Demo gegen die §§129 am 5. Juli in Stuttgart

Am Samstag, den 05. Juli beteiligten sich mehr als 400 Menschen an einer Demonstration gegen die Paragraphen 129, 129a und 129b (Mitgliedschaft, bzw. Unterstützung einer kriminellen / terroristischen Vereinigung / terroristischen Vereinigung im Ausland) und die Kriminalisierung linker und revolutionärer Politik.

Anlass für die Demo war der §129b-Prozess in Stuttgart-Stammheim gegen 5 linke Aktivisten aus der Türkei, denen vorgeworfen wird Mitglieder der verbotenen DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) zu sein. Mit dem Prozess wird versucht einen Präzedenzfall zu schaffen um zukünftig noch stärker gegen Strukturen linker migrantischer Organisationen vorgehen zu können. Er reiht sich ein in eine Vielzahl von Angriffen gegen linke Strukturen unter dem Deckmantel des „Kampfes gegen den Terror“ mit dem Ziel diese zu kriminalisieren, zu verfolgen und zu zerschlagen.

Vor der Antirepressionsdemo fand auch eine Demonstration gegen die Politik der G8-Staaten statt, an der sich etwa 130 Menschen beteiligten. (siehe: http://de.indymedia.org/2008/07/221472.shtml )

Bereits ab dem Vormittag waren an Kreuzungen und S-Bahn Stationen in der Stuttgarter Innenstadt starke Polizeikräfte präsent. Wer dem Aussehen nach als TeilnehmerIn einer der beiden Demonstrationen ausgemacht wurde, musste sich einer, teilweise langwierigen, Personenkontrolle unterziehen. Das Mitführen eines Halstuches konnte dabei ebenso zur Festnahme führen, wie der T-Shirt Aufdruck ACAB. Im Laufe des Tages wurden so fast 30 Personen festgenommen. Außerdem wurde eine Vielzahl von Flugblättern, Broschüren und weiteren Infomaterialien beschlagnahmt und somit die Durchführung eines Infotisches komplett verhindert.

Trotz der Polizeiprovokationen startete die Demo um 14.30 Uhr mit entschlossener Stimmung am Stuttgarter Hauptbahnhof. In Redebeiträgen und Flugblättern wurde der Prozess in Stuttgart-Stammheim, sowie die allgemeine Repression gegen aktive Linke und die innere Aufrüstung thematisiert. Auch wurden Grußbotschaften von verschiedenen politischen Gefangenen verlesen.

Im Verlauf der Demo kam es zu weiteren Provokationen und Übergriffen der Polizei. Eine 22jährige wurde dabei durch einen Knüppelschlag auf den Kopf verletzt und musste im Krankenhaus genäht werden.

Wegen der fortwährenden Übergriffe von Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten (BFE) konnten einige Redebeiträge erst nach mehrmaliger Unterbrechung zuende geführt werden. Die Rede der Revolutionären Aktion wurde diesmal nicht vermummt gehalten, sondern von CD abgespielt.
Die Demonstration wurde schließlich von den Organisatoren früher als geplant beendet, da sich die Situation nach der Zwischenkundgebung am Innenministerium sichtbar zuspitzte, indem die Polizei ihre bereits bestehende hohe Präsenz noch einmal erhöhte und die Demoleitung weitere Festnahmen, die offenbar kurz bevorstanden, vermeiden wollte.

Alles in allem tat die Polizei, die mit Reiterstaffeln, der Einsatzhundertschaft und Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten vor, neben und hinter dem Demo massiv präsent war, viel dafür das Demonstrationsrecht ad absurdum zu führen. Den DemoteilnehmerInnen wurde so der staatliche Umgang in der BRD mit ungewünschtem politischem Engagement direkt vor Augen geführt. Ob dies tatsächlich zu einer, offensichtlich gewünschten, Einschüchterung geführt hat, ist zu bezweifeln. Tatsächlich waren sich die meisten DemoteilnehmerInnen darin einig, dass die Aktivitäten gegen die weitere staatliche Aufrüstung weiter gehen und das Vorgehen gegen linke Demos zu noch ge- und entschlossenerem Auftreten führen müssen.

Mit der Demonstration wurde ein deutliches Zeichen gesetzt und klargemacht, dass der Prozess in Stuttgart-Stammheim auch weiterhin öffentlich thematisiert wird - auch wenn die staatlichen Organe alles tun um dies zu verhindern. Neben der unangemeldeten Demo am Tag des Prozessbeginns, Wandzeitungen, Flugblättern, Plakaten, Sprühereien, Transparentaktionen, Farbflaschenwürfen auf das Oberlandesgericht und Veranstaltungen, war die Demo ein weiterer Teil der Kampagne zur Solidarität mit den kriminalisierten linken Aktivisten. Laut einer aktuellen Pressemeldung warnt mittlerweile auch der Verfassungsschutz vor einer verstärkten Solidarisierung der deutschen Linken mit kriminalisierten migrantischen Strukturen und einer engeren Zusammenarbeit linker deutscher und türkischer Organisationen.
Dass die Polizei so massiv gegen die Demo vorging, zeigt allenfalls dass ihnen die Aktivitäten im Rahmen der Kampagne, wie auch die weiteren Aktionen der Stuttgarter Linken ein Dorn im Auge sind und diesen ein Riegel vorgeschoben werden soll. Glücken wird ihnen das aber nicht - see you on the streets...

Für weitere Infos: www.no129.info