Bericht vom 55. Prozesstag (02.09.2009)
Der heutige Prozesstag begann mit der Verkündung des Vorsitzenden Richters Hoch, dass für morgen der Zeuge KHK Wick geladen ist, der Aussagen zur Verwendung des sogenannten Nobelkarossentodes machen soll.
Rechtsanwalt Lindemann stellte den Antrag einen weiteren Sachverständigen zu laden, welcher ein Gutachten zur gesundheitlichen Situation eines Angeklagten abgeben soll. Benannt wurden zwei ÄrztInnen des Behandlungszentrums für Folteropfer, welches sich auf die Behandlung traumatisierter Patienten spezialisiert hat. Dies ist notwendig, da die bisher begutachtenden ÄrztInnen und der vom Gericht bestellte Gutachter konträre Einschätzungen über den Zustand des Angeklagten abgegeben hatten und die Verteidigung dem Gutachter mangelnde Fachkompetenz zu diesem Thema vorwirft. Die behandelnde Ärztin diagnostizierte eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), ausgelöst durch die Festnahmesituation. Hauptstreitpunkt ist die Frage, ob die Symptome bei einer PTBS sofort nach der traumatischen Situation auftreten müssen, oder sich auch erst nach mehreren Monaten zeigen können, wie die behandelnde Ärztin meint. Dies ist so auch durch die von der WHO erstellten Richtlinien beschrieben.
Die BAW beantragt den Antrag abzulehnen, da durch den Gutachter Wendt schon bewiesen sei, dass keine PTBS vorliegt und somit weitere Sachverständige nicht nötig seien.
Der Vorsitzende Richter stellt die Anträge bis nach der Pause zurück.
Weiter geht es mit der Verlesung des Vorworts der Szenezeitschrift „Interim“, Nr. 666. Es erwähnt die Zustellung von Beiträgen zur Diskussion des „Mini-Handbuchs“ im Juni/Juli 2007, welche damals aber, wie sie schrieben, nicht zeitnah veröffentlicht werden konnte. Im Anschluss sollten Behördenzeugnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz, des Landesamtes für Verfassungsschutz und des BKAs zur Frage, ob diese Behörden bestätigen können, dass diese Post bei der „Interim“ eingegangen ist, verlesen werden.
Rechtsanwalt Hoffmann und Rechtsanwalt Lindemann widersprechen der Verlesung. Der Senat bestätigt den Beschluss des Vorsitzenden und die Behördenzeugnisse werden verlesen.
Das LfV kann nicht bestätigen, dass die Texte bereits im Juni/Juli 2007 eingegangen sind, das BfV verfügt über keine Erkenntnisse, dass diese 2 Texte schon früher eingegangen sind und das BKA hat angeblich keine vollständige Kontrolle des Posteingangs, so dass sie nicht bestätigen können, dass die Texte schon im Juni/Juli 2007 die „Interim“ erreicht haben.
Nun soll ein weiteres Behördenzeugnis des BfV verlesen werden, welchem die Verteidigung widerspricht. Der Senat bestätigt wieder die Anordnung des Vorsitzenden.
Das BfV behauptet darin, dass ein früherer Beschuldigter in einem anderen mg-Verfahren, Antonio von dem „Runden Tisch der Militanten“ sei. Die Teilnehmer eines Treffens seien alle in den 80er Jahren in Berlin in militanten Zusammenhängen aktiv gewesen und eine telefonische Einladung zu dem Treffen können sie nicht bestätigen, da sie nach den gesetzlichen Vorgaben die Aufzeichnungen schon gelöscht haben. Damit widersprechen sie dem Beweisantrag der Verteidigung vom 30.07.2009, in dem ausgesagt wurde, dass es eine Treffen ehemaliger TAZ-Mitarbeiter war, zu dem sogar telefonisch eingeladen wurde, den das BfV wohl für den „Runden Tisch der Militanten“ gehalten hat. Die Verteidigung kündigte an, dazu morgen Materialien zu präsentieren, die dem Behördenzeugnis widersprechen.
Nach einer halbstündigen Pause wurden die Beweisanträge der Verteidigung zur Wertermittlung der Bundeswehrfahrzeuge und zur Begutachtung der gesundheitlichen Situation eines Angeklagten abgelehnt.
Nächster Verhandlungstag, Donnerstag, 03.09.2009, 09:00 Uhr, mit dem Zeugen KHK Wick.