Fahndungsfieber

KOMMENTIERT III*Aktuell
von Tina Veihelmann

Der Fall Andrej Holm ist für immer neue Überraschungen gut. Nun wendet sich die Redaktion der DDR-Oppositionszeitschrift telegraph - für die Holm und die drei weiteren Beschuldigten schrieben - an die Öffentlichkeit und teilt mit, im Zuge der Ermittlungen wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sei zum einen die Arbeit der Redaktion intensiv überwacht worden. Zum anderen seien zur Fahndung Akten aus der Birthler-Behörde herangezogen worden. Einer der vier Beschuldigten sagte dem Freitag, aus der Ermittlungsakte der Verdächtigten sei ersichtlich, das BKA habe sich die "Opfer-Akte" zu einem Fall schicken lassen, um ein "Personenprofil zu erstellen". Die Akte aus dem Jahr 1988 sei angelegt worden, als der DDR-Bürger gegen den IWF-Gipfel in Westberlin mobilisierte. Merkwürdige Koinzidenzen offenbaren sich da. Die Stasi ermittelt gegen DDR-Bürger, die gegen den Klassenfeind mobil machen. Und nun bedient sich der Rechtsstaat der Ermittlungsergebnisse der Staatsicherheit. Erstaunlich, dass das vereinigte Deutschland gerade auf diesem Terrain ganz unbefangen das Erbe der DDR antritt.