Knastbesuch unter BKA-Aufsicht

Berlin: Isolationshaft für vier wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung Verdächtige. Von Nick Brauns

Dreiundzwanzig Stunden am Tag Einzelhaft, eine Stunde Hofgang mit zwei weiteren Gefangenen, Trennscheibe bei Besuchen und bislang keine Möglichkeit, sich zu duschen – so schaut der Haftalltag von Andrej H. aus. Der Sozialwissenschaftler, der als Dozent an der Humboldt-Universität tätig ist, war Dienstag vergangener Woche in Berlin unter dem Vorwurf festgenommen worden, einer terroristischen Organisation anzugehören (§129a StGB).

Die angeblich für eine Reihe von Brandanschlägen verantwortliche »militante Gruppe« (mg) habe in ihren Bekennerbriefen ähnliche Themen und Ausdrücke wie H. in seinen wissenschaftlichen Arbeiten verwendet. Auch habe er die nötigen intellektuellen Fähigkeiten und Zugang zu einer wissenschaftlichen Bibliothek, um solche Bekennerschreiben zu verfassen, begründete die Generalbundesanwaltschaft den Terrorverdacht gegen H.

Seine Freundin konnte Andrej H. am Mittwoch für eine halbe Stunde sprechen. Im Monat hat der Gefangene Anrecht auf insgesamt eine Stunde Besuch – hinter einer gläsernen Trennscheibe. Zwei Beamte des Bundes­kriminalamtes und ein Anstaltsbediensteter waren dabei, berichtete H.s Freundin anschließend gegenüber junge Welt. Die Besucherin wurde ausdrücklich aufgefordert, lauter zu sprechen, damit die Beamten jedes Wort mithören konnten. Auch dürfe sie keine »konspirativen Wörter« benutzen – was damit gemeint sei, würde sie schon selber wissen, so ein BKA-Mann.

Seit einer Woche konnte sich Andrej H. nicht duschen, da er die Dusche aufgrund seiner Isolationshaft nur einzeln benutzen darf und dies aus logistischen Gründen bislang nicht möglich gewesen sei. Computer und Schreibmaschine darf H. nicht benutzen. So kann er wissenschaftliche Aufträge, die ihm verschiedene Institutionen vermitteln wollen, um während der Haftzeit etwas Geld zu verdienen, nur schwer bearbeiten.

Von der Solidaritätskundgebung am Samstag erfuhr Andrej H. erst aus dem Radio, da seine Zelle auf einen rückwärtigen Hof geht. Drei weitere am gleichen Tag wie H. unter dem Vorwurf der Mitgliedschaft in der »mg« und der versuchten Brandstiftung an Bundeswehrlastwagen verhaftete Männer, die ebenfalls in Moabit in Einzelhaft sitzen, hätten die Kundgebung hören können.