Gegenvorstellung zum Beschluss des Senats vom 6.8.2009

Die Verteidigung hatte in der Hauptverhandlung vom 30.7.2009 beantragt,
- den BKA Mitarbeiter Abt. St 12 Ahrens zeugenschaftlich zu vernehmen.
- die beim BKA Abt. St. 12 zu den Anschlägen am 14.12.05 und 25.1.2006 unter der Bekennung "Militantes Bündnis für einen Klassenkampf von unten" geführte Ermittlungsakte beizuziehen (siehe: http://einstellung.so36.net/de/prozess/bericht/1512).

Die Verteidigung hatte zur Begründung des Antrages behauptet, die Beweisaufnahme würde entweder ergeben, dass an den Anschlägen unter der Selbstbezichtigung "Militantes Bündnis für einen Klassenkampf von unten" die "militanten gruppen" überhaupt nicht beteiligt waren oder nur Einzelpersonen der "militanten gruppen" an den Anschlägen mitgewirkt haben.

In dem Beweisantrag wurde ausgeführt, dass sich aus der Vernehmung des Ermittlungsführers beim BKA St 12 Ahrens und aus der Beiziehung der Akte Tatsachen ergeben würden, die auf die Täterschaft von Personen hinweisen, die nach Erkenntnissen des Zeugen keinen Kontakt zu den "militanten gruppen" hätten. Für den, von der Verteidigung nicht erwarteten Fall, dass die Beweisaufnahme doch zur Annahme einer Beteiligung von Einzelpersonen aus den "militanten gruppen" käme, wurde darauf hingewiesen, dass aus dies erheblich wäre, da jedenfalls durch die Beweisaufnahme deutlich würde, dass in größerem Umfang als bisher in der Beweisaufnahme deutlich geworden, Anschläge durchgeführt wurden, bei denen Einzelpersonen aus den "militanten gruppen" mit Nichtmitgliedern zum Zwecke einzelner Tatbegehungen zusammengearbeitet haben.

Der Senat hat den Beweisantrag mit dem dürren Hinweis abgelehnt, sämtliche in das Wissen des BKA-Mitarbeiters Ahrens gestellten Tatsachen seien für die Entscheidung aus tatsächlichen Gründen ohne Bedeutung (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO) weil ein Zusammenhang zwischen Ihnen und der abzuurteilenden Tat nicht bestehe. Der Vereinigung "militante gruppe (mg)" würden die genannten Anschläge nicht zur Last gelegt. Die Aufklärungspflicht gebiete es auch nicht, die genannten Ermittlungsakten beizuziehen, da die genannten Anschläge nicht der "militante gruppe (mg)" vorgeworfen würden.

Gegen diesen Beschluß vom 6.8.2009 wird Gegenvorstellung erhoben.

* In das Wissen des BKA-Mitarbeiters Ahrens wurden unter anderem die folgenden Tatsachen gestellt:

Die Befragung des Zeugen wird ergeben, dass die Abteilung St. 12, die mit der Ermittlungsarbeit beauftragt war, zu dem Ergebnis kam, dass die Anschläge nicht der Gruppierung "militante Gruppe" zuzurechnen sind und auch keine Ermittlungsergebnisse für die Teilnahme von Einzelmitgliedern dieser Gruppierung sprachen, vielmehr die bereits vor Übergabe der Ermittlungen an St 12 von der Abteilung St 14 auf Grund eines Hinweises des Bundesamtes für Verfassungsschutz vermutete Beteiligung der "militanten Gruppen" sich als bloße, nicht auf Fakten gegründete Spekulation herausstellte. Die Befragung wird weiter ergeben, dass ein konkreter Verdacht gegen Personen bestand, die nicht dem Umfeld der "militanten Gruppen" zugerechnet werden, dieser Verdacht aber nicht in der Form verdichtet werden konnte, dass von einem hinreichenden Tatverdacht ausgegangen werden konnte.

Die gesamten Textauswertungen des Bundesamtes für Verfassungsschutz sowie des BKA kamen bislang zu dem Ergebnis, dass die hier angeführten Anschläge des "Militantes Bündnis für einen Klassenkampf von unten" entweder direkt durch die "militanten gruppen", also quasi unter falschem Namen (so das BfV), oder jedenfalls unter Mitwirkung von jedenfalls Einzelpersonen aus den "militanten gruppen" (so das BKA) durchgeführt wurden. Diese Ermittlungsergebnisse wurden von verschiedenen Zeugen, in der Hauptverhandlung mitgeteilt, und stellten mit die Grundlage für weitere Aussagen zur Struktur der "militanten gruppen" dar.

In der Hauptverhandlung am 9.6.2009 gab beispielsweise der Zeuge Damm an, das BfV sei zu der Annahme einer Gruppenidentität zwischen dem "Militanten Bündnis für einen Klassenkampf von unten" und den "militanten gruppen" gekommen, das BKA allerdings zur Überzeugung, dass die "militanten gruppen" nur beteiligt gewesen seien, eventuell aber auch nur Einzelpersonen aus den "mg".

Damit ist offensichtlich, dass die Beweistatsachen jedenfalls in Zusammenhang mit der abzuurteilenden Tat "Bildung einer kriminellen Vereinigung § 129 StGB" stehen.

