BGH: Verdächtig alleine reicht nicht

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Haftbefehl gegen einen Soziologen aus Berlin aufgehoben. Seine Mitgliedschaft in der linksextremen Militanten Gruppe sei nicht bewiesen.

Im Streit um die Haftentlassung eines mutmaßlichen Linksextremisten hat die Bundesanwaltschaft eine Niederlage vor dem Bundesgerichtshof (BGH)hinnehmen müssen. Der 3. Strafsenat des BGH wies eine Beschwerde der obersten Anklagebehörde gegen die Entlassung des Berliner Soziologen aus der Untersuchungshaft zurück und hob zugleich den Haftbefehl auf.

Zwar bestehe gegen den Beschuldigten der Anfangsverdacht, dass er der sogenannten Militanten Gruppe (mg) angehöre, befanden die Bundesrichter. Die bisher in den Ermittlungen aufgedeckten Indizien sprächen aber "nicht hinreichend deutlich" für eine Mitgliedschaft des Mannes in der Gruppierung, sondern ließen sich auch anders auslegen.

Der BGH befand, die bisherigen Ermittlungen belegten zwar die Einbindung des Beschuldigten in die linksextremistische Berliner Szene und seine Kontakte zu zumindest einem Mitbeschuldigten, der als Militante-Gruppe-Mitglied am 31. Juli an einem versuchten Brandanschlag auf drei Bundeswehr-Lkw beteiligt gewesen sein soll.

Ein konspirativer Kontakt zu mutmaßlichen Mitgliedern einer extremistischen Gruppe reicht nach dem BGH-Beschluss jedoch nicht aus, um einen Verdächtigen zu inhaftieren. Gegen einen solchen Beschuldigten werde zwar zu Recht ermittelt, hieß es in Entscheidung.

Ein Haftbefehl sei aber nur dann gerechtfertigt, wenn der Verdächtige sehr wahrscheinlich wegen der Mitgliedschaft in der Gruppierung verurteilt werde. Weil die Indizien dafür jedoch nicht ausreichten, hoben die BGH-Richter den Haftbefehl gegen den Soziologen auf.

Bereits im August hatte ein Ermittlungsrichter beim BGH den Soziologen aus der Untersuchungshaft entlassen, den Haftbefehl aber noch aufrechterhalten. Der Militanten Gruppe sind nach Behördenangaben eine Reihe von Brandanschlägen in der Region Berlin/Brandenburg zuzurechnen, etwa ein versuchter Anschlag auf drei Lastwagen der Bundeswehr Ende Juli.

Der Soziologe geriet unter anderem ins Visier der Ermittler, weil er den Angaben zufolge konspirative Kontakte zu mindestens einem mutmaßlichen Mitglied der Militanten Gruppe pflegt. Außerdem soll er an einer Ausgabe der aus dem Untergrund publizierten Szenezeitschrift radikal mitgearbeitet haben.

(AFP/dpa/Reuters/gal/bica)