Erwischt in Brandenburg
Erstmals wurden vier mutmaßliche Mitglieder der linksradikalen "militanten gruppe" (mg) verhaftet. Gestern bestätigte der Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof die Haftbefehle.
Der Darstellung der Bundesanwaltschaft (BAW) zufolge hatten drei Berliner in der Nacht von Montag auf Dienstag versucht, drei Lastwagen der Bundeswehr anzuzünden, die auf dem Gelände der Firma MAN in Brandenburg standen. Florian L. (35), Oliver R. (35) und Axel H. (46) seien verhaftet worden, nachdem sie mehrere Brandsätze unter die Fahrzeuge gelegt und gezündet haben sollen. Sachschaden sei nicht entstanden, weil Polizisten die Brandsätze rechtzeitig unschädlich gemacht hätten. Die drei Berliner waren in der Tatnacht und wohl auch schon längere Zeit zuvor von der Polizei observiert worden.
Die BAW geht davon aus, dass die drei Männer zur militanten gruppe gehören, die sich in den vergangenen sechs Jahren zu einer Vielzahl von Anschlägen, darunter auf Polizeistationen und Sozialämter bekannt hat. "Hinsichtlich des Anschlagsziels, der Tatzeit und der konkreten Tatausführung" weise der versuchte Brandanschlag von Brandenburg eine "Vielzahl von Parallelen" zu anderen Aktionen der mg auf, meint die BAW. Der Haftbefehl wurde mit Fluchtgefahr begründet. Weil den Männern erhebliche Haftstrafen drohten, könnten sie untertauchen.
Der vierte Verhaftete, Andrej H. (36), hatte laut Darstellung der BAW "umfassende konspirative Kontakte" zu Florian L., einem der mutmaßlichen Brandstifter. Der Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck berichtet allerdings, dass es sich nur um zwei Begegnungen im Februar und April dieses Jahres gehandelt habe. Was dort gesprochen wurde, sei völlig unklar. Bei H. und drei weiteren Berliner Beschuldigten wurden am Dienstag Hausdurchsuchungen durchgeführt, die aber nur bei H. zur Verhaftung führten. H. und den drei weiteren Beschuldigten wird ebenfalls vorgeworfen, der mg anzugehören.
Als Beleg wird dabei unter anderem auf deren wissenschaftliche Arbeit verwiesen. Laut Haftbefehl soll ein Aufsatz eines der Beschuldigten "Schlagwörter und Phrasen" enthalten haben, die in Texten der mg "gleichfalls verwendet werden". Die Häufigkeit der Verwendung sei "auffallend und nicht durch thematische Überschneidungen erklärlich".
Acht in das Verfahren involvierte Anwälte protestierten gestern in einer Mitteilung vor allem gegen die Anordnung von Untersuchungshaft. Dies sei bei einer "versuchten Brandstiftung" unverhältnismäßig, zumal die Beschuldigten nicht vorbestraft seien und "in geordneten sozialen Verhältnissen" lebten. Schon die Einstufung solcher Anschläge als Terrorismus sei verfehlt, schließlich sei es nur um Autos gegangen, "unter Ausschluss einer Personengefährdung".
Die Bundesanwaltschaft rechtfertigte die Einstufung der mg als terroristische Vereinigung gestern damit, dass sich bei einem Anschlag auf das Polizeipräsidium in Berlin-Tempelhof zur Tatzeit auch Menschen in dem Gebäude aufhielten.
Das Ziel der Vereinigung sei es, "durch ständige militante Aktionen die gegenwärtigen staatlichen und gesellschaftlichen Strukturen zugunsten einer kommunistischen Weltordnung zu beseitigen".
Im Mai dieses Jahres hatte es bereits Hausdurchsuchungen bei anderen vermeintlichen Mitgliedern der mg gegeben. Die Polizeiaktion war parallel zu Durchsuchungen bei militanten Gegnern des G-8-Gipfels durchgeführt worden. Damals war niemand verhaftet worden.