Berliner Soziologe freigelassen

Der unter Terrorverdacht verhaftete Soziologe Andrej H. ist frei. Der Verdacht, Mitglied der terroristischen Vereinigung "militante gruppe" zu sein, besteht fort. Die Bundesanwaltschaft will Beschwerde gegen die Haftaussetzung einlegen.

Die Proteste gegen die Inhaftierung des Berliner Wissenschaftlers waren immer lauter geworden. In zwei offenen Briefen an die Bundesanwaltschaft hatten mehr als 100 Wissenschaftler aus Deutschland, Kanada, Australien und den USA die sofortige Freilassung des Soziologen Andrej H. gefordert. Online sind bereits über 3000 Unterschriften aus dem wissenschaftlichen Umfeld zusammen gekommen.

Nun hatten die Proteste Erfolg: Der 36 Jahre alte H., der seit mehreren Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Humboldt-Universität tätig ist, wurde am Mittwoch gegen eine Kaution sowie Meldeauflagen aus der Untersuchungshaft entlassen. Der Verdacht, Mitglied der terroristischen Vereinigung „militante gruppe“ (mg) zu sein, besteht nach Angaben der Bundesanwaltschaft aber fort. Der Haftbefehl sei nur außer Vollzug gesetzt worden.

Nach Angaben der Anwältin des Soziologen, Christina Clemm, habe die Bundesanwaltschaft vor, Beschwerde gegen die Haftaussetzung einzulegen. Eine Begründung der Beschwerde liege jedoch noch nicht vor. Bereits vor der Haftverschonung hatte die Anwältin im Gespräch mit ZEIT online betont, dass die Indizien gegen Andrej H. weder die Haftbedingungen noch den Vorwurf rechtfertigten, er sei Mitglied der "militanten gruppe". In den 29 Aktenordnern, in denen das Bundeskriminalamt (BKA) Informationen über Andrej H. zusammengetragen hatte, stehe "nichts drin." Das BKA observiert den Soziologen seit einem Jahr.

Auch der Berliner Soziologie-Professor Hartmut Häußermann sagte am Donnerstag, es gebe keinen konkreten Hinweis auf eine Mitgliedschaft von Herrn H. in der "militanten gruppe".“ Häußermann ist der Verfasser einer der offenen Briefe. Darin heißt es wörtlich: „Die Art von Gewaltbefürwortung und -ausübung, wie sie von der "militanten gruppe" praktiziert wird, lehnen wir strikt ab. Zugleich verwahren wir uns aber entschieden gegen die Konstruktion der intellektuellen Täterschaft, wie sie von der Bundesanwaltschaft vorgenommen wird.“