Berliner Presse im Visier des BKA
Der Bundesgerichtshof hat heimlich die gesamte Post von vier Zeitungsredaktionen in Berlin abfangen und durchsehen lassen. Das ist jetzt bekannt geworden.
Die Durchsuchung erfolgte vom 18. bis 22. Mai dieses Jahres. Die Ermittler waren auf der Suche nach einem Bekennerschreiben der so genannten "militanten gruppe", die für etliche Brandanschläge auf Firmenwagen, Luxuslimousinen, Polizei- und Justizeinrichtungen verantwortlich gemacht wird.
Die Bundesanwaltschaft ermittelt in diesem Zusammenhang gegen mehrere Personen wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Die Ermittler haben die Bekennerschreibben tatsächlich herausgefischt.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat die Kontrollen von Briefen an vier Berliner Tageszeitungen scharf kritisiert.
Der Verbandsvorsitzende Michael Konken sagte am Freitag im Inforadio, das Vorgehen der Behörden widerspreche der Pressefreiheit:
"Es kann nicht sein, dass Post und Informationen von Journalisten durch Ermittlungsbehörden gesichert werden, dass man Einfluss nimmt auf die Berichterstattung, indem man Informanten vorher abschöpft. Man will an Leckstellen kommen, um festzustellen, wer hat Informationen gegeben, und das widerspricht dem, was wir unter Pressefreiheit verstehen."
Hintergrund ist ein Bericht der Bundesanwaltschaft, wonach Fahnder im Mai in einem Berliner Verteilzentrum der Post Briefe durchleuchtet und zwei Sendungen geöffnet hatten. Sie waren auf der Suche nach Bekennerschreiben der linksextremen "militanten gruppe".
Für DJV-Chef Konken hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass Ermittlungsbehörden zwar gesetzliche Grundlagen hätten, aber "nur in den wenigsten Fällen eine richtige gesetzmäßige Abwägung" vornähmen: "Wir haben festgestellt, dass das, was gesetzlich geregelt ist, immer zu Lasten des Journalismus geht."
Seit Beginn der 90-er Jahre habe seine Organisation 200 solche Fälle dokumentiert.
Die einzige Möglichkeit der Journalisten, sich dagegen zu wehren, sei, die Fälle öffentlich zu machen, so Konken. Er verwies auf das aktuelle Beispiel der "Cicero"-Durchsuchung, bei der das Bundesverfassungsgericht schließlich den Informantenschutz besonders herausstellte.