Kasernen-Brandstifter kamen von außerhalb
Ermittler vermuten, dass drei bis vier Täter aus dem militanten linken Spektrum den Anschlag auf das Bundeswehrgelände in Dresden verübten.
Wolfgang Jehle, Chefermittler bei der Suche nach den Brandstiftern in der Dresdner Albertstadt-Kaserne, scheint mit 51 Jahren ein gesetzter Mann zu sein. „Sichere Ergebnisse bei der Spurenauswertung sind mir lieber, als schnelle“, sagt er und kündigt an, dass mit raschen Aufklärungserfolgen eher nicht zu rechnen ist.
Dennoch informierte der Kriminalist, der 1993 von Baden-Württemberg nach Dresden wechselte, gestern über Details der Ermittlungen. „Der Täterkreis ist in der linksextremistischen Szene zu suchen“, erklärte er. Die Attentäter kämen vermutlich nicht aus der Region.
Eher primitive Brandsätze
Für die Täter geht es nicht mehr nur um Brandstiftung. Ihnen werde nun auch Sabotage gegen eine Bundeseinrichtung vorgeworfen, so Oberstaatsanwalt Christian Avenarius. Bei dem Anschlag wurden 42 Fahrzeuge vom Krad bis zum neuen Reisebus zerstört und ein Sachschaden von fast drei Millionen Euro verursacht. Wichtige Hinweise liefern die bei dem Anschlag in der Nacht zum Ostermontag verwendeten Brandsätze. Sie sind in der militanten Szene unter dem Namen „Nobelkarossentod“ bekannt. Schon seit längerer Zeit wird einer sogenannten „,militanten Gruppe“ die Verwendung solcher Brandsätze zugeschrieben. Vier Aktivisten der „mg“, so die Abkürzung, stehen derzeit in Berlin vor Gericht. Ihnen legt die Staatsanwaltschaft einen Brandanschlag auf Bundeswehrfahrzeuge in Brandenburg/Havel im Juli 2007 zur Last.
Im Landeskriminalamt zeigten die Ermittler gestern die Reste eines verkohlten Brandsatzes. Vor seiner Zündung bestand er aus einer Trägerplatte, auf die zwei mit Benzin gefüllte Einwegflaschen, ein mechanischer Wecker und eine Stromquelle montiert waren. Mit der Uhr wurde offenbar eine elektrische Zündung ausgelöst.
Anleitungen zum Bau solcher primitiven Brandsätze seien leicht im Internet zu finden, so Wolfgang Jehle. Seinen Angaben zufolge haben die Täter für den Anschlag mehr als ein Dutzend Brandsätze verwendet.
Ob alle gezündet haben, wollten die Ermittler gestern nicht sagen. Auf der Luftaufnahme vom Ort des Anschlages ist zwischen den drei verschiedenen Brandorten eine Lücke erkennbar. Möglicherweise befand sich dort ein weiterer potenzieller Brandherd, der sich nicht entzündet hat.
Die 30-köpfige Ermittlergruppe Albertstadt geht zurzeit von drei bis vier Tätern aus, die die Brandsätze platziert haben. „Die Täter handelten keinesfalls spontan. Sie haben den Ort ihres Anschlages sehr genau ausgeforscht“, sagt Jehle. Deshalb würden auch Zeugen gesucht, die am Osterwochenende oder in den Wochen zuvor ungewöhnliche Beobachtungen im Dresdner Prießnitzgrund sowie am nördlichen Zaun der Albertstadt-Kaserne gemacht haben, wo die Militanten höchstwahrscheinlich in die Kaserne eingedrungen sind.
Die Ermittler wissen, dass den Tätern in der Nacht zum 13. April ein Zeitfenster von etwa einer Stunde für den Anschlag zur Verfügung stand. Gegen 1.45 Uhr habe ein Wachmann der privaten Sicherheitsfirma bei seinem Rundgang noch keine Beschädigung des Nato-Drahtes im Fuhrpark festgestellt. 3.02 Uhr sei die Feuerwehr alarmiert worden, da habe der Fuhrpark schon in voller Ausdehnung gebrannt, so Jehle. Und der oberste Draht am Zaun war zerschnitten.
Eine konspirative Szene
LKA-Staatsschützer Jehle hatte am Osterwochenende Bereitschaftsdienst und war wenig später bereits am Tatort. „So bin ich zu dem Fall gekommen“, scherzt er. Sein Chef Peter Pählich nennt Jehle „einen meiner wichtigsten Männer“. Er habe mehrere Jahre an der Spitze der Sonderkommission Rechtsextremismus gestanden und auch das Großverfahren gegen die Skinheads Sächsische Schweiz geleitet. Nun ermittelt der Mann mit dem schon etwas ergrauten Bart im militanten Linksextremismus, einer besonders konspirativen Szene.