Stuttgart: Über 400 TeilnehmerInnen bei Demonstration gegen §§129

Heute fand in Stuttgart eine Demonstration mit über 400 TeilnehmerInnen gegen die §§129 statt. Aktueller Anlass für die von einem Bündnis verschiedener linker Parteien und Gruppen, MigrantInnenorganisationen und Antirepressionsinitiativen organisierte Demonstration war der seit dem 17. März laufende Prozess gegen fünf vermeintliche Mitglieder der DHKP-C.

Dieser Prozess ist der erste größere 129b-Prozess gegen eine linke Organisation. Der Paragraph 129b stellt die Mitgliedschaft, Unterstützung und Werbung für eine sogenannte „terroristische“ Vereinigung im Ausland unter Strafe. Dass es nicht bei diesem einzelnen Prozess bleiben wird, ist offensichtlich. Bereits jetzt laufen weitere 129b-Ermittlungen gegen andere migrantische Linke, wie zum Beispiel gegen 10 Mitglieder der ATIF (Föderation der ArbeiterInnen aus der Türkei).

Der Paragraph 129b ergänzt die Paragraphen 129 und 129a, die sich auf „kriminelle“ und „terroristische“ Vereinigungen im Inland beziehen. Diese wurden bisher fast ausschließlich zum staatlichen Vorgehen gegen verschiedene Linke verwendet.

Diese Verfahren sind nicht losgelöst von der Geschichte der Repression in Deutschland zu sehen. Auf deren Geschichte in Deutschland ging ein Vertreter des AK Internationalismus Stuttgart ein, der den Bogen vom Verbot der KPD 1956 über die Repression gegen die Gegner der Wiederbewaffnung über die Prozesse in Stammheim bis hin zu den Hausdurchsuchungen bei G8 Gegnern im vergangenen Jahr im Vorfeld des G8 Gipfels in Heiligendamm spannte.

Vor dem Stuttgarter Innenministerium wurde eine Rede des Berliner Einstellungsbündnisses verlesen, die sich auf das anstehende Verfahren gegen die mg-Beschuldigten bezog und die Einstellung des Verfahrens bzw. den Freispruch forderte. Mit dem Prozessauftakt ist diesen Herbst vor dem Berliner Kammergericht zu rechnen. Dazu wird in Berlin zu einer Großdemonstration aufgerufen werden. In dem Beitrag des Einstellungsbündisses wurde insbesondere auf den Zusammenhang verschiedener Repressionsfälle in der BRD vor, während und nach dem letztjährigen G8-Hipfel in Heiligendamm verwiesen.

Bereits im Vorfeld kam es zu massiven Vorkontrollen und Ingewahrsamnahmen von mindestens 27 Demonstranten wegen Halstüchern, aber auch wegen T-Shirts mit „A.C.A.B.“-Aufschrift (ist laut Grundsatzurteil vom Februar übrigens nicht strafbar!). Inzwischen sind alle Festgenommenen wieder auf freiem Fuß.

Während der kämpferischen Demonstration, die lautstark mit Sprechparolen und bunt mit zahlreichen Transparenten und Fahnen auf sich aufmerksam machte, kam es immer wieder zu Provokationen und Angriffen durch die Polizei. Eine Demonstrantin erlitt bei einer Knüppelattacke eine Platzwunde am Kopf. Die Demonstranten mussten zwischen den Polizeikräften Spalier laufen, sogenannte Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten wurden vor allem um die Demospitze konzentriert.

Die Demonstration wurde gegen 16 Uhr vorzeitig von den Veranstaltern beendet, da das Demonstrationsrecht so nicht wahrgenommen werden konnte und von weiteren Verhaftungen auszugehen war.

Die Demonstration war die erste größere Mobilisierung gegen den §129b-Prozess. Darauf aufbauend soll es weitere Aktivitäten geben. Der Prozess wird noch lange andauern und es wird genügend Gründe für offensive Antirepressionsarbeit geben.