalte und Praxen der 1968er-Revolte zu großen Teilen in den heutigen sozialen Bewegungen wieder. Dazu gehören nicht nur Krieg und Militarisierung, sondern auch Sozialabbau, Sicherheitswahn, Überwachung, politische Repression bis zu institutionellem Rassismus. Allesamt Themen, zu denen die militante gruppe in den letzten Jahren Anschläge verübt hat. Eine Antwort auf die kontinuierlichen militanten Aktionen und Debatten waren die Hausdurchsuchungen vor dem G8-Gipfel im Mai und die Verhaftungen Ende Juli 2007. Als Ausdruck der Solidarität riefen viele auf den spontanen Demonstrationen nach den Durchsuchungen und auf der 2. Juni-Demonstration gegen die G8 die Parole: „Militante Gruppe: Salz in der Suppe". Seit den Verhaftungen Ende Juli 2007 sind viele militante Aktivist/innen vorsichtiger und ihre Anschläge selten geworden. Militante Aktionen werden momentan sehr vermisst, denn die beste Solidarität gegen staatliche Repression ist, das aufzugreifen, was kriminalisiert wird, sowohl inhaltlich als auch praktisch. Solidarität sollte auch als Waffe eingesetzt werden.

Für linke Politik auf militanter Basis

Linke Politik kann Spaß machen und erfolgreich sein. Das haben die Proteste in Rostock und Heiligendamm gezeigt. Der Reiz und der punktuelle Erfolg dieser Proteste lag insbesondere in der Regelverletzung und dem massenhaften Infragestellen des staatlichen Gewaltmonopols. Wenn auf dieser Grundlage in klandestinen Aktionen beispielsweise Bundeswehrfahrzeuge abgefackelt werden, können und wollen viele eine klammheimliche Freude nicht verhehlen. Solche Aktionen stehen in einem Zusammenhang mit der deutschen Kriegspolitik. Und gegen die muss sich linke Politik organisieren, denn weltweite Kriegseinsätze stehen ebenso wie eine Militarisierung im Inneren jeder emanzipatorischen Entwicklung entgegen. Aber nicht nur jede antimilitaristische Aktion, auch der militante Kampf ist immer richtig.

Für eine revolutionäre Organisierung

Militante Aktionen sind legitim und notwendig. Sie allein sind jedoch noch nicht revolutionär und systemsprengend. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Am Anfang stehen Diskussionen um revolutionäre Perspektiven und um Formen des Kampfes. Aus einer Kontinuität militanter Aktionen - und deswegen werden sie auch mit Repression verfolgt - kann sich ein bewaffneter Kampf gegen Staat und Kapital entfalten. Rote Armee Fraktion, Bewegung 2. Juni und Revolutionäre Zellen sind in einer anderen Zeit entstanden. Aber die Verhältnisse gegen die sie angetreten waren, sind harmlos verglichen mit den heutigen und dem, was sich die Herrschenden gegenwärtig trauen durchzuziehen. In Deutschland sind die weltweiten Bundeswehreinsätze und die Umsetzung der Pläne von Schäuble und Co nur zwei von vielen Beispielen dafür. Angesagt wären Protest, Widerstand und Angriff. Jetzt sieht es gerade nicht so aus, als ob die heutige Zeit bewaffnete Bewegungen hervorbringt. Wer aber die gesellschaftlichen Verhältnisse grundlegend verändern möchte, muss auch offen sein für Gedanken über bewaffnete Kämpfe, deren Vorbereitung schon in vorrevolutionären Epochen zur Praxis werden muss, damit es nicht einmal zu spät dafür sein wird. Dies wird an dieser Stelle betont, um mit den Genoss/innen einen Streit anzuzetteln, die einen Reflex zur unnötigen Abgrenzung und Distanzierung zeigen.

Für den Kommunismus

Anarchist/innen und Kommunist/innen stehen für eine antagonistische Politik und die Unversöhnlichkeit mit den herrschenden Verhältnissen. Ein Schritt um letztere zu überwinden ist es, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist. Ob die befreite Gesellschaft dann Kommunismus oder Anarchie genannt wird, steht noch in den Sternen.