Protest gegen Gesinnungsschnüffelei
Am Morgen des 31.7.2007 durchsuchte das BKA auf Anweisung des Generalbundesanwaltes unsere Wohnungen. Der Vorwurf lautet auf Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung namens militante gruppe (mg) nach Paragraph 129a.
Erst jetzt haben wir erfahren, daß das Ermittlungsverfahren gegen uns schon seit knapp einem Jahr läuft. Mit Hilfe dieses Verfahrens haben das BKA und andere Bundesbehörden unsere Privatsphäre bis in intimste Bereiche detailliert ausgeforscht. Betroffen von der Überwachung sind unsere Lebenspartnerinnen, unsere Freunde, unsere Familien sowie unsere Kolleginnen und Kollegen. Unser langjähriger Freund und Kollege Andrej H. wurde verhaftet. Der Vater dreier Kinder befindet sich seitdem in Untersuchungshaft in Berlin, Moabit. Diese massiven Angriffe auf unsere bürgerlichen Rechte begründet die Bundesanwaltschaft im Haftbefehl mit einer Reihe von empörenden Konstruktionen.(...)
Aus diesen Vorwürfen ergibt sich für uns: Wer wissenschaftliche und journalistische Publikationen zu bestimmten Themen verfaßt und Bibliotheken nutzt, macht sich verdächtig. Wer Kontakt zu Menschen hat, die die BAW für verdächtig hält, macht sich auch verdächtig. Wer versucht, sein Recht auf Privatsphäre und Anonymität aktiv zu schützen, macht sich durch die Ausübung dieses Rechtes ebenfalls verdächtig. Kommen bei einem Personenkreis alle drei Verdachtsmomente zusammen, muß es sich in dieser Logik um eine terroristische Vereinigung handeln.
So absurd das klingen mag, aber die Folgen für unseren Alltag sind verheerend: Seit einem Jahr werden unsere Telefone abgehört, alle E-Mails überwacht, unsere gesamte Internet-Nutzung protokolliert, unsere Wohnungen werden beobachtet, unsere Bewegungen anhand der Handy-Daten aufgezeichnet. Möglicherweise wurden Spitzel auf uns angesetzt. Das gesamte Ausmaß der Bespitzelung können wir bisher unmöglich überschauen.
Während wir noch auf freiem Fuß sind, wird unser Freund und Kollege Andrej H. aufgrund gleicher Beschuldigungen gefangengehalten. Er sitzt unter verschärften Haftbedingungen in Einzelhaft, kann seine Familie nur alle zwei Wochen für eine Stunde sehen und mit Besuchern nur durch eine Trennscheibe reden.
Diese Art der Gesinnungsschnüffelei hat in Deutschland eine lange Geschichte. Als ehemalige DDR-Bürger sind wir dafür besonders sensibilisiert.
Wir fordern die sofortige Einstellung des Strafverfahrens nach 129a StGB, die Herausgabe und Löschung aller erhobenen Daten und die Entlassung aller Beschuldigten aus der Untersuchungshaft. Das gilt auch für die drei wegen versuchter Brandstiftung Festgenommenen. Denn diese dürften in einem rechtsstaatlichen Verfahren gar nicht in Untersuchungshaft sitzen, da keinerlei Fluchtgefahr besteht. Ihre Inhaftierung ist nur aufgrund der Konstruktion einer terroristischen Vereinigung möglich geworden.