Der Fall des Andrej H.
Es werden UnterstützerInnen gesucht, die sich der Forderung nach Freilassung der Gefangenen, die Einstellung des §129a-Verfahrens und die Abschaffung der §§129, 129a und 129b anschliessen können. Ob durch die Unterzeichnung des Offenen Briefes an die Generalbundesanwaltschaft gegen die Kriminalisierung von kritischer Wissenschaft und politischem Engagement, durch Spenden oder andere Solidaritätsinitativen.
WORUM GEHTS? [http://einstellung.so36.net/]
Florian L., Axel H. und Oliver R. sitzen seit dem 31. Juli 2007 in Untersuchungshaft in Berlin-Moabit. Sie wurden verhaftet, nachdem sie angeblich versucht haben sollen, Bundeswehrfahrzeuge anzuzünden. Am gleichen Tag wurde auch Andrej H. festgenommen und die Wohnungen und Arbeitsplätze von drei weiteren Personen durchsucht. Der Vorwurf gegen alle sieben lautet: "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung" (§129a StGB).
Die Konstruktionen, auf denen der Vorwurf "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung" aufbaut, sind abenteuerlich und müssen entschieden zurückgewiesen werden.
Inhaltlich wird dies wie folgt, lt. dem Anwalt des am 1. August festgenommenen Andrej H., begründet:
* es sei von einer Mitgliedschaft von Andrej H. auszugehen, weil er sich mit Themen beschäftigt, die sich auch in Schreiben der mg ("militante Gruppe") wieder finden; eine wissenschaftliche Abhandlung von Andrej H. von 1998 enthalte "Schlagwörter und Phrasen", die in den Texten der "militanten gruppe" gleichfalls verwendet werden (wie die Begriffe "Gentrification" und "Prekarisierung")
* sie seien intellektuell in der Lage, "die anspruchsvollen Texte der 'militanten gruppe'" zu verfassen
* einem beschuldigten promovierten Politologen stünden "als Mitarbeiter eines Forschungszentrum Bibliotheken zur Verfügung, die er unauffällig nutzen kann, um die zur Erstellung der Texte der militanten Gruppe erforderlichen Recherchen durchzuführen"
* ein Beschuldigter habe sich mit Verdächtigen konspirativ getroffen: "So wurden regelmäßig Treffen vereinbart, ohne jedoch über Ort, Zeit und Inhalt der Zusammenkünfte zu sprechen"
* bei einem Beschuldigtem sie eine Adressliste gefunden worden, auf der auch die Namen und Anschriften der anderen drei standen.
Am 22. August wurde Andrej. H. durch den Ermittlungsrichter von der Untersuchungshaft "verschont". Allerdings besteht der Haftbefehl weiter. Ab dem 05.10.07 wird der Bundesgerichtshof nicht nur darüber entscheiden, ob Andrej wieder ins Gefängnis muss. Nach Aussage des Vorsitzenden Richters des 3. Strafsenats bestehen rechtliche Grundsatzfragen wie die Frage, ob der §129a StGB in dem Verfahren überhaupt angewandt werden darf. Diese Grundsatzentscheidung wird sich nach Einschätzung der Anwälte von Florian L., Oliver R. und Axel H. auch auf deren Situation auswirken.
WAS KANN ICH TUN?
* Unterzeichnung des Offenen Briefes gegen die Kriminalisierung von kritischer Wissenschaft und politischem Engagement [http://einstellung.so36.net/de/offenerbrief]
* Solidaritätsinitiativen in den eigenen Kreisen initiieren
* Spenden beim Anwalt oder bei der 'Roten Hilfe' [http://einstellung.so36.net/de/spenden]
TERMIN [http://einstellung.so36.net/de/termine]
So, 30.09.2007, Berlin, Informationsveranstaltung "Ist jetzt alles Terrorismus? Die politische Dimension des § 129a"
PRESSESPIEGEL [http://einstellung.so36.net/de/ps]
"Deutsche Fehlzündung im globalen Krieg gegen den Terror" The Nation, 06.09.2007
Die Bewegungen an der Anti-Terrorismus-Front in Europa werden immer ominöser - weniger wegen einem erkennbaren Anstieg terroristischer Aktivitäten, als vielmehr wegen der Versuche europäischer Regierungen, die Opposition zu kriminalisieren.
"Amsterdam schafft 129a ab" Indymedia, 06.09.2007
Gestern wurde vor dem Goethe-Institut in Amsterdam eine komisch-absurde bis vollernste Lesung gehalten, um die repressive politische Kultur in Deutschland anzuprangern, Solidarität mit den im 129a-Verfahren Beschuldigten zu zeigen, und die Abschaffung eben dieses Gesetzesartikels zu fordern.
"Deutschland im Feuer der Kritik" Le Monde Diplomatique, 04.09.2007
Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Das gilt in Deutschland ganz offensichtlich auch für den Bereich der Wissenschafts- und Pressefreiheit. Dabei sieht sich die Bundesrepublik selbst als Hort freiheitlicher Grundrechte.
"Beweisnot der Ermittlungsbehörden" Telepolis, 03.09.2007
Interview mit der Berliner Rechtsanwältin Christina Clemm, die den Berliner Soziologen Andrej H. vertritt.