Aus dem Tätigkeitsbericht des Kammergerichts 2008

[...] Erstinstanzlich entscheidet der 1. Strafsenat des Kammergerichts in erster Linie über so genannte Staatsschutzdelikte. Hierbei handelt es sich um Verfahren, in denen wegen der Schwierigkeit der Rechts- und Sachlage häufig lange verhandelt wird. Im Jahr 2008 sind vier solcher Verfahren eingegangen. In zwei Verfahren wurde den Angeklagten jeweils eine geheimdienstliche Agententätigkeit vorgeworfen und zwar einmal für den sudanesischen Nachrichtendienst „National Security and Intelligence Bureau“ (NSIB) und einmal für den saudi-arabischen Geheimdienst „General Intelligence Presidency“ (GIP). In einem weiteren Verfahren wurden dem Angeklagten Verstöße das Außenwirtschaftgesetz (Embargoverstoß) vorgeworfen. Die größte Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erregte jedoch das so genannte „mg-Verfahren“, welches der 1. Strafsenat seit dem 25. September 2008 verhandelt, und in dem den drei Angeklagten die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung sowie eine versuchte Brandstiftung in Tateinheit mit einer versuchten Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel (Kraftfahrzeuge der Bundeswehr) vorgeworfen wird.
Weitere Einzelheiten, insbesondere zum Ausgang eines Teils dieser Verfahren können dem nachfolgenden Kapitel „Rück- und Ausblick auf Entscheidungen“ entnommen werden. [...]

Das „mg-Verfahren“
Hauptverhandlung seit dem 25. September 2008 – (1) 2 StE 2/08-2 (21/08) –

In der am 11. Juli 2008 beim Kammergericht eingegangenen Anklageschrift wirft der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof den drei Angeklagten Florian L., Oliver R. und Axel H. vor, als Mitglieder einer Vereinigung, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Straftaten zu begehen, am 31. Juli 2007 in Brandenburg an der Havel gemeinschaftlich handelnd versucht zu haben, drei Lastkraftwagen der Bundeswehr in Brand zu setzen und dadurch zu zerstören. Im konkreten Anklagesatz wird dazu weiter ausgeführt, dass spätestens seit Juni 2001 in der Bundesrepublik Deutschland eine Organisation, die sich „militante gruppe (mg)" nennt, bestehen soll. Diese soll sich als militante, sozialrevolutionäre und antiimperialistische Gruppe, die zielgerichtet an der Überwindung des staatlichen Systems der Bundesrepublik Deutschland arbeitet, verstehen. Zur Erreichung dieses Ziels soll die „mg" unter ihrem Namen von Juni 2001 bis einschließlich Mai 2007 im Raum Berlin 25 Brandanschläge vornehmlich gegen Gebäude und Kraftfahrzeuge staatlicher Einrichtungen, wie Polizeibehörden, Ordnungsämter, Gerichte oder die Bundeswehr, aber auch von Privatfirmen und Privatpersonen sowie sonstiger nichtstaatlicher Stellen verübt haben (allein im Jahr 2006 acht Anschläge, darunter einen Anschlag auf das Gebäude des Polizeipräsidiums in Berlin-Tempelhof, in dem sich zur Tatzeit auch Personen aufgehalten haben sollen). Als Mitglieder der „mg“ sollen die Angeklagten in der Nacht des 31. Juli 2007 nach Brandenburg gefahren sein und Florian L. sowie Oliver R. auf dem Gelände der Firma MAN in der Upstallstraße 4 mehrere Brandsätze unter den dort abgestellten drei Lastkraftwagen der Bundeswehr abgelegt und gezündet haben, während Axel H. beim Fluchtfahrzeug verblieben sein soll. Auf der gemeinsamen Rückfahrt nach Berlin wurden die Angeklagten dann festgenommen. Zur Klärung dieser Tatvorwürfe hat der 1. Strafsenat des Kammergerichts seit Ende September 2008 bis Ende Februar 2009 an 27 Tagen verhandelt und fast 30 Zeugen gehört, einige davon sogar über mehrere Hauptverhandlungstage hinweg. Ein Ende dieses Verfahrens ist dennoch bisher noch nicht in Sicht.

Quelle: http://www.berlin.de/sen/justiz/gerichte/kg/ueber-uns/allgemeines/berichte.html

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