Beweisantrag: BKA- und BfV-Textanalysen kommen zu falschen Ergebnissen

Es wird beantragt, den BKA-Mitarbeiter Abt. ST 12 Ahrens zeugenschaftlich zu vernehmen und die beim BKA Abt. ST 12 zu den Anschlägen am 14.12.2005 und 25.01.2006 unter der Bekennung „Militantes Bündnis für einen Klassenkampf von unten” geführte Ermittlungsakte beizuziehen.

Die Befragung des Zeugen wird ergeben, dass die Abteilung ST 12, die mit der Ermittlungsarbeit beauftragt war, zu dem Ergebnis kam, dass die Anschläge nicht der Gruppierung „militante Gruppe” zuzurechnen sind und auch keine Ermittlungsergebnisse für die Teilnahme von Einzelmitgliedern dieser Gruppierung sprachen, vielmehr die bereits vor Übergabe der Ermittlungen an ST 12 von der Abteilung ST 14 auf Grund eines Hinweises des Bundesamtes für Verfassungsschutz vermutete Beteiligung der „militanten Gruppen” sich als bloße, nicht auf Fakten gegründete Spekulation herausstellte. Die Befragung wird weiter ergeben, dass ein konkreter Verdacht gegen Personen bestand, die nicht dem Umfeld der „militanten Gruppen” zugerechnet werden, dieser Verdacht aber nicht in der Form verdichtet werden konnte, dass von einem hinreichenden Tatverdacht ausgegangen werden konnte.

Der Zeuge Binz hat in der Hauptverhandlung am 23.04. und 24.04.2009 ausgesagt. Zu den Taten vom 12.12.2005 und 25.01.2006 gab er an, diese würden aufgrund eines Bekennerschreibens eines „Militanten Bündnis für einen Klassenkampf von unten”, vom 26. Januar 2006 als Taten einer Gruppierung angesehen. Der Textauswerter, Herr Nolte, hätte ermittelt, man habe es mit einer koordinierten Aktion unterschiedlicher Gruppen unter Teilnahme der „militanten gruppen” zu tun. Das Verfahren sei allerdings von der Abteilung BKA ST 12, und dort von dem Kollegen Ahrens geführt worden. Diese Abteilung sei nicht für Ermittlungen gegen die vermeintlichen Mitglieder der „militanten gruppen” zuständig. Der Zeuge Binz hätte vertreten, an der Aktion hätten die „militanten gruppen” mitgewirkt, dagegen habe der Leiter des Referats ST 12 die Auffassung vertreten, es seien andere Täter verantwortlich. Daraufhin habe die Abteilung ST 12 das Verfahren zugewiesen bekommen, weil der entscheidende Vorgesetzte der Auffassung war, ein Anfangstatverdacht gegen Mitglieder der „militanten Gruppen” bestünde nicht.

In dem Verfahren 2 Bjs 10/06-2 (Band 4, Anregung Exekutivmaßnahmen ST 12/120001/06) wurde aufgrund von Funkzellenüberwachungen sowie aufgrund eines Vermerkes ST 11 vom 16.06.2006 festgestellt, dass ein dort wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung Verdächtiger am 14.12.2005 um 0.24 Uhr sich in unmittelbarer zeitlicher und räumlicher Nähe zu den dort stattgefundenen Anschlägen an den Gerichten aufgehalten hat. Gegen diesen Beschuldigten wurde zu keinem Zeitpunkt wegen Mitgliedschaft in den „militanten gruppen” ermittelt, da sich eine solche aufgrund weiterer Ermittlungsergebnisse ausschließt.

Die Beweiserhebung ist erheblich. Wenn die Ermittlungen bei ST 12 aufgrund der ermittelten Beweise einen Tatverdacht gegen Mitglieder der "militanten Gruppen" ausschließen, bedeutet dies nicht nur, dass die Anschläge im Rahmen der hier geführten Hauptverhandlung nicht für die Strafzumessung im Falle einer Verurteilung verwendet werden dürfen, sondern auch, dass die Textanalysen von BKA und Bundesamt für Verfassungsschutz in diesem Fall zu falschen Ergebnissen gekommen sind. Damit stünde der Beweiswert der Textanalysen von BKA und BfV insgesamt in Frage. Insbesondere die Tatsache, dass trotz anders lautender Erkenntnisse der Abteilung ST 12 das Verfahren nach Einstellung von ST 14 wieder aufgenommen wurde, zeigt auch, dass trotz besseren Wissens Taten den hier Angeklagten (wenn auch nur im Rahmen der Strafzumessung) angelastet werden sollen.

Sollte sich allerdings aus der Ermittlungsakte und der Befragung des Zeugen nicht das angeführte, naheliegende und von der Verteidigung angenommene Beweisergebnis ergeben, sondern das Ergebnis, dass an den Anschlägen unter der Selbstbezichtigung "Militantes Bündnis für einen Klassenkampf von unten" mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Einzelpersonen aus den "Militanten Gruppen" mitgewirkt haben, so wäre auch dies für die Beweisaufnahme erheblich. Wenn Anschläge von Gruppen unter Teilnahme nur einzelner Mitglieder der "militanten gruppen" durchgeführt wurden, wie dies vom Zeugen Nolte auch für die Anschläge der "Militanten Antiimperialistischen Gruppe - Aktionszelle Pierre Overney" angenommen wurde (dieser gab an, er vermute eine "Teilidentität" zwischen mg und MAG-APO), dann kann nicht ausgeschlossen werden, dass Aktionen von losen Personenzusammenhängen durchgeführt wurden bei denen ein Mitglied der "militanten gruppen" punktuell mit Nichtmitgliedern zusammengearbeitet hat. Vorliegend könnten daher Hinweise, die eine Mitgliedschaft eines der Angeklagten in den "militanten gruppen" wahrscheinlich machen, mit erheblicher Wahrscheinlichkeit nur für diese eine Person gelten. Es könnte nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass zwar beispielsweise Schriftstücke bei einer der Person gefunden werden, die den "militanten gruppen" zugerechnet werden, die beiden anderen Angeklagten aber nur für eine oder mehrere eigenständige Aktionen eine solche Zusammenarbeit eingehen wollten, selbst jedoch nicht Mitglied der "militanten gruppen" waren. Die Beweisaufnahme ist damit erheblich.

A. Hoffmann
Rechtsanwalt

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