Was die BGH-Entscheidung bedeutet und was jetzt zu tun ist
Der vollständige, die folgenden sechs Thesen begründende Text ist hier als siebenseitige pdf-Datei erhältlich. Es handelt sich um eine extended (and revised) version des am Freitag bereits veröffentlichten zweiseitigen Textes Was bedeutet die BGH-Entscheidung? Fünf vorläufige Thesen.
Vor ca. einer Woche wurde Andrej H. aus der Haft entlassen. Dagegen hatte die BAW Beschwerde eingereicht. Am Donnerstag wurde bekannt, daß der BGH-Senat, der für die Entscheidung darüber zuständig ist, sich bis Anfang Oktober Zeit läßt. Was bedeutet dies? Und was folgt daraus?
These 1.: Die BGH-Entscheidung ist erfreulich, aber keine Überraschung, denn sie kann mittelfristig dem staatlichen Interesse dienen.
These 2.: Der BGH wird in den nächsten Wochen zwei Fragen prüfen; das heißt nicht, dass er sie zu Gunsten von Andrej (und den anderen Beschuldigten) beantworten wird.
These 3.: Der BGH wird jetzt (noch) nicht über den Verdacht entscheiden, dass Oliver, Florian und Axel mg-Mitglieder sind.
These 4.: Die beiden Fragen, mit denen sich der BGH tatsächlich befassen wird, betreffen juristisch den Begriff des „dringenden" Tatverdachts (und zwar ausschließlich bzgl. Andrej) und die gesetzliche Definition von „terroristischen Vereinigungen" (mit generellerer Bedeutung).
These 5.: Beide Fragen haben hochgradig politische Implikationen. An ihnen
wird sich entscheiden, ob am Ende der Auseinandersetzung (des
Verfahrens) Linksliberale und radikale / revolutionären Linke
Freiheitsrechte zurückerobern haben werden oder aber die
staatlich-staatstragende Repression stärker wird.
Und es sind in der Tat schon die Fragen
des BGH, die die politischen Implikationen haben - und zwar die
falschen! Es kommt politisch und juristisch nicht darauf an, ob der §
129a auf den vorliegenden Fall angewendet werden kann. Denn Anwendung
und ‘einzelfall-gerechte' Nicht-Anwendung, sind gleichermaßen antiliberal.
These 6.: Die zentrale Frage ist vielmehr, ob der § 129a in einer Gesellschaft, die beansprucht, liberal-demokratisch verfaßt zu sein, (verfassungsrechtlich und politisch) überhaupt akzeptabel ist. Auf die Verneinung dieser Frage muß in den nächsten Wochen alle Energie gerichtet werden.