Behörden durchsuchten Zeitungs-Post
Journalisten und Datenschützer haben Postkontrollen von Sicherheitsbehörden bei Berliner Zeitungen als Verstoß gegen die Pressefreiheit kritisiert. Der Deutsche Journalistenverband (DJV) sprach von einem schweren Eingriff in das Redaktionsgeheimnis. Die Redaktion der "Berliner Zeitung" forderte die Bundesanwaltschaft auf, das Vorgehen sofort einzustellen. Die Behörde selbst bestätigte die Kontrollen, betonte aber, das Vorgehen sei legal und begrenzt. Bei Ermittlungen gegen mutmaßliche Linksextremisten waren im Mai zwei Briefe an Zeitungen geöffnet worden.
Nach Angaben des DJV-Vorsitzenden Michael Konken wurde damals an fünf Tagen in einem Berliner Briefzentrum die Post an "Berliner Zeitung", "Tagesspiegel", "Berliner Morgenpost" und "B.Z." kontrolliert. Die Bundesanwaltschaft bestätigte, dass ein Richter am Bundesgerichtshof auf Basis der Strafprozessordnung eine "räumlich beschränkte Postbeschlagnahme" angeordnet habe. Dabei sei es um Ermittlungen gegen Mitglieder der "militanten gruppe" gegangen. Es seien nur Briefe beschlagnahmt worden, die aufgrund ihrer Erscheinung mögliche Selbstbezichtigungen für einen Brandanschlag auf Polizeiautos enthalten hätten können. Zwei Briefe wurden geöffnet und enthielten tatsächlich Bekennerschreiben.
"Die Abwägung zwischen Pressefreiheit und Sicherheit ist einmal mehr zu Lasten der Freiheit der Medien erfolgt", kritisierte DJV-Chef Konken. Auch wenn die Kontrollen auf rechtlicher Grundlage stattgefunden hätten, sei die Abwägung der beiden Interessen nicht angemessen gewesen. Auch der Vizechef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi in Berlin, Andreas Köhn, wandte sich im "Tagesspiegel" gegen die Durchsuchungen. Die Redaktion der "Berliner Zeitung" erklärte: "Wir sehen (in der Kontrolle) einen Angriff auf die Pressefreiheit, denn Informanten unserer Zeitung können nicht mehr sicher sein, dass ihre Briefe unkontrolliert die Redaktion erreichen." (rtr)