Haft für Mitglieder der "militanten gruppe"

Die Urteile gegen drei Mitglieder der linksextremistischen „militanten gruppe" sind gesprochen. Das Berliner Kammergericht verurteilte die Männer zu drei bzw. dreieinhalb Jahren Haft. Sympathisanten protestierten lautstark und sprachen von "Klassenjustiz".

Mehr als zwei Jahre nach einem versuchten Brandanschlag auf Bundeswehrfahrzeuge hat das Kammergericht drei Männer aus dem linksextremen Spektrum zu Haftstrafen von drei Jahren und sechs Monaten sowie drei Jahren verurteilt. Der Staatsschutzsenat sah es als erwiesen an, dass die Angeklagten zu der linksextremistischen Formation „militante gruppe“ (mg) gehörten. Verteidiger sprachen von einem „politischen Prozess“ und kündigten an, in Revision zu gehen. Schon während der Urteilsverkündung reagierten linksradikalen Demonstranten vor dem Gerichtsgebäude mit wütenden Protesten und kaum verhüllten Drohungen. „Die Nacht ist noch lang“, skandierten mehrere Teilnehmer.

Einzelne Wortfetzen der mit einem Megaphon verstärkten Proteste waren bis in den Saal 700 des Moabiter Kriminalgerichts zu hören. Der Senatsvorsitzende Josef Hoch zeigte sich jedoch unbeeindruckt. Er hatte die Urteilsverkündung eine Stunde später beginnen lassen, damit genügend Zeit blieb, um die strengen Einlasskontrollen durchzuführen.

Anschlag auf Armeefahrzeuge

Hoch hielt es „angesichts der Beweislage für absolut sicher“, dass die zwischen 37 und 48 Jahre alten Angeklagten im Sommer 2007 an einem Brandanschlag beteiligt gewesen seien. Zwei von ihnen hätten in Brandenburg/Havel Brandsätze unter Armeefahrzeuge gelegt, während der Dritte in einem Fluchtfahrzeug gewartet habe. Die Angeklagten seien jedoch schon geraume Zeit von Beamten des Staatsschutzes observiert worden. Einer der Beamte hatte die Brandsätze noch rechtzeitig entfernen können.

Die Verurteilung erfolgte jedoch nicht nur wegen versuchter Brandstiftung, sondern auch wegen der „Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung“. Die Beweisaufnahme habe ergeben, so Hoch, dass alle drei der 2001 gegründeten „mg“ zuzurechnen seien. Erklärtes Ziel dieser Vereinigung sei es, „unter Abschaffung der heutigen demokratischen Gesellschaftsverhältnisse eine kommunistische Weltordnung zu etablieren“. Die „mg“ habe sich zu 25 Anschlägen bekannt, bei denen ein Schaden von insgesamt 840.000 Euro entstand. Angestrebt worden sei auch, Nachahmer zu finden, sagte der Richter. Und das habe letztlich ja auch funktioniert. „In Berlin sind linksextremistische Brandstiftungen alltäglich geworden.“ Er sprach von „abschreckenden Strafen“, die „geboten“ seien.

Auffällig sei auch, sagte Hoch, dass die Gruppierung nach der Festnahme der Angeklagten in eine regelrechte „Schockstarre“ gefallen sei. Es habe plötzlich keine Anschläge mehr gegeben, ausgeblieben seien ebenso „die publizistischen Erklärungen“, in denen zuvor sogar schon über die „Exekution von Entscheidungsträgern“ nachgedacht worden sei.

Im Juli hatte „mg“ sogar ihre Auflösung in einer im Untergrund produzierten Zeitschrift erklärt. Darin wurde auch behauptet, dass die „mg“ mit dem Anschlag auf die Armeefahrzeuge in Brandenburg/Havel nichts zu tun habe. Hoch wertete das jedoch als ein taktisches Manöver, mit dem „auf das laufende Gerichtsverfahren Einfluss genommen werden“ sollte.

Demonstranten vor dem Gericht

Angehörige der linksradikalen Szene, die sich bereits Stunden vor der Urteilsverkündung am Landgericht eingefunden hatten, sahen das jedoch anders und protestierten lautstark. Zeitweise waren es mehr als 100 Personen. Mit Sprechchören und auf Transparenten wetterten sie gegen „Klassenjustiz“ und eine in ihren Augen politische Instrumentalisierung des Verfahrens. „Nicht unsere Genossen gehören auf die Anklagebank, sondern Kriegstreiber und Kriegsbefürworter“, lautete eine ihrer per Megaphon verstärkten Parolen. „Jedes in Deutschland abgebrannte Militärfahrzeug kann in Afghanistan keinen Schaden mehr anrichten“, hieß es auf einem mitgeführten Transparent. Die Stimmung war aggressiv. Gewalttätige Zwischenfälle blieben zunächst jedoch aus.

Für den Abend hatten Sympathisanten der „mg“-Angehörigen zu einer weiteren Protestkundgebung am Kottbusser Tor in Kreuzberg aufgerufen. Die Sicherheitsbehörden hatten sich bereits vor der Urteilsverkündung auf mögliche Gewaltakte der linken Szene eingestellt. Rund um das Landgericht waren am Freitagmorgen starke Polizeikräfte aufgezogen worden. Nach der Verhandlung war insbesondere in den Brennpunkt-Kiezen in Mitte, Friedrichshain, Kreuzberg und Prenzlauer Berg eine deutliche verstärkte Streifentätigkeit zu erkennen.

