Ermittlungen in Sachen mg von Anfang an rechtswidrig

"Die angeordneten und durchgeführten verdeckten Ermittlungsmaßnahmen waren bereits deshalb rechtswidrig, weil zum jeweiligen Zeitpunkt ihrer Anordnung und Durchführung ein ausreichender Tatverdacht ... nicht bestand." Mit dieser schallenden Ohrfeige setzte der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 11. März das endgültige Schlusszeichen hinter die jahrelangen Ermittlungen gegen drei Berliner Aktivisten von Libertad!.

Telekommunikationsüberwachung, Observationsmaßnahmen und mehr waren bereits im September 2008 eingestellt worden - nach sieben Jahren, in denen die drei auf Geheiß des Verfassungsschutzes (VS) dem Bundeskriminalamt (BKA) als Mitglieder der militanten gruppe (mg) galten. Da es nichts mehr kostete, ging der BGH mit BKA und VS hart ins Gericht: Auch "bei Berücksichtigung des den anordnenden Stellen zustehenden Beurteilungsspielraums" hätten die Überwachungsmaßnahmen "nicht gestattet werden dürfen". Trotz "operativer Maßnahmen" gegen die Libertad!-Aktivisten habe der VS nichts geliefert, "was wesentlich über allgemeine Erkenntnisse über deren politische Orientierung hinausgeht".

"Konkrete Anhaltspunkte" für seine "Erkenntnisse", die drei seien Mitglieder der mg, habe er nicht liefern können, ebenso wenig plausible Erklärungen für diese Einschätzung. In Richtung BKA heißt es, es deute viel darauf hin, "dass Grund für die strafrechtliche Verfolgung ... nicht die Verdichtung eines ... bestehenden Verdachts gewesen sein könnte, konkrete Straftaten begangen zu haben, sondern die Annahme von Polizei- und/oder Verfassungsschutzbehörden, die Gefahrenlage habe sich erhöht". Dabei sei, schrieb der BGH dem BKA ins Stammbuch, "die präventive Gefahrenabwehr" nicht seine Aufgabe und dürfe schon gar nicht durch Ermittlungen auf Grundlage der Strafprozessordnung durchgeführt werden. Übel stieß dem Gericht auf, dass das BKA entlastende Ermittlungsergebnisse und widersprechende Gutachten dem zuständigen Ermittlungsrichter vorenthielt. Er müsse darauf vertrauen können, "dass die Beweislage, soweit sie für die Entscheidung relevant ist, ... ohne erhebliche Lücken dargetan ist". (Beschluss des 3. Strafsenats, StB 16/09)