Kriegsgegner mobilisieren
Antimilitaristen rufen für Sonnabend zu Demonstrationen gegen die Besetzung Afghanistans auf. Sofortiger Abzug der Bundeswehr gefordert
Von Markus Bernhardt
Mit dem nunmehr sieben Jahre andauernden Krieg am Hindukusch wurde keines der vorgeblichen Ziele erreicht, lautete die einhellige Einschätzung von Gegnern der völkerrechtswidrigen Besatzung Afghanistans auf einer Pressekonferenz am Montag in Berlin. Vielmehr sei das Gegenteil des angeblich Gewünschten erreicht worden. In Afghanistan herrschten Chaos, Gewalt, Terror und Drogenhandel. Die Bevölkerung lebe in ständiger Angst und unter unwürdigen sozialen Bedingungen. Menschenrechte würden weiterhin mit Füßen getreten.
Während sich die etablierten Parteien der Bundesrepublik bemühen, der Öffentlichkeit die Verbrechen der US-amerikanischen und europäischen Besatzer als »zivile Maßnahmen« zu verkaufen, hat sich die Lebenssituation der afghanischen Bevölkerung seit Beginn der Besatzung massiv verschlechtert: Die Alphabetisierungsrate ist seit dem Einmarsch gesunken; täglich sterben in Afghanistan 600 Kinder unter fünf Jahren; alle 29 Minuten stirbt eine Frau bei der Geburt ihres Kindes; jede zweite der aufgebauten Schulen wurde bereits wieder zerbombt.
Um gegen die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes zu protestieren, rufen mehr als 250 Organisationen für kommenden Sonnabend zu Antikriegsprotesten in Berlin (12 Uhr, Brandenburger Tor) und Stuttgart (12 Uhr, HBF) auf. Auch in den USA, Frankreich und Großbritannien sind Manifestationen der Friedensbewegung vorgesehen.
»Afghanistan wird zum deutschen Vietnam«, warnte Reiner Braun, Mitorganisator der geplanten Demonstration am Montag in Berlin. Der Sprecher der Kooperation für den Frieden wandte sich gegen die immer »tiefere Verstrickung der Bundesrepublik in den Krieg« und sprach sich erneut für eine internationale Untersuchungskommission aus, die die Verbrechen und Propagandalügen der Besatzer untersuchen solle.
Als Skandal bezeichnete Peter Strutynski, Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag, die von allen Bundestagsparteien bis auf Die Linke unterstützte Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan. Während 65 bis 75 Prozent der Bevölkerung gegen den Einsatz seien, würden fast 90 Prozent der Abgeordneten für die Kriegsaktivitäten der bundesdeutschen Angriffsarmee votieren. »Deutschland hat sieben Jahre lang nicht am Aufbau Afghanistans gearbeitet, sondern zu dessen Zerstörung beigetragen«, konstatierte Strutynski und verwies zudem darauf, daß die Ausgaben für Rüstung und Krieg im kommenden Jahr auf insgesamt 31 Milliarden Euro aufgestockt werden sollen und damit genauso hoch seien wie zu Zeiten des sogenannten Kalten Krieges Ende der 80er Jahre.
Unterschiedliche Einschätzungen bezüglich weiterer Antikriegsaktivitäten wurden indes auch zwischen den Demoorganisatoren deutlich. Abel Gerigk, Sprecher des bei der Berliner Demonstration geplanten »Antikapitalistischen Blocks«, monierte, daß von der Friedensbewegung an die Bundesregierung gerichtete Appelle bisher nicht zum Erfolg geführt hätten. Explizit verteidigte er ein Plakat des Berliner »Büros für antimilitaristische Maßnahmen« (BAMM), auf dem im Einsatz getötete Bundeswehrsoldaten satirisch als begrüßenswerter »Schritt zur Abrüstung« bezeichnet werden (jW berichtete). Die Distanzierungen von namenhaften Vertretern der Friedensbewegung sei für ihn nicht nachvollziehbar. Im Gegensatz zu dem Plakat seien der vom ehemaligen Wehrmachtsoffizier und Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) geäußerte Vergleich des Linksfraktionchefs Oskar Lafontaine mit Adolf Hitler sowie die mörderischen Aktivitäten der Bundeswehr »zynisch und menschenverachtend«. Die geplante Demonstration sei sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, könne jedoch den Krieg nicht stoppen, so Gerigk. Der Kriegsgegner solidarisierte sich zudem mit den nach Paragraph 129 (Kriminelle Vereinigung) angeklagten Antimilitaristen im Verfahren gegen die sogenannte »militante gruppe« (»mg«), deren Prozeß am 25. September starten soll.