Autonome Szene: Polizei nimmt linke Hip-Hopper ins Visier
LKA-Beamte einer Sondereinheit beobachten autonome Musiker , die mit Rap-Texten wie "Fick die Cops" gegen den Staat wettern. Ihre mitunter illegalen Auftritte gelten mittlerweile als die Magneten einer Szene, die sich zum nationalen Netzwerk entwickelt.
Das Landeskriminalamt (LKA) nimmt die linke Hip-Hop-Szene in Berlin verstärkt ins Visier: Bei der Sonderermittlungsgruppe PMS (Politisch motivierte Straßengewalt) gibt es nach Informationen von WELT ONLINE Beamte, die sich auf Recherchen zu Hip-Hop-Gruppen aus dem linksradikalen Umfeld spezialisiert haben.
Das LKA regiert damit auf einen neuen Trend in der Szene: Autonome und andere Extremisten nutzen vermehrt populäre Hip-Hop-Musik, um mittels Sprechgesang ihre radikalen Botschaften zu senden – zumeist in Reimform, mit aggressiven und staatsfeindlichen Texten.
„Jams“ als Magneten der Szene
Während früher fast ausschließlich Ska,- Punk- oder Hardcore-Konzerte als Magneten innerhalb der linken Szene galten, trifft das heute auch auf die „Jams“ – ein anderer Begriff für Konzert oder Party – zu. Jüngstes Beispiel: Unter dem Motto „No Nation! Drum'n'Bass – Hip-Hop-Jam“ trafen sich am 2.Oktober in einem Club an der Oranienburgerstraße vorwiegend linke Jugendliche aus der Antifa-Szene, um mit mehreren Bands „Gemeinsam (zu) feiern – unkontrolliert, bezaubernd schön und ohne Nationalismus! Repression, Rassismus, Antisemitismus & Sozialabbau – Kannste abhaken!“ Ob bei Kundgebungen für besetzte Häuser an der Rigaer Straße in Friedrichshain, bei Solidaritätsaktionen für das Autonomenhaus „Köpi“ in Mitte oder bei Konzerten für die sogenannten §129a-Gefangenen der Militanten Gruppe – Hip-Hop-Bands, die gegen das „System“ rappen, sind aus der Szene kaum noch wegzudenken.
„Die Leute, die in den Bands als Musiker aktiv sind, haben Querverbindungen in die ganze Szene“, sagt ein PMS-Ermittler, „wir sehen sie bei gewalttätigen Demonstrationen wie dem G8-Gipfel oder bei militanten Antifa-Aktionen.“
Die sogenannten Polit-Rapper kommentieren mitunter auch tagesaktuelle Zwischenfälle, wie die Ausschreitungen im Kreuzberger Wrangelkiez, wo sich Mitte November 2006 nach einer Festnahme zweier minderjähriger Straßenräuber mehr als 100 Jugendliche zusammengerottet hatten und massiv gegen die Beamten vorgingen. In einem Liedtext des Rappers Holger Burner heißt es dazu: „Verdammt, wieso braucht ihr für Zwölfjährige Handschellen, habt ihr solche Angst, dass ihr schon Kinder an die Wand stellt? Ihr patrouilliert bei uns, angeblich für Sicherheit, wieso stellt die Polizei dann so viel Rassisten ein? Auch wenn ihr Tonfas zieht und euch wie Rambo fühlt, wir sind nicht blöd, wir durchschauen euer ganzes Spiel (¿) denkt ihr wirklich, dass wir immer alle ruhig bleiben, irgendwann kriegt ihr jede Sicherung zum Durchreißen.“
Blut, Steine und 1.-Mai-Randale
Die Zeilen einer anderen Rap-Gruppe namens „DeineLTan“ aus Berlin klingen weitaus aggressiver. In dem Stück „Fick die Cops“ geht es um Blut, Steine, 1.-Mai-Randale und ausgeschlagene Zähne. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft werde dem Hörer sinngemäß vermittelt, dass nur ein toter Polizist ein guter Polizist sei.
Am 25. September durchsuchten deshalb LKA-Ermittler sechs Wohnungen von Mitgliedern und Produzenten der Band und beschlagnahmten 800 CDs. Gegen die Gruppe wird wegen des Verdachts der Aufforderung zu Straftaten ermittelt.
Einen größeren Einsatz gegen Hip-Hopper fuhr die Polizei am Abend des 20. August in Kreuzberg. Die Gruppe KIZ hatte damals ein nicht genehmigtes Konzert am Schlesischen Tor geplant, wo sie kurzzeitig vor bis zu 800 Fans spielte. Mehrere hundert Beamte lösten die „unerlaubte Ansammlung“ auf und sperrten die Oberbaumbrücke und angrenzende Straßen ab. Insgesamt wurden nach Angaben der Polizei acht Personen festgenommen.