(D) Beweisantrag: Kriegsbeteiligung der BRD am völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen den Irak
In der Strafsache gegen Florian L. u.a. wird – zum Beweis der Tatsache der militärischen Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland am völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der USA und anderer Nationen gegen den Irak im Jahr 2003 – beantragt, Beweis zu erheben durch Ladung und Vernehmung folgender Zeugen:
1. General Tommy Franks,
2. General James Marks,
3. Oberst Carol Stewart, alle zu laden über das Pentagon, Washington D.C., USA
4. Ludwig Mundt, zu laden über den Bundesnachrichtendienst in Pullach,
5. die BND Agenten unter den Decknamen Reiner Mahner,
6. Volker Heinster, sowie
7. Bernd P. (Deckname „Gardist“), alle ebenfalls zu laden über den BND,
8. Frank-Walter Steinmeier, zu laden über das Auswärtige Amt.
Die Zeugen zu 5) und 6) werden zunächst bekunden, dass sie vor ihrem Einsatz im Irak ab Februar 2006 langjährige Angehörige der Bundeswehr waren, konkret der Zeuge zu 5) den Rang als Oberstleutnant der Luftwaffe bekleidet hat und der Zeuge zu 6) Fallschirmjäger war. Beide werden bekunden, dass sie für den verdeckten Einsatz im Irak von der Bundeswehr formal zum Amt für Militärkunde abkommandiert worden sind. Der Zeuge zu 4) wird bekunden, dass dieses Amt eine Tarneinrichtung des BND ist. Die Zeugen zu 5) und 6) werden weiter bekunden, dass sie 11.02.2003 von Amman in Jordanien mit dem Pkw nach Bagdad gereist sind. Sie hätten sich freiwillig für die Operation gemeldet und es war vorgesehen, dass sie im Falle eines US-geführten Kriegsangriffs vor Ort bleiben, um wichtige Informationen auch an die US-Streitkräfte zu übermitteln.
Der Zeuge zu 7) wird bekunden, dass er im Centcom - der Kriegszentrale der USA für den Angriffskrieg gegen den Irak – in Katar spätestens ab Mitte Februar mindestens bis Mai 2003 anwesend war. Er habe die Meldungen aus Bagdad der Zeugen 5) und 6) via Pullach entgegengenommen und an die Zeugen zu 1) bis 3) weitergereicht, was diese bestätigen werden. Es seien insgesamt ca. 130 Meldungen samt Geo-Koordinaten und zahlreiche Fotos gewesen.
Die Zeugen zu 5) und 6) meldeten aus Bagdad unter anderem die Stellungen irakischer Truppen in der Stadt, Sandsackstellungen, MG-Nester und alles weitere relevante. Die Zeugen 1) bis 3) werden bestätigen, dass sie kriegswichtige Informationen u.a. über irakische Raketenstellungen vom BND erhalten haben, welche diese wiederum von den Zeugen 5) und 6) aus Bagdad erhalten haben. Diese Informationen seien extrem wichtig und wertvoll gewesen und sie waren detailliert und zuverlässig. Da die CIA nur schlechte Quellen in Bagdad hatte, waren die Informationen der Zeugen 5) und 6) für die US-Kriegsführung überaus notwendig und ohne diese hätten die USA keinerlei relevante Informationen aus Bagdad gehabt. Die deutschen Agenten – die Zeugen zu 5) und 6) - hätten eindeutig bei der Erfassung von Zielen geholfen und hätten unter anderem am 07.04.2003 gemeldet, dass in dem Restaurant Al-Saa, Ramadanstr. im Stadtteil Mansur von Bagdad eine Kolonne von schweren Mercedes-Wagen gesichtet sei. Die Zeugen zu 5) und 6) hätten die Vermutung gehabt – was sie auch weiter gemeldet haben – dass es sich eventuell um ein Geheimtreffen von Saddam Hussein mit engen Vertrauten gehandelt haben könnte. Der US-Militär-Geheimdienst DIA (Defense Intelligence Agency) habe die Zeugen zu 5) und 6) um eine Kontrollfahrt gebeten zur Verifizierung der Informationen. Die Zeugen zu 1) bis 3) werden bekunden, dass allein aufgrund der Informationen der Zeugen 5) und 6) die US-Airforce am 07.04.2003 vier satellitengesteuerte GBU31-Bomben, sog. Bunkerknacker, auf das Restaurant und seine Umgebung abgeworfen haben. Sie werden ebenfalls bekunden, dass bei diesem Angriff 12 Zivilisten und kein einziger Soldat getötet worden ist.
Elf Tage nach ihrer Ankunft in Bagdad sind die Zeugen zu 5) und 6) mit dem damals noch in Bagdad anwesenden BND-Agenten Johannes H. Über die Autobahn 8 von Bagdad Richtung Mahmudija nach Hilla, ca. 70 km südlich von Bagdad gefahren. Dort erspähten die Zeugen zu 5) und 6) eingegrabene Kampfpanzer vom Typ T-72, sowie diverse Sandsackstellungen und Maschinengewehrnester auf den Dächern offizieller Gebäude. Diese Informationen und auch die geschossenen Fotos erreichten ebenfalls die Zeugen zu 1-3 in Katar.
Die Zeugen zu 5) und 6) wussten auch, dass ihre Meldungen ins Centcom weitergereicht wurden. So meldeten sie die Information über Stellungen irakischer Truppen in der Nähe ihres eigenen Standorts in Bagdad mit dem Zusatz weiter, dass „zur Bekämpfung dieser Truppen bitte Special Forces eingesetzt werden sollen und keine Raketen und erst recht keine Artillerie“. Die Zeugen zu 1-6 werden bekunden, dass ausschließlich Centcom über den Einsatz von Special Forces und Raketen zu entscheiden hatte.
Die Zeugen zu 1) bis 3) werden auch bekunden, dass die extrem wichtigen Berichte der Zeugen zu 5) und 6) dazu geführt haben, dass der Kriegsbeginn vorgezogen wurde. Hierzu kam es, weil die Zeugen zu 5) und 6) ab dem 25.02.2003 gemeldet hätten, dass die irakischen Streitkräfte begonnen hätten, gewaltige Mengen Rohöl zu verbrennen. Am 05.03. berichteten sie über angeblich glaubwürdige Informationen, wonach die Ölpumpstation bei Kirkuk zur Sprengung vorbereitet wurden. Daraufhin – so die Zeugen 1) bis 3) – seien die Kriegsplanungen massiv verändert und beschleunigt worden. Man habe mit einer verstärkten Luftüberwachung der Anlagen begonnen und als am 19.03.2003 tatsächlich erste Bilder von brennenden Ölfeldern geliefert wurden und damit alle Warnungen der Deutschen bestätigt wurden, haben sich die US-Verantwortlichen darauf verständigt, den Kriegsbeginn auf den 21.03.2003 vorzuverlegen um die Ölfelder zu sichern.
Auch am 29.03.2003 übermittelten die Zeugen 5) und 6) militärische Informationen aus Bagdad. Der Offiziersclub der Luftwaffe sei schwer getroffen worden und es hätten sich noch am gleichen Tag in den Trümmern irakische Soldaten zur Verteidigung eingerichtet. Aufgrund dieser Informationen, welche wie alle anderen an das Centcom nach Katar gingen – so die Zeugen 1) bis 3) – sei dieser Offiziersklub am 01.04.2003 von der US-Luftwaffe erneut angegriffen worden. Die Zeugen zu 5) und 6) bestätigten mit Meldung vom 01.04.2003, das der Offiziersclub „erneut getroffen und dem Erdboden gleichgemacht“ worden sei. Diese Meldung erreichte Centcom am gleichen Tag um 11.28h.
Auch hinsichtlich irakischer Flugabwehrsysteme haben die Zeugen 5) und 6) detailliert Meldung nach Pullach erstattet, welche von dort ans Centcom nach Katar gingen, wie die Zeugen 1) -4) bestätigen werden. Sie hätten mehrere irakische Flughäfen aufgeklärt, u.a. den Muthanna- und Ramadi-Airport und hätten dort Fotos von Roland-Flugabwehrsystemen gemacht, welche sie ebenfalls weitergeleitet haben. Dies geschah bereits am 16.02.2003. Die Zeugen zu 1-3 werden bekunden, dass diese Informationen sie dazu bewogen haben, einen geplanten Angriff auf den Flughafen Bagdad zu unterlassen, da sie davon ausgingen, dass auch dieser Flughafen mit dem von den Zeugen 5) und 6) aufgeklärten Flugabwehrsystem und zuzüglich auch ZU-23 Flugabwehrkanonen – über welche die Zeugen zu 5) und 6) ebenfalls Meldung machten - ausgerüstet sein wird. Der Flughafen sollte – so der ursprüngliche Plan – mit Special Forces und der 82. Luftlandedivision durch einen Überraschungsangriff eingenommen werden.
Der Zeuge zu 2) wird bekunden, dass die Berichte der Zeugen zu 5) und 6) extrem wichtig und wertvoll und für die US-Kriegsstrategie von unschätzbarem Wert gewesen seien. Diesen Informationen sei mehr vertraut worden als CIA-Informationen aus Bagdad, weil die Zeugen zu 5) und 6) absolut zuverlässig waren und deren Mitteilungen nur auf eigenen Wahrnehmungen beruhten. Es hätte für die US-Militärs vor und während des Kriegs hinsichtlich militärischer Schläge nichts Wichtigeres gegeben als menschliche Quellen in Bagdad.
Der Zeuge zu 8) wird bekunden, dass er unter anderem im Jahr 2003 Koordinator der Geheimdienste gewesen ist und frühzeitig vom Einsatzplan der Zeugen 5) und 6) in Bagdad informiert gewesen. Er sei spätestens Ende 2002 von den Plänen unterrichtet gewesen und hätte sie in voller Kenntnis der unmittelbaren und direkten Kriegsbeteiligung der Bundesrepublik Deutschland am völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der USA und anderer Staaten gegen den Irak gebilligt.
Undine Weyers, Olaf Franke, Alexander Hoffmann
Sven Lindemann, Thomas Herzog, Stephan Schrage