Gericht muss Terrorverdacht klären

BGH entscheidet, ob die "Militante Gruppe" aus Staatsfeinden besteht. VON URSULA KNAPP

Karlsruhe. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe steht vor der Grundsatzentscheidung, ob die "Militante Gruppe (mg)" eine terroristische Vereinigung ist. Anlass ist die Verhaftung von vier mutmaßlichen Mitgliedern. Drei von ihnen waren am 31. Juli 2007 erwischt worden, als sie in Brandenburg an der Havel drei Lastwagen der Bundeswehr anzünden wollten. Sie waren zuvor observiert worden.

Der vierte Beschuldigte ist Andrej H., 36 Jahre alter Soziologe an der Berliner Humboldt Universität. Für ihn gibt es inzwischen eine breite Unterstützerbewegung. 3000 Menschen unterzeichneten einen Protestbrief "Gegen die Kriminalisierung kritischer Wissenschaft", unter ihnen deutsche und internationale Wissenschaftler.

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe erwirkte am 1. August gegen alle vier Haftbefehl wegen des dringenden Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Seit der Änderung des entsprechenden Paragrafen 129 a im Jahr 2002 soll jedoch nicht mehr jeder als Terrorist verfolgt werden, der Brand- oder Sprengstoffanschläge begeht.

Vielmehr ist nun Voraussetzung, dass die Taten dazu bestimmt sind, "die sozialen Grundstrukturen eines Staates … zu beseitigen oder erheblich zu beeinflussen". Jetzt muss die Rechtsprechung darüber entscheiden, was nach diesen neuen gesetzlichen Vorgaben Terrorismus ist.

Andrej H. auf freiem Fuß

Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs (BGH), der zuvor die Haftbefehle ausgestellt hatte, setzte Andrej H. vergangenen Mittwoch gegen Auflagen auf freien Fuß. Gegen diese Entscheidung legte wiederum die Generalbundesanwältin Beschwerde ein, über die demnächst der Staatsschutzsenat des BGH entscheiden wird. Dabei muss er auch prüfen, ob der Verdacht der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gegeben ist. Verneint er das, wäre die Bundesanwaltschaft nicht mehr zuständig. Dann müsste die Berliner Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung übernehmen.

Unter Strafrechtlern wird seit Jahren diskutiert, was nach der Änderung des Paragrafen 129 a bereits Terrorismus ist und was noch als politisch motivierte Straftaten zu bewerten ist. Im Falle der "Militanten Gruppe" wird wohl nicht nur der Anschlag auf die drei Bundeswehrlastwagen ins Visier genommen.

Insgesamt hat sich die Organisation von 2001 bis 2007 zu 24 Brandanschlägen bekannt. In Bekennerschreiben rief sie immer wieder zur "sozialen Revolution weltweit" auf. In ihrem Militanten Manifest von 2005 stufte sie "das bestehende Herrschaftssystem als nicht reformierbar" ein und benannte die "revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft" als ihr Ziel.