Sich einmischen
Peter Marcuse ist nicht irgendwer. Der 79-jährige Sohn von Herbert Marcuse, zusammen mit Horkheimer und Adorno Mitbegründer der Kritischen Theorie, wurde 1928 in Berlin geboren. Mit seinem Vater und der Mutter Sophie Wertheim emigrierte er 1933 in die USA. Er wurde Professor für Stadtplanung in Los Angeles, später an der Columbia-Universität in New York.
Dort lehrt er heute noch und ist gleichzeitig einer der bekanntesten Aktivisten gegen die Vertreibung von Armen aus dem Stadtraum. Deshalb war Peter Marcuse am Donnerstag auch als Eröffnungsredner der Berlin-New-York-Konferenz ins Haus der Kulturen der Welt geladen.
Er überraschte allerdings weniger mit seinem Vortrag, sondern mit einer persönlichen Bemerkung über die Freiheit des Denkens und der Wissenschaft. In den USA, sagte Marcuse, sei es schwierig geworden, die Frage zu stellen, warum es am 11. September den Angriff auf das World Trade Center gab. Aber auch in Deutschland werde kritisches Denken kriminalisiert. Als Beispiel nannte er einen jungen Soziologen der Humboldt-Universität, der unter Terrorverdacht geriet, weil er zum Thema Gentrification forscht. Auf wen er anspielte, wussten die meisten: Der Soziologe heißt Andrej H. und wartet derzeit auf die Entscheidung, ob er wieder in den Knast muss.
In seinem Vortrag hat Marcuse keinen Zweifel daran gelassen, dass Gentrification ein wichti- ges Thema für die Stadtforschung ist. Ob er deshalb auch ins Visier des Bundeskriminalamts gerät? Seine Vita wird ihn davor bewahren.