Militante Gruppe: Heißer Verdacht

Es ist einer der seit langem spektakulären Fälle gegen Linke: 25 Brandanschläge werden der Militanten Gruppe angelastet. Drei mögliche Mitglieder stehen nun vor Gericht - die Beweislage ist schwierig.

von Frank Jansen

Der Auftakt dürfte turbulent werden. Aus der linken Szene wird für den morgigen Donnerstag und gleich für acht Uhr eine „Kundgebung zu Prozessbeginn“ am Kriminalgericht Moabit angekündigt, aus „Solidarität mit allen AntimilitaristInnen“ und besonders mit „Axel, Florian und Oliver“, wie es auf der Homepage „einstellung.so36.net“ heißt. Axel H., Florian L. und Oliver R. sind die Angeklagten in einem der seit langem spektakulärsten Verfahren gegen Linke. Die Bundesanwaltschaft hält die drei für Mitglieder der linksextremen „Militanten Gruppe“, die sich zwischen Juni 2001 und Mai 2007 zu insgesamt 25 Brandanschlägen bekannt hat. In der Nacht zum 31. Juli 2007 nahm die Polizei die monatelang observierten Männer in Brandenburg fest. Kurz zuvor sollen Florian L. und Oliver R. Brandsätze unter drei Lastwagen der Bundeswehr gezündet haben, die auf einem Firmenparkplatz in Brandenburg/Havel standen. Axel H. soll in einem Pkw gewartet haben. Die Polizei konnte die Flammen rasch löschen.

Der Zugriff war für die Sicherheitsbehörden der lang erhoffte Durchbruch. Mit großem Aufwand hatte die Polizei, insbesondere das Landeskriminalamt Berlin, nach den überaus konspirativ agierenden Linksextremisten gefahndet. Die MG, wie sich die Militante Gruppe in ihren Erklärungen kürzelte, hatte Fahrzeuge der Bundeswehr, der Polizei und großer Unternehmen abgebrannt, außerdem wurden mehrere Behörden attackiert. Der FDP-Politiker Otto Graf Lambsdorff bekam 2001 eine Kleinkaliberpatrone geschickt, im beigefügten Schreiben stand, „auch Kugeln markieren einen Schlussstrich“. In ihren Selbstbezichtigungsschreiben predigte die Militante Gruppe „sozialrevolutionären Widerstand“ gegen den Kapitalismus und warb für den Kommunismus. Die von den Feierabendpartisanen angeschobene Debatte im linksradikalen Milieu, über Attentate auf „Entscheidungsträger“ nachzudenken, verklang jedoch.

Ob dem 47-jährigen Sozialpädagogen Axel H., dem 36-jährigen Altenpfleger Florian L. und dem gleichalten Buchladen-Mitarbeiter Oliver R. rechtskräftig nachzuweisen ist, dass sie zur vermutlich kleinen Militanten Gruppe zählten, erscheint allerdings fraglich. Der 1. Strafsenat des Kammergerichts, der aus Sicherheitsgründen die Hauptverhandlung nach Moabit verlegt hat, steht vor einer komplizierten Beweisaufnahme. Zumal die Angeklagten schweigen und ein womöglich wichtiger Zeuge wahrscheinlich anonym bleiben muss – eine vertrauliche Quelle des Bundesamtes für Verfassungsschutz hat die drei Männer belastet.

Die Bundesanwaltschaft hat bereits die Tücken des Verfahrens spüren müssen. In der Anklage konnte nicht, wie geplant, der Vorwurf erhoben werden, die drei Männer seien Mitglieder einer terroristischen Vereinigung, womit zehn Jahre Höchststrafe gedroht hätten. In einem Beschluss buchstabierte der Bundesgerichtshof im November 2007 den Tatverdacht herunter – auf die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, die mit maximal fünf Jahren geahndet werden kann. Angesichts der Neufassung des Terrorismus-Paragrafen 129a im Jahr 2003 meinten die Karlsruher Richter, die der Militanten Gruppe zugeschriebenen Anschläge seien „nicht geeignet, die Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Gesetzes erheblich zu schädigen“. Gleichzeitig wurden die Haftbefehle gegen Axel H., Florian L. und Oliver R. gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Allerdings wiegen auch die weiteren Vorwürfe – Brandstiftung und Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel beim Anschlag am 31. Juli 2007 – schwer. Für die anderen Anschläge der MG werden die drei nicht verantwortlich gemacht.

Das Verfahren gegen einen vierten Tatverdächtigen, den ebenfalls 2007 festgenommenen Andrej H., konnte die Bundesanwaltschaft nicht in die Anklage integrieren. Die Ermittlungen gegen H. hatten zudem reichlich Protest ausgelöst, die Indizien gegen ihn erscheinen vage. Die Verteidiger der drei Angeklagten bezweifeln sogar, dass überhaupt von einem fairen Verfahren die Rede sein kann. 50 Aktenordner fehlten, klagt Anwalt Sven Lindemann, der Florian L. vertritt. Die Bundesanwaltschaft widerspricht. Für Donnerstag sind Rededuelle wohl programmiert.

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