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Neue Version des Artikels vom 17.10.2009:

Linksradikale demonstrieren vor Gericht

Von Michael Mielke und Hans Nibbrig

Mehr als zwei Jahre nach einem versuchten Brandanschlag auf Bundeswehrfahrzeuge hat das Kammergericht drei Männer aus dem linksextremen Spektrum zu Haftstrafen von drei Jahren und sechs Monaten sowie drei Jahren verurteilt. Der Staatsschutzsenat sah es als erwiesen an, dass die Angeklagten zu der linksextremistischen Formation "Militante Gruppe" (mg) gehörten.
Verteidiger sprachen von einem "politischen Prozess" und kündigten an, in Revision zu gehen. Schon während der Urteilsverkündung reagierten linksradikale Demonstranten vor dem Gerichtsgebäude mit wütenden Protesten und kaum verhüllten Drohungen. "Die Nacht ist noch lang", skandierten mehrere Teilnehmer.

Einzelne Wortfetzen der mit einem Megaphon verstärkten Proteste waren bis in den Saal 700 des Moabiter Kriminalgerichts zu hören. Der Senatsvorsitzende Josef Hoch zeigte sich jedoch unbeeindruckt. Er hatte die Urteilsverkündung eine Stunde später beginnen lassen, damit genügend Zeit blieb, um die strengen Einlasskontrollen durchzuführen.

Anschlag auf Armeefahrzeuge

Hoch hielt es "angesichts der Beweislage für absolut sicher", dass die zwischen 37 und 48 Jahre alten Angeklagten im Sommer 2007 an einem Brandanschlag beteiligt gewesen seien. Zwei von ihnen hätten in Brandenburg/Havel Brandsätze unter Armeefahrzeuge gelegt, während der Dritte in einem Fluchtfahrzeug gewartet habe. Die Angeklagten seien jedoch schon geraume Zeit von Beamten des Staatsschutzes observiert worden. Einer der Beamte hatte die Brandsätze noch rechtzeitig entfernen können.

Die Verurteilung erfolgte jedoch nicht nur wegen versuchter Brandstiftung, sondern auch wegen der "Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung". Die Beweisaufnahme habe ergeben, so Hoch, dass alle drei der 2001 gegründeten "mg" zuzurechnen seien. Erklärtes Ziel dieser Vereinigung sei es, "unter Abschaffung der heutigen demokratischen Gesellschaftsverhältnisse eine kommunistische Weltordnung zu etablieren". Die "mg" habe sich zu 25 Anschlägen bekannt, bei denen ein Schaden von insgesamt 840 000 Euro entstand. Angestrebt worden sei auch, Nachahmer zu finden, sagte der Richter. Und das habe letztlich ja auch funktioniert. "In Berlin sind linksextremistische Brandstiftungen alltäglich geworden." Er sprach von "abschreckenden Strafen", die "geboten" seien.

Auffällig sei auch, sagte Hoch, dass die Gruppierung nach der Festnahme der Angeklagten in eine regelrechte "Schockstarre" gefallen sei. Es habe plötzlich keine Anschläge mehr gegeben, ausgeblieben seien ebenso "die publizistischen Erklärungen", in denen zuvor sogar schon über die "Exekution von Entscheidungsträgern" nachgedacht worden sei.

Im Juli hatte "mg" sogar ihre Auflösung in einer im Untergrund produzierten Zeitschrift erklärt. Darin wurde auch behauptet, dass die "mg" mit dem Anschlag auf die Armeefahrzeuge in Brandenburg/Havel nichts zu tun habe. Hoch wertete das jedoch als ein taktisches Manöver, mit dem "auf das laufende Gerichtsverfahren Einfluss genommen werden" sollte.

Aggressive Stimmung

Angehörige der linksradikalen Szene, die sich bereits Stunden vor der Urteilsverkündung am Landgericht eingefunden hatten, sahen das jedoch anders und protestierten lautstark. Zeitweise waren es mehr als 100 Personen. Mit Sprechchören und auf Transparenten wetterten sie gegen "Klassenjustiz" und eine in ihren Augen politische Instrumentalisierung des Verfahrens. "Nicht unsere Genossen gehören auf die Anklagebank, sondern Kriegstreiber und Kriegsbefürworter", lautete eine ihrer per Megaphon verstärkten Parolen. "Jedes in Deutschland abgebrannte Militärfahrzeug kann in Afghanistan keinen Schaden mehr anrichten", hieß es auf einem mitgeführten Transparent. Die Stimmung war aggressiv. Gewalttätige Zwischenfälle blieben jedoch aus.

Am Abend nahmen etwa 350 Demonstranten an einer weiteren Protestkundgebung am Kottbusser Tor in Kreuzberg teil, zu der "mg"-Symphatisanten aufgerufen hatten. Der folgende Umzug durch Kreuzberg bis zum Oranienplatz verlief störungsfrei.

Die Sicherheitsbehörden hatten sich bereits vor der Urteilsverkündung auf mögliche Gewaltakte der linken Szene eingestellt. Rund um das Landgericht waren am Freitagmorgen starke Polizeikräfte aufgezogen worden. Nach der Verhandlung war insbesondere in den Brennpunkt-Kiezen in Mitte, Friedrichshain, Kreuzberg und Prenzlauer Berg eine deutliche verstärkte Streifentätigkeit zu erkennen.

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