Dokumentiert: Wolf­-Dieter Narr an Josef Hoch

An
Vorsitzender Richter 1. Strafsenat des Kammergerichts
Herrn Josef Hoch
Turmstraße 91
10559 Berlin

Sehr geehrter Herr Hoch,

im Auftrag des Komitees für Grundrechte und Demokratie beobachte ich gegenwärtig, soweit es meine Zeit erlaubt, das Strafverfahren gegen Florian L., Oliver R. und Axel H., das von Ihnen geleitet wird.

Als ich heute etwa eine Viertelstunde vor 9 Uhr über die übliche Kontrollstelle zur Linken des Hauptportals in den Raum 700 steigen wollte, wurde mir vom Kontrollbeamten vor meiner kontrollierenden Untersuchung bedeutet, heute fände das Verfahren in einem anderen Raum statt. Ich hatte freilich fälschlicherweise aus Versehen die Raumnummer 101 angegeben. Wieder nach draußen gelangt, klärte mich ein mir bekannter Journalist, Herr Niels Seibert, über meinen Irrtum auf. Ich klingelte also erneut an der linksseitigen Tür. Derselbe Beamte, etwa meine Größe 1,85 cm, mittelblond, kurz geschorene Haare ging nun daran, die üblichen Kontrollmaßnahmen zu ergreifen. In deren Vollzug fragte er mich unter anderem, ob ich betrunken sei. Mutmaßlich hatte er meine Behinderung, die mich nur schwankend gehen lässt, so ausgelegt.

Weil er mich insgesamt kurz angebunden autoritär behandelte, beschwerte ich mich sehr zurückhaltend. Der Beamte – oder welchen berufichen Status er immer einnehmen mag – erklärte mir darauf brüsk, ich könne, nein ich müsse gehen. Wenigstens drei Mal fragte ich nach seinem Namen. Ihn zu nennen, weigerte er sich. Da sich vor dem Hauptportal – es war zwischenzeitlich 9 Uhr geworden – viele Leute drängten, habe ich darauf verzichtet, mich sofort nach einer Beschwerdestelle zu erkundigen. Darum schreibe ich Ihnen. Es handelt sich ohnehin um ein Geschehnis, das unmittelbar mit dem von Ihnen geleiteten Verfahren zu tun hat.

Vier Beschwernisse habe ich vorzutragen:
1. Ich beschwere mich über den rüden Umgangsstil einer Kontrollperson.
2. Ich beschwere mich darüber, dass diese Person mich ohne irgend zureichende Gründe davon abhielt – nur weil sie mutmaßlich ein wenig verärgert war, dass da eine Person nicht still alle autoritären Faxen hinnahm –, als ein Teil der Öffentlichkeit, die ein Strafverfahren auszeichnet, an dem von Ihnen geleiteten Prozess teilzunehmen. Faktisch wurde damit gegen mich unzulässige – und dazuhin kropfunnötige – Zensur ausgeübt. Die Öffentlichkeit des Verfahrens wurde willkürlich eingeschränkt.
3. Ich rüge, dass der Beamte, Angestellte oder sonstwie Bedienstete, mich grundlos und ohne Möglichkeit, mich unmittelbar dagegen zu wehren, wenigstens heute vom Verfahren ausschließen und mein Bürgerrecht suspendieren konnte.
4. Ich kritisiere, dass die genannte Kontrollperson, offenkundig nicht darüber informiert ist, ihren Namen nennen zu müssen, wenn sie sich mit dazuhin angemaßter Hoheit gegen einen Bürger wendet.

Obwohl es sich angesichts ungleich gewichtigerer Probleme um »lässliche« Verfehlungen handelt, ersuche ich Sie um ein Dreifaches.

Zum Ersten sollte die oben bezeichnete Person entsprechend instruiert werden, sich gegenüber Bürgerinnen und Bürgern entgegenkommend zu verhalten.

Zum Zweiten sollte diese Person dazu verpfichtet werden, sich mir gegenüber auf schriftlichem oder mündlichem Wege (dann wenigstens mit einem Zeugen) zu entschuldigen. Zum einen, dass sie meine Behinderung sogleich in ein Vorurteil umgewandelt hat. Zum anderen, dass sie mich nicht nur autoritär behandelte, vielmehr mir die Teilnahme am heutigen Verfahrenstag verbaute und außerdem unterließ, mir ihren Namen mitzuteilen.

Zum Dritten: Dieser Vorfall sollte allgemein dazu benutzt werden, alle Kontrollpersonen an ihre Sorgfaltspfichten zu erinnern. Zu diesen gehören an erster Stelle der sorgfältig entgegenkommende Umgang mit Bürgerin und Bürger.

Ich bitte, mich möglichst bald darüber zu informieren, welche Schritte Sie unternommen haben. Selbstredend bin ich zu weiteren Informationen und jedem klärenden Gespräch jederzeit bereit.

Mit den besten Grüßen und Wünschen
Ihr Wolf-Dieter Narr

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