Gedankentäter und verdächtig Unverdächtige
Seit drei Wochen sitzen vier mutmaßliche Mitglieder der Militanten Gruppe (Wikipedia) unter anderem wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung in Untersuchungshaft (Pressemitteilung
der Generalbundesanwaltschaft, 02.08.2007). Einer der vier ist
Sozialwissenschaftler an der Berliner Humboldt-Universität. Ihm wird
vorgeworfen, Vordenker und Stichwortgeber der "Militanten Gruppe" zu
sein.
Als Indizien für die Festnahme reichten offenbar, dass er sich in
seinen wissenschaftlichen Büchern mit stadtsoziologischen Themen
beschäftigte, die auch die Militante Gruppe in einem Bekennerschreiben
erwähnte, sowie die Tatsache, dass er einen anderen der Verhafteten
kenne und sich mit ihm auch mal getroffen habe. Handfeste Beweise gäbe
es keine, so seine Anwältin Christina Clemm. Die Haft sei nicht
gerechtfertigt.
In einem offenen Brief
wenden sich eine ganze Reihe nationaler sowie internationaler
Wissenschaftler an die Generalbundesanwältin Monika Harms. "Die Art von
Gewaltbefürwortung und -ausübung, wie sie von der 'militanten gruppe'
praktiziert wird, lehnen wir strikt ab. Zugleich verwahren wir uns aber
entschieden gegen die Konstruktion der intellektuellen Täterschaft, wie
sie von der Bundesanwaltschaft vorgenommen wird."
Auf ein völlig absurdes Detail weist der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (Wikipedia) in einer Pressemitteilung (Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen, 02.08.2007) hin.
"Bezüglich eines der drei in Brandenburg Festgenommenen heißt es,
dass obwohl 'keine polizeilichen Erkenntnisse vorliegen', dies der
'Annahme des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen
Vereinigung nicht entgegen' stehe. Wie sich vielmehr 'aus den Schriften
der militante(n) Gruppe(mg)' ergäbe, entspräche dies 'damit vielmehr
genau den Anforderungen, die diese Vereinigung an ihre Mitglieder
stellt.'"
In der taz schreiben Saskia Sassen und Richard Sennett,
dass die Polizei mehr nach Guantánamo-Art vorzugehen scheine, als sich
an Recht und Gesetz zu halten. "Sollten unsere Kollegen wirklich
gefährliche Soziologen sein, dann sollten sie mit rationalen Mitteln
strafrechtlich verfolgt werden. Aber, wie in Guantánamo, scheint die
Verfolgung an Stelle der Strafverfolgung getreten zu sein."