Wenn der Senat tatsächlich davon ausgeht, dass alle vorgetragenen Argumente der Zeugen des BKA nicht zu dem Schluß führen, dass die Anschläge des "Militanten Bündnis für einen Klassenkampf von Unten" jedenfalls unter Mitwirkung von Einzelpersonen aus den "militanten Gruppen" durchgeführt wurden, und diese daher der Vereinigung nicht zur Last gelegt werden, so ist das nach der bisherigen Beweisaufnahme nur möglich, wenn der Senat den überwiegenden Aussagen der BKA-Zeugen zur Struktur der "militanten gruppen" und den Schlüssen aus den Textanalysen nicht folgt. Sollte der Senat diese Schlüsse nicht gezogen haben muss er seine Entscheidung überdenken.

* In das Wissen des BKA-Mitarbeiters Ahrens wurden weiter die Tatsache gestellt, dass an den Anschlägen unter der Selbstbezichtigung "Militantes Bündnis für einen Klassenkampf von unten" jedenfalls nur Einzelpersonen aus den "militanten gruppen" mitgewirkt haben können.

Diese Tatsache ist für die Entscheidung von Bedeutung. Wenn fest steht , dass nicht nur vereinzelte, sondern eine zahlenmäßig beachtliche Anzahl von Anschlägen unter Beteiligung nur einzelner Mitglieder der "militanten gruppen" durchgeführt wurden, wie dies vom Zeugen Nolte auch für die Anschläge der "Militanten Antiimperialistischen Gruppe Pierre Overney" angenommen wurde, kann nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Aktionen von losen, nur im Einzelfall gemeinsam agierenden Personen durchgeführt wurden, bei denen Einzelpersonen aus den "militanten gruppen" also punktuell mit Nichtmitgliedern zusammengearbeitet haben. Vor allem aber könnten in diesem Fall Tatsachen, die eine Mitgliedschaft eines der hier Angeklagten in den "militanten gruppen" wahrscheinlich machen, ausschließlich für diesen gelten. Es könnte nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass die Tatsache dass bei einem der Angeklagten Schriftstücke gefunden wurden, die in den Augen des Senat eine Mitgliedschaft in den "militanten gruppen" nahelegen, die beiden anderen Angeklagten aber nur für eine oder mehrere eigenständige Aktionen eine solche Zusammenarbeit eingegangen sind, selbst jedoch nicht Mitglied der "militanten gruppen" waren. Auch Beweise für eine gemeinsame Diskussion von Texten der "militanten gruppen" durch die Angeklagten, beispielsweise Fingerabdrücke auf Ausdrucken solcher Texte, würden sich zwanglos dadurch erklären lassen, dass eine aus den "militanten gruppen" stammende Person natürlich auch mit Nichtmitgliedern die Politik seiner Organisation diskutieren würde.

Der Zeuge Nolte hat in seiner Vernehmung am 30.4.2009 angegeben, bei den Ermittlungen zu den Anschlägen und Veröffentlichungen der "Militanten Antiimperialistischen Zelle Pierre Overney" hätten sich Indizien ergeben, die beim BKA zur Auffassung führten, dass die beiden Gruppen in welcher Art auch immer Verbindung hatten. Dies werde als teilidentischer Personenkreis bezeichnet, weil man nicht gewusst habe wie die Zusammenarbeit funktioniert. Diese Annahme beruhe auf Analysen der Texte, aus der Themenwahl, aus formalen Gründen wie der Verwendung des fünfzackigen Sterns, den Überschriften, den Parolen aber auch auf Ermittlungsmaßnahmen, ähnlichem Briefpaier, sowie der Versendung von Emails ein mal aus dem selben Internetcafé. Daher haben er den Schluss gezogen dass es sich um sogenannte teilidentische Gruppierungen handelt. Ob hier eine Teilgruppierungen vorgelegen hätte wisse das BKA nicht. Er selbst haben immer gedacht, dass aus den "militanten gruppen" Teilgruppierungen bestehen.

In der Hauptverhandlung am 14.5.2006 gab der Zeuge an, entweder sei die "Militante Antiimperialistische Zelle Pierre Overney" Teil der "militanten gruppen" oder einige Personen machten bei beiden mit. Sie könnte eigenständiger Teil der mg sein, oder aber Teil der Gesamtstrategie der "mg". Es sei aber sehr spekulativ, dies sei nur eine Möglichkeit. personelle Überschneidung träfe es wohl am besten.

Aus der Beweisbehauptung ergibt sich, dass Einzelmitglieder der "militanten gruppen" noch in mindestens einem weiteren Falle, eine ganze Reihe von Brandanschlägen mit anderen Personen unter anderer Bekennung durchgeführt haben. Wenn dies unterstellt wird, kann weder aus Beweisergebnissen, die auf die Mitgliedschaft eines oder zweier Angeklagten in den "militanten gruppen" hinweisen, noch aus der der Überzeugung, die drei Angeklagten hätten zusammen Anschläge vorbereitet und jedenfalls in einem Falle die Durchführung versucht, ohne erhebliche Zweifel darauf geschlossen werden, dass alle drei Angeklagten zusammen Mitglieder der "militanten gruppen" gewesen sind. Mit der gleichen Wahrscheinlichkeit könnte, soweit der Senat davon ausgeht, dass die drei Angeklagten überhaupt eine Vereinigung gebildet haben, diese Vereinigung eine weitere, eigenständige, unabhängige Vereinigung sein, die neben den "militanten gruppen" agieren sollte und nur über die Kontakte von Einzelpersonen in irgendeiner Verbindung, möglicherweise auch in inhaltlicher Diskussion zu diesen stand.